Die Venerologie ist ein Teilgebiet der Dermatologie (Hautkrankheiten), die sich mit Geschlechtskrankheiten beschäftigt.
Der Begriff Geschlechtskrankheiten bedeutet aber nicht, dass die Krankheiten nur durch Geschlechtsverkehr übertragbar ist. Vielmehr sprechen Mediziner heute von sexuell übertragbaren Infektionen oder genitalen Kontaktinfektionen. Im englischen Sprachraum heißen diese Erkrankungen STI (sexually transmitted infections) beziehungsweise STD (sexually transmitted diseases).
Artikelübersicht
Geschlechtskrankheiten - Weitere Informationen
Die häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen
Die Gruppe der sexuell übertragbaren Infektionen unterscheidet sich hinsichtlich:
- Übertragungsweg
- Erreger
- Betroffene Personengruppen und
- Erkrankungsschwere
Wie der Name schon verrät, sind STI Krankheiten vorwiegend sexuell übertragbar. Dazu gehört aber nicht nur der Geschlechtsverkehr im eigentlichen Sinne, auch beim Küssen ist eine Infektion möglich.
Ferner kann bei einigen STI auch eine Ansteckung über infiziertes Blut erfolgen. Auch eine Übertragung von der Mutter auf ihr Kind während der Schwangerschaft, der Geburt oder des Stillens ist möglich.
Manche Personengruppen, wie zum Beispiel MSM (Männer, die mit Männern Sex haben), haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte STI.
Die häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen @ GraphicsRF /AdobeStock
Zu den häufigsten sexuell bakteriell übertragbaren Erkrankungen gehören:
- Trichomonaden Infektion (Trichomoniasis): Erreger ist das Protozoon Trichomonas vaginalis
- Chlamydieninfektion: Diese können sich zum Beispiel durch Juckreiz im Intimbereich sowie durch Ausfluss bemerkbar machen.
- Gonorrhoe
Eine Trichomoniasis lässt sich mit einem Antibiotikum wirksam bekämpfen @ blueringmedia /AdobeStock
Nicht nur Bakterien, auch Viren können für eine STI verantwortlich sein. So sind die Erreger von Feigwarzen humane Papillomaviren, abgekürzt HPV genannt.
Die Infektion mit humanen Papillomaviren ist mit Abstand die häufigste STI, die vermutliche Durchseuchung der Bevölkerung liegt bei fast 100%.
Doch natürlich hat nicht jeder Patient eine Hautveränderungen im Genitalbereich. Mediziner sprechen dabei von intraepithelialen Neoplasien, also Neubildungen von Körpergewebe an:
- Vulva (VIN)
- Gebärmutterhals (CIN)
- Penis (PIN) oder
- Genitalwarzen
Die Viren sind häufig und überall verbreitet, auch wenn Patienten keine Symptome zeigen.
Auch Herpes genitalis ist eine Erkrankung, die durch Viren entsteht. Ebenso wie die virale Infektion gehören auch Pilzinfektionen der Genitalien, Filzläuse und Krätzmilben (Skabies) zu den STI. Weitere sexuell übertragbare Infektionen sind beispielsweise HIV und Hepatitis B.
Zu den „klassischen“ Geschlechtskrankheiten gehörten ursprünglich:
- Syphilis (Lues venerea): Erreger ist das Bakterium Treponema pallidum. Hier ist aktuell leider ein massiver Anstieg an Infektionen zu verzeichnen (so berichtet das Robert-Koch-Institut).
- Gonorrhoe (Tripper): Erreger ist das Bakterium Neisseria gonorrhoeae. Nicht nur die Häufigkeit der Erkrankung ist problematisch, sondern auch die bestehenden Antibiotikaresistenten, die eine Behandlung erschweren.
- Ulcus molle (Weicher Schanker, Chancroid): Erreger ist das Bakterium Haemophilus ducreyi
- Lymphogranuloma inguinale (Lymphogranuloma venereum, Chlamydieninfektion): Erreger ist das Bakterium Chlamydia trachomatis
- Granuloma venereum (Granuloma inguinale; Wucherbeule): Erreger ist das Bakterium Klebsiella granulomatis
Durch die Entdeckung neuer Erreger hat sich die Liste auf über 30 STI erweitert.
Die Syphilis ist eine leicht übertragbare Geschlechtskrankheit durch Bakterien, die den gesamten Körper betrifft @ SecondSide /AdobeStock
Die Diagnose von Geschlechtserkrankungen
Bei Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit führt der Facharzt zunächst ein Gespräch mit dem Patienten. Der Arzt fragt zum Beispiel, ob der Patient ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte.
Er lässt sich außerdem die Symptome genau beschreiben. Die anschließende körperliche Untersuchung richtet sich nach dem Beschwerdebild, dem Geschlecht und den sexuellen Praktiken.
Insbesondere der Urogenitaltrakt (Genitalien, Analregion und Mund-Rachen-Raum) und die übrige Haut untersucht der Arzt genau. Er achtet besonders auf Hautauffälligkeiten und tastet die Leistenregion ab.
Um eine Infektion auszuschließen bzw. zu bestätigen, führt der Arzt einen Abstrich durch.
Dabei erfolgt eine Untersuchung von:
- Scheidensekret
- Infektiöses Sekret
- Ausfluss aus der Harnröhre oder auch
- Hautmaterial
Durch eine mikrobiologische Aufarbeitung kann das Labor den Erregerstamm isolieren. So kann der behandelnde Arzt dann eine sichere Diagnose stellen.
Bei einigen STI, wie beispielsweise HIV oder Hepatitis B, lassen sich die Erreger auch im Blut nachweisen. Der direkte Nachweis der Erreger im Blut erfolgt eher selten, auch aus Kostengründen.
Aktuelle HIV- und Hepatitis B- Screening Tests funktionieren durch den indirekten Nachweis des jeweiligen Virus.
Unabhängig von den Beschwerden sollte eine Untersuchung auf STI bei Personen mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko in regelmäßigen Abständen stattfinden.
Zu den Risikogruppen gehören:
- MSM (Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben) und
- Sexarbeiter
Welche Untersuchungsintervalle individuell sinnvoll sind, kann der behandelnde Arzt bestimmen.
Abstriche und Blutuntersuchung kommen zur Erkennung von sexuell übertragbaren Erkrankungen zum Einsatz @ Master Video /AdobeStock
Die Behandlung von sexuell übertragbaren Erkrankungen
Die Behandlung hängt immer von der Infektionsart und der Infektionsschwere ab. Therapie der Wahl bei einer bakteriellen Infektion sind Antibiotika.
Bei einer viralen Erkrankung helfen Antibiotika nicht - hier kommen antivirale Medikamente, sogenannte Virostatika, zum Einsatz.
Für parasitäre STI stehen außerdem lokale Therapien mit Salben zur Verfügung.
Chirurgische Eingriffe sind bei Hautveränderungen durch das Humane Papillomavirus (z.B. Genitalwarzen und Krebsvorstufen) unter Umständen angezeigt.
Wichtig ist die Information, Untersuchung und gegebenenfalls die Behandlung der aktuellen und auch der vergangenen Sexualpartner. Wird nur ein Partner gegen die Geschlechtskrankheit behandelt, besteht immer das Risiko einer Reinfektion (Ping-Pong-Effekt).
Der behandelnde Arzt führt zudem eine Beratung zum Thema Safer Sex durch. Während die Pille und andere hormonelle Verhütungsmethoden ungewollte Schwangerschaften verhindern, ist das Kondom ein wirkungsvoller Schutz vor Geschlechtskrankheiten.
Gegen HPV und Hepatitis-A- und -B-Viren gibt es Impfungen.
Wenn Sie den Verdacht haben, an einer Geschlechtskrankheit zu leiden, sollten Sie den Arztbesuch keinesfalls hinauszögern.
Spezialisten für Geschlechtskrankheiten
Einen "Facharzt für Geschlechtskrankheiten" gibt es streng genommen nicht. Spezialisten für die Diagnose und Behandlung von Geschlechtskrankheiten sind Gynäkologen, Urologen und Venerologen. Diese können eine Diagnose schnell und sicher stellen und rasch die erforderliche Therapie einleiten.
Für die Betreuung von Patienten mit sexuell übertragbaren Infektionen ist der Dermatologe der erste Ansprechpartner. Meist zeigt sich STI im Bereich der Haut.
Der Spezialist für Geschlechtskrankheiten heißt daher Venerologe. Der offizielle Titel in Deutschland lautet Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten (Hautarzt).
Ein Venerologe ist also ein Hautarzt, der sich auf Geschlechtskrankheiten spezialisiert hat.
Aber auch Spezialisten anderer medizinischer Richtungen behandeln Patienten mit Geschlechtskrankheiten, wie zum Beispiel:
- Frauenärzte (Gynäkologen) beschäftigen sich vor allem mit den weiblichen Geschlechtsorganen. Betreffen die Beschwerden den weiblichen Intimbereich, ist ein Frauenarzt ein möglicher Ansprechpartner.
- Männliche Patienten mit Symptomen am männlichen Geschlechtsorgan können sich an einen Urologen wenden.
Bei Symptomen im Afters kann ein Facharzt mit der Zusatzbezeichnung Proktologie der richtige behandelnde Arzt sein. Er heißt dann Dermatologe mit proktologischer Zusatzbezeichnung.
Medizinisches Spektrum
Behandlungen
Erkrankungen
Quellen
- Bundesärztekammer (2013) (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 28.06.2013. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/20130628-MWBO_V6.pdf
- Bundesministerium für Gesundheit (2019) Sexuell übertragbare Infektionen (STI). https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/s/sexuell-uebertragbare-infektionen-sti.html
- Bremer V et al. (2017) Sexuell übertragbare Infektionen in Deutschland. Bundesgesundheitsbl 60:948–957. https://link.springer.com/epdf/10.1007/s00103-017-2590-1?shared_access_token=AJCmwjoszYkKBfLM3LmW5ve4RwlQNchNByi7wbcMAY52nAkVKKYt1mYLeTeNpEby4lwDE080dYSCHyn08vhTG7dCfANucGC5j6DrdwqhmDNpZW02CTkWS0h_1sfNp8-cQX7ncTG-qvGWbpQaCEyErU4Pe2rSgQwrpBau-1CXYvE%3D
- Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) - Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit (2014) Leitfaden STI-Therapie. http://dstig.de/images/DSTIG-Flyer/Leitfaden/sti-leitfaden_version%202.1_web.pdf
- Deutsche STI-Gesellschaft (DSTIG) - Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit (2018) Sexuell übertragbare Infektionen (STI) - Beratung, Diagnostik, Therapie. S2k-Leitlinie. AWMF-Register-Nr.: 059-006. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/059-006l_S2k_Sexuell-uebertragbare-Infektionen-Beratung-Diagnostik-Therapie-STI_2019-03.pdf
- Robert Koch-Institut (2017) Sexuell übertragbare Infektionen (STI). https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/S/STI/STD.html
- Zangerle R (2018) Venerologie. In Fritsch P, Schwarz (Hrsg) Dermatologie Venerologie. Springer, Berlin