Adipositaschirurgie: Hoffnungsschimmer für Gewicht und Gesundheit - Experteninterview mit Prof. Staikov

12.02.2024

Professor Dr. med. Plamen Staikov ist eine international anerkannte Kapazität im Bereich der Adipositaschirurgie und der abdominalen Chirurgie. Als Ärztlicher Direktor und Chefarzt des Krankenhauses Sachsenhausen in Frankfurt am Main gilt er als Experte für schonende und innovative bariatrische Maßnahmen sowie für die chirurgische Behandlung von Krebserkrankungen. Sein Fachgebiet umfasst die gesamte Bandbreite der bariatrischen Chirurgie, mit Schwerpunkten wie dem Magenbypass, Schlauchmagen, Mini-Gastric-Bypass und weiteren Techniken. Als eines der führenden Adipositas-Zentren in Europa führt das Krankenhaus Sachsenhausen unter der Leitung von Prof. Dr. Staikov mehr als 1.000 Operationen pro Jahr durch und bietet auch spezialisierte Revisionschirurgie für Patienten aus ganz Deutschland und weltweit an.

Mit einer Erfahrung von mehr als 10.000 durchgeführten Operationen als Chefarzt der chirurgischen Abteilung liegt sein Hauptaugenmerk auf der laparoskopischen Chirurgie. Neben der Behandlung von Magen-Darm-Erkrankungen und Gallenblasenoperationen hat er einen Schwerpunkt in der Adipositas- und Onkochirurgie. Sein Adipositaszentrum in Frankfurt Sachsenhausen zählt zu den führenden Einrichtungen für die Behandlung von krankhaftem Übergewicht und ist ein renommiertes Zentrum für chirurgische Diabetesbehandlung in Europa. Mit seinem Kollegenteam beherrscht er sämtliche bariatrische Maßnahmen und bietet eine besondere Kompetenz im Bereich der Revisionsoperationen nach vorangegangenen bariatrischen Eingriffen.

Neben der Adipositaschirurgie deckt die Klinik für Chirurgie unter seiner Leitung das gesamte Spektrum der Tumorchirurgie, Refluxchirurgie, traumatologischen Chirurgie, Proktologie und endokrinen Chirurgie ab. Die Anwendung minimal-invasiver Operationsverfahren steht im Fokus, um den Patienten eine schonende Behandlung in einem hochmodernen Operationstrakt zu gewährleisten. Die außerordentliche Expertise von Prof. Dr. Staikov und seinem Team ermöglicht nicht nur eine effektive Behandlung von stark übergewichtigen Patienten, sondern auch eine erfolgreiche Bewältigung von komplexen Fällen aus der ganzen Welt.

Sein Engagement für innovative chirurgische Verfahren sowie seine fachliche Kompetenz machen ihn zu einer führenden Autorität auf dem Gebiet der Adipositaschirurgie und abdominalen Chirurgie. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts leiden in Deutschland knapp 13 Millionen erwachsene Menschen an Adipositas (Fettleibigkeit); bei Kindern sind es ca. 6%. Aus diesem Grund ergriff die Redaktion des Leading Medicine Guide die Gelegenheit, um mit Prof. Dr. Staikov zu dieser Erkrankung und den Behandlungsmöglichkeiten zu sprechen.

Prof. Staikov

Adipositas, als chronische Erkrankung, ist weltweit zu einer der größten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts geworden. Sie kennzeichnet sich durch eine übermäßige Ansammlung von Körperfett und hat erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen. Mit steigender Prävalenz betrifft Adipositas nicht nur das Körpergewicht, sondern auch andere Aspekte des individuellen Lebens und kann zu einer Vielzahl von Gesundheitsrisiken führen.

Adipositas ist mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Risiken verbunden, die das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen können. 

Seit vielen Jahrzehnten sind die Risiken von Adipositas bekannt, und über 50 Folgeerkrankungen rühren aus einem krankhaften Übergewicht. Eines der bedeutendsten Risiken betrifft das Herz-Kreislauf-System. Menschen mit Adipositas haben ein erhöhtes Risiko für Bluthochdruck, koronare Herzkrankheiten, Herzinsuffizienz oder Schlaganfälle. Das überschüssige Körperfett kann dazu führen, dass das Herz härter arbeiten muss, um den Körper mit Blut zu versorgen, was die Belastung des Herz-Kreislauf-Systems erhöht. Des Weiteren steigt bei Menschen mit Adipositas das Risiko für Typ-2-Diabetes signifikant an. Dies resultiert aus der Insulinresistenz, die durch das überschüssige Fettgewebe verursacht wird. Die Erkrankung kann zu langfristigen Komplikationen wie Nervenschäden, Augenproblemen und Nierenstörungen führen“, erklärt Prof. Dr. Staikov zu Beginn unseres Gesprächs.

Atemwegserkrankungen sind ebenfalls häufiger bei Menschen mit Adipositas, insbesondere Schlafapnoe, bei der es zu Atemaussetzern während des Schlafs kommt, sowie zu Asthma, das durch das zusätzliche Gewicht und die daraus resultierenden Atembeschränkungen verschlimmert wird. „Wer unter permanenten Schlafstörungen leidet, leidet in der Konsequenz auch an Müdigkeit, und dem Menschen fehlt schlicht und ergreifend die nächtliche Erholung. Hieraus resultiert Stress und ein größeres Hungergefühl – der Patient isst im Zweifelsfall noch mehr und befindet sich in einer verheerenden Spirale“, macht Prof. Dr. Staikov deutlich und ergänzt: „Eines ist ganz klar: Wenn einmal eine Adipositas vorhanden ist, dann ist es ganz klar, dass die Adipositas auch fortschreiten wird. Man unterscheidet da in drei verschiedenen Graden und macht dies am Body Mass Index (BMI) fest. Ab einem BMI von 30 ist eine Behandlung bereits notwendig. Leider aber ist es in Deutschland so, dass Krankenkassen einer chirurgischen Behandlung von Adipositas beispielsweise oft erst ab einem BMI von 50 zustimmen. Dies entspricht schon einer Super-Adipositas und ist für den Patienten in dem Sinne fast zu spät, da meistens Folgeschäden der Adipositas bereits vorhanden sind. Da gibt es keine guten Strukturen“. 


Adipositas, auch als Fettleibigkeit bekannt, wird in der Regel anhand des Body Mass Index (BMI) klassifiziert. Der BMI wird berechnet, indem das Gewicht in Kilogramm durch das Quadrat der Körpergröße in Metern geteilt wird. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Richtlinien zur Klassifizierung des BMI in verschiedene Grade der Adipositas festgelegt.

Untergewicht: BMI unter 18,5

Normalgewicht: BMI zwischen 18,5 und 24,9

Übergewicht: BMI zwischen 25 und 29,9

Adipositas Grad I (leicht): BMI zwischen 30 und 34,9

Adipositas Grad II (mittel): BMI zwischen 35 und 39,9

Adipositas Grad III (schwer): BMI von 40 oder höher.


Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrose, sind bei Menschen mit Adipositas verbreitet. Das zusätzliche Gewicht belastet die Gelenke, was zu Entzündungen und vorzeitigem Verschleiß führen kann. Abgesehen von den physischen Risiken beeinflusst Adipositas auch das psychische Wohlbefinden. Menschen mit Adipositas haben ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Angstzustände und ein geringes Selbstwertgefühl. Das Stigma, das mit Übergewicht verbunden ist, kann zu sozialer Ausgrenzung und psychischem Stress führen, was wiederum die psychische Gesundheit beeinträchtigt. Zusammengefasst beeinflusst Adipositas das allgemeine Wohlbefinden sowohl physisch als auch psychisch erheblich und erhöht das Risiko für eine Vielzahl von schwerwiegenden Erkrankungen, was die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen kann.

Die genetische Veranlagung spielt eine bedeutende, aber komplexe Rolle bei der Entwicklung von Adipositas. 

Studien haben gezeigt, dass die genetische Veranlagung das Risiko für die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas beeinflussen kann. „Auch wenn vieles nicht ganz klar ist, kann man sagen, dass Genetik ein wesentlicher Faktor ist für das Risiko, an Adipositas zu erkranken. Verschiedene Gene können eine Rolle bei Stoffwechselprozessen, dem Appetitregulationsmechanismus und der Fettverteilung im Körper spielen. Diese genetischen Faktoren können das individuelle Risiko für die Gewichtszunahme erhöhen, wenn sie mit Umweltfaktoren interagieren. Hinzu kommen die Lebensumstände. Wir haben ein immenses Überangebot an Kalorien, dem man nicht entkommen kann. Es ist immer Essen in der Nähe. Dann kommt hinzu, dass wir uns insgesamt zu wenig bewegen. Viele glauben, wenn sie 10.000-12.000 Schritte am Tag getan haben, dann haben sie eine hohe körperliche Aktivität geleistet. Das reicht aber bei Weitem nicht. Im Vergleich zu den Generationen vor uns, ist das, was wir an Kalorien verbrauchen, sehr viel geringer. Eine Ernährung, die reich an kalorienreichen und verarbeiteten Lebensmitteln ist, sowie ein Mangel an körperlicher Bewegung tragen maßgeblich zur Gewichtszunahme bei“, macht Prof. Dr. Staikov deutlich. 

Die Gewichtszunahme bei Menschen kann trotz einer scheinbar gleichen Kalorienzufuhr stark variieren, und dies lässt sich durch eine Vielzahl von Faktoren erklären. Die Darmflora, auch als Darmmikrobiom bezeichnet, spielt eine entscheidende Rolle in verschiedenen Aspekten der Gesundheit, einschließlich des Stoffwechsels und des Gewichts. Das Mikrobiom besteht aus einer Vielzahl von Mikroorganismen, wie Bakterien, Viren, Pilzen und anderen Mikroben, die im Verdauungstrakt leben. „Die Darmflora ist wie ein Fingerabdruck und bei jedem in der Zusammensetzung ganz individuell. Man hat bestimmte Muster festgestellt, die mit Adipositas assoziiert werden. Und auch der Stoffwechsel ist individuell. Aber man kann hier keine ausschließliche Begründung für die Veranlagung von Adipositas herausarbeiten“, so Prof. Dr. Staikov zur unterschiedlichen Gewichtszunahme von Menschen.

Nicht-chirurgische Behandlungsoptionen für Menschen mit Adipositas umfassen verschiedene Maßnahmen zur Gewichtsreduktion und Verbesserung des Gesundheitszustands. 

Wie schon erwähnt – der adipöse Patient ist in Deutschland meist zu spät beraten. Notwendig wäre in jedem Fall ein gutes Angebot von Ernährungs-, Verhaltens- und Bewegungstherapie mit kompetenten Ansprechpartnern. Damit hätte man zumindest in den Anfangsstadien bei einem BMI von etwa 30 eine gute Chance auf Gewichtsreduktion. Seit Jahrzehnten besteht tatsächlich auch die Empfehlung, ab einem BMI von 30 Adipositas zu behandeln. Denn alleine gelingt es dem Betroffenen nicht, das ist illusorisch. Trotz der bestehenden Empfehlung, gibt es gar keine Struktur, um den Millionen von adipösen Menschen zu helfen. Der entscheidende Moment ist, dass der Betroffene rechtzeitig aktiv wird“, erläutert Prof. Dr. Staikov die nicht zufriedenstellende Situation für die an Adipositas erkrankten Menschen.


  • Eine ausgewogene, kalorienbewusste Ernährung kann helfen, Gewicht zu verlieren. Ein Ernährungsplan, der reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und magerem Eiweiß ist, kann den Gewichtsverlust unterstützen.
  • Regelmäßige Bewegung ist entscheidend für die Gewichtsabnahme und die Verbesserung der allgemeinen Gesundheit. Ein strukturiertes Trainingsprogramm, das Aerobic-Übungen, Krafttraining und Flexibilitätsübungen umfasst, kann helfen, Kalorien zu verbrennen und den Stoffwechsel zu verbessern.
  • Psychologische Unterstützung und Verhaltenstherapie können dabei helfen, ungünstige Essgewohnheiten zu ändern, emotionales Essverhalten zu bewältigen und neue, gesunde Verhaltensweisen zu etablieren.
  • In einigen Fällen können Medikamente zur Gewichtsabnahme verschrieben werden, um den Appetit zu unterdrücken oder die Fettaufnahme zu verringern. Diese Medikamente werden normalerweise in Kombination mit einer Ernährungsumstellung und Bewegungstherapie eingesetzt.
  • Regelmäßige ärztliche Betreuung und Überwachung sind wichtig, um den Fortschritt der Gewichtsabnahme zu verfolgen, Begleiterkrankungen zu behandeln und mögliche Komplikationen zu identifizieren.

Die gängigsten bariatrischen Verfahren - Magenbypass, Schlauchmagenoperation (Sleeve-Gastrektomie) und Magenband (Adjustable Gastric Banding) - unterscheiden sich sowohl in ihrer Durchführung als auch in ihren Auswirkungen auf Gewichtsverlust und potenzielle Risiken.

Es gibt drei Standard Operationen für Adipositas Patienten. Die magenverkleinernde Schlauch Operation, den Y-Bypass und den etwas neueren Omega-Bypass. Die wesentlichen Aspekte für die Wahl der Operation sind das Ausgangsgewicht des Patienten, eventuelle Nebenerkrankungen, vorhandene Essstörungen, ist der Patient Raucher oder nimmt Medikamente ein sowie die allgemeinen Lebensumstände. Das alles muss intensiv mit dem Patienten besprochen werden, da dies wesentliche Kriterien für die Operationsmethode sind. Auch ob der Patient auch fünf, zehn oder zwanzig Jahre nach der Operation weiterhin zur Kontrolle gehen kann, muss geklärt werden“, schildert Prof. Dr. Staikov.


Roux-en-Y-Magenbypass (Y-Bypass): Dies ist eine gängige Form der bariatrischen Chirurgie, die zur Gewichtsreduktion eingesetzt wird. Bei diesem Verfahren wird der Magen in einen kleinen oberen Beutel und einen größeren unteren Beutel getrennt. Der obere Beutel wird direkt mit dem Dünndarm verbunden, um eine Umgehung des Großteils des Magens und des oberen Dünndarms zu ermöglichen. Dies reduziert die Menge an aufgenommener Nahrung und führt zu einer verminderten Kalorienaufnahme.

Der Omega-Loop-Magenbypass (Mini-Gastric-Bypass) wurde 1997 von Robert Rutledge als eine besondere Variante der Magenbypass-Operation eingeführt. Im Vergleich zum traditionellen Roux-en-Y-Magenbypass zeichnet sich diese Methode durch die Herstellung einer einzigen neuen Verbindung (Anastomose) zwischen dem Magenpouch und dem Dünndarm aus.


Um es nochmals ganz deutlich zu betonen – wir operieren in Deutschland viel zu spät. Im Weltvergleich operieren wir in Deutschland Jahre und Jahrzehnte später als andere Länder. Mit einem BMI von 40 in Kombination mit Diabetes Typ II kann der Patient in Deutschland direkt operiert werden. Ohne Diabetes oder andere Nebenerkrankungen muss erst für einen Zeitraum von sechs Monaten eine konservative Therapie gemacht werden. Erst dann kann über eine Operation nachgedacht werden. Menschen mit einem BMI von 40 aber haben in der Regel bereits schwerwiegende Neben- oder Folgeerkrankungen der Adipositas, die dann leider durch eine gewichtsreduzierende Operation dann auch nicht mehr weggehen. Begründet sind diese Regelungen in der deutschen Gesundheitspolitik und der nach wie vorhandenen Restriktion der Krankenkassen, die damit auch dafür gesorgt haben, dass Menschen einfach grundsätzlich zu spät zum Arzt gehen. Es gibt auch immer noch Kassen, die nach formellen Fehlern suchen, um im Nachhinein die Zahlung der Operation verweigern zu können. Und das geht alles auf Kosten der Patientengesundheit“, kritisiert Prof. Dr. Staikov massiv.

Der Mini-Gastric-Bypass (MGB) ist eine Variante des herkömmlichen Magenbypass-Verfahrens, das weniger Invasivität und kürzere Operationszeiten aufweist. Es ähnelt dem traditionellen Magenbypass, indem ein kleinerer Magenbeutel geschaffen wird und ein Teil des Dünndarms umgangen wird.

Studien deuten darauf hin, dass der Mini-Gastric-Bypass eine ähnliche Effektivität wie der traditionelle Magenbypass aufweist, was den langfristigen Gewichtsverlust und Gewichtsstabilität betreffen. Bei vielen Patienten führt der MGB zu erheblichem Gewichtsverlust und einer Verbesserung oder sogar Remission von Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und Schlafapnoe. Die Wahl des bariatrischen Verfahrens, einschließlich des Mini-Gastric-Bypass, sollte auf einer gründlichen Beurteilung des individuellen Gesundheitszustands, der Präferenzen des Patienten und einer sorgfältigen Risiko-Nutzen-Analyse basieren. Am Ende geht es immer um das Erreichen folgender Ziele: Gewichtsverlust, Gewichtskontrolle, die Kontrolle der Nebenerkrankungen und eine zurückgewonnene Lebensqualität des Patienten“, und stellt die besonderen Merkmale des Zentrums in Frankfurt am Main vor: „Bei uns im Zentrum haben wir eine 50%ige Operationsrate den Schlauchmagen betreffend, die beiden Bypass Operationstypen werden etwas seltener durchgeführt. Als besonders positives Merkmal hier im größten Adipositas-chirurgischem Zentrum in ganz Deutschland muss die sehr kleine Rate an Revisionsoperationen erwähnt werden – ca. 10-15%. Diese Rate liegt woanders in der Regel ungleich höher. Auch die grundsätzliche Komplikationsrate mit 1-2% ist verschwindend klein. Die Operationen dauern in der Regel rund 60 Minuten, und der Patient kann nach ca. drei Tagen das Krankenhaus verlassen“.

Die Nachsorge nach einer Adipositasoperation ist entscheidend für den langfristigen Erfolg des Eingriffs. 

Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die auch nicht mit einer Operation heilbar ist. Das muss dem Patienten deutlich erklärt werden, dass eine Nachsorge lebenslang erfolgen muss. Die Nachsorgerate ist in Deutschland auch sehr schlecht. Viele Patienten gehen einfach zu ihrem Hausarzt, um sich checken zu lassen. Wir empfehlen unseren Patienten dringend, zu uns als behandelndes Zentrum zur Kontrolle zu kommen, da wir im Zweifelsfall auch alles an Hilfe anbieten können. Wir geben unseren Patienten nach der Behandlung neben einem Ernährungs- und Bewegungsplan (nach erfolgter Aufklärung) ergänzende Vitamine und Kalzium als Ergänzung mit. Das Abfragen dieser Empfehlungen ist dann auch Teil der Nachsorge“, führt Prof. Dr. Staikov aus. Es ist wichtig, dass Patienten aktiv an der Nachsorge teilnehmen und die Empfehlungen ihres Behandlungsteams befolgen, um langfristig gesunde Gewohnheiten beizubehalten und mögliche Komplikationen zu minimieren.

Semaglutid ist ein Medikament, das traditionell zur Behandlung von Typ-2-Diabetes eingesetzt wird. In jüngster Zeit hat es jedoch auch Aufmerksamkeit als mögliche Behandlungsoption für Adipositas erhalten.

Studien haben gezeigt, dass Semaglutid, wenn es in höheren Dosen als zur Diabetesbehandlung verwendet wird, zu signifikantem Gewichtsverlust bei Menschen mit Adipositas führen kann. Das Medikament wirkt, indem es das Sättigungsgefühl erhöht, den Appetit reduziert und möglicherweise den Stoffwechsel beeinflusst. In klinischen Studien hat sich gezeigt, dass die Verwendung von Semaglutid bei Menschen mit Adipositas zu einem größeren Gewichtsverlust im Vergleich zu Placebo führte. Einige Studienteilnehmer erreichten sogar einen Gewichtsverlust von mehr als 15% ihres Körpergewichts. 

Medikamente mit dem Wirkstoff Semaglutid sind grundsätzlich eine wertvolle Ergänzung und sind ja schon seit einigen Jahren auf dem Markt. Wir wissen, was sie bringen können, denn 15% Gewichtsverlust ist schon bemerkenswert. Aber – Medikamente wirken so lange wie man sie nimmt. Es ist zudem wichtig zu beachten, dass Semaglutid verschreibungspflichtig und somit nicht für jeden zugänglich ist, da der Wirkstoff selbst bezahlt werden muss und dies nun einmal nicht jeder kann. Solange dieser finanzielle Aspekt, ca. 200 Euro im Monat, im Raum steht, ist das einfach unfair. Wir setzen das Medikament nur ein, wenn ein BMI von 30 vorliegt oder auch bei Patienten, die in der Vergangenheit eine Adipositas Operation hatten und eine erneute Gewichtszunahme sich andeutet. Grundsätzlich kann der Wirkstoff Semaglutid hilfreich sein“, kommentiert Prof. Dr. Staikov.


Wie bei jedem Medikament können auch bei Semaglutid Nebenwirkungen auftreten, einschließlich Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Magenbeschwerden. Die Verwendung dieses Medikaments sollte mit einem Arzt besprochen werden, um die individuellen Risiken und Vorteile abzuwägen.


Wunsch für die Zukunft

Dringend benötigen wir in Deutschland die Grundlage dafür, dass jeder und jeder Betroffene mit einem BMI von über 30 Zugang zu einer adäquaten Therapie bekommt. Voraussetzung dafür ist der Faktor Personal und der Faktor Kostendeckung. Patienten müssen zum Beispiel auch nach der Operation ihre ergänzenden und notwendigen Vitaminpräparate selber zahlen. Viele Patienten schrecken tatsächlich aus Angst vor finanziellen Konsequenzen vor einer Operation zurück, was fatal sein kann. Dicke Menschen haben in Deutschland keine Lobby“, konstatiert Prof. Dr. Staikov und schließt damit unser Gespräch.

Herzlichen Dank Prof. Dr. Staikov für dieses so informative und kritische Gespräch zum Thema Adipositas!

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