Mediale Gonarthrose - Spezialisten und Informationen

20.03.2024
Prof. Dr. med. Karl Philipp Kutzner
Medizinischer Fachlektor

Die mediale Gonarthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung des Kniegelenks, die sich auf die mediale (innere) Gelenkseite auswirkt. Diese Erkrankung ist die häufigste Ursache für Kniebeschwerden und kann erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben. 

Im Folgenden erfahren Sie mehr über Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Behandlungsoptionen. Außerdem finden Sie ausgewählte Spezialisten für die Behandlung der medialen Gonarthrose.

 

ICD-Codes für diese Krankheit: M17

Empfohlene Spezialisten für Mediale Gonarthrose

Artikelübersicht

Hintergrundinformationen zur Anatomie des Kniegelenks

Um die mediale Gonarthrose besser zu verstehen, ist es wichtig, sich mit der Anatomie des Kniegelenks vertraut zu machen. Das Kniegelenk ist das größte Gelenk im menschlichen Körper und besteht aus drei Hauptknochen:

  • Oberschenkelknochen (Femur)
  • Schienbein (Tibia)
  • Kniescheibe (Patella)

Es ist ein komplexes Scharniergelenk, das Bewegungen wie Beugung und Streckung ermöglicht.

Das Kniegelenk ist von einer Gelenkkapsel umgeben, die mit einer schützenden Synovialflüssigkeit gefüllt ist. Die Gelenkflächen der Knochen sind mit Knorpel bedeckt, der als Stoßdämpfer und Gleitmittel dient. Ligamente, Bänder und Muskeln stabilisieren das Kniegelenk und ermöglichen seine Bewegungsfreiheit.

Anatomie KniegelenkAnatomie des Kniegelenks @ bilderzwerg /AdobeStock

Definition: Was ist mediale Gonarthrose?

Mediale Gonarthrose (auch mediale Kniearthrose) ist eine degenerative Erkrankung des Kniegelenks. Dabei baut sich der Knorpel auf der inneren Gelenkseite ab.

Dieser Knorpelabbau führt zu:

  • Schmerzen
  • Entzündungen und
  • Beeinträchtigungen der Gelenkfunktion

Die Erkrankung entwickelt sich normalerweise über einen längeren Zeitraum und betrifft oft ältere Menschen. Sie kann aber auch bei jüngeren Menschen auftreten. Insbesondere nach Verletzungen oder aufgrund genetischer Veranlagungen.

mediale Gonarthrose

Ursachen der medialen Gonarthrose

Die genauen Ursachen der medialen Gonarthrose sind komplex und nicht immer feststellbar. Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die das Risiko einer Erkrankung erhöhen können.

Hierzu gehören:

  • Alter: Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Gonarthrose. Der natürliche Verschleiß des Knorpels im Laufe der Zeit erhöht die Wahrscheinlichkeit von Arthroseerscheinungen.

  • Genetische Veranlagung: Eine familiäre Veranlagung kann eine Rolle bei der Entwicklung von Gonarthrose spielen. Wenn enge Verwandte an Arthrose leiden, ist das Risiko für die betroffene Person tendenziell höher.

  • Übergewicht: Übergewicht oder Fettleibigkeit erhöhen die Belastung des Kniegelenks und können den Knorpel schneller abbauen. Dies kann das Risiko für mediale Gonarthrose deutlich erhöhen.

  • Fehlstellungen: Angeborene oder erworbene Fehlstellungen der Beinachse gehören zu den häufigsten Hauptursachen für eine Gonarthrose. Eine O-Bein-Stellung (Varus-Beinachse) führt zu einer Überlastung der inneren Gelenkanteile und im fortgeschrittenen Stadium zur medialen Gonarthrose. Die äußeren Gelenkanteile werden in diesem Fall kaum oder gar nicht belastet.

  • Verletzungen: Traumatische Verletzungen des Knies (Meniskusrisse, Kreuzbandverletzungen) können das Risiko für eine Gonarthrose erhöhen. Insbesondere wenn keine angemessene Behandlung erfolgt. Eine mediale Gonarthrose entsteht insbesondere nach Verletzungen des Innenmeniskus.

  • Überlastung: Übermäßige und wiederholte Belastungen des Kniegelenks bei bestimmten Sportarten können den Knorpel schneller abnutzen und zu einer Gonarthrose beitragen.

  • Entzündliche Erkrankungen: Bestimmte entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis können das Kniegelenk betreffen und zur Entwicklung von Arthrose beitragen.
O-Bein-StellungEin O-Bein ist eine Fehlstellung der Beinachse, bei der eine Lücke zwischen den Kniegelenken entsteht @ gballgiggs /AdobeStock

Symptome der medialen Gonarthrose

Die mediale Gonarthrose kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, die von Patient zu Patient variieren können. Zu den häufigsten gehören:

  • Schmerzen: Der Schmerz ist eines der Hauptmerkmale der medialen Gonarthrose. Die Schmerzen treten auf der inneren Seite des Knies auf und können sich verschlimmern. Sie sind oft dumpf und schmerzhaft, besonders nach längeren Belastungen oder Bewegung.

  • Steifheit: Patienten mit medialer Gonarthrose klagen oft über morgendliche Steifheit im Kniegelenk. Diese Steifheit kann es schwierig machen, das Knie zu bewegen und es zu beugen oder zu strecken.

  • Schwellungen: Entzündungen im Kniegelenk können zu Schwellungen führen. Dies kann das betroffene Knie warm und geschwollen erscheinen lassen.

  • Eingeschränkte Bewegung: Die eingeschränkte Bewegungsfähigkeit des Kniegelenks ist ein häufiges Symptom. Betroffene Personen haben Schwierigkeiten, das Knie vollständig zu beugen oder zu strecken.

  • Knirschen oder Reiben: Ein "Knirschen" oder "Reiben" kann auftreten, wenn sich die geschädigten Gelenkflächen im Kniegelenk bewegen.

  • Instabilität: Einige Patienten haben ein Gefühl der Instabilität im Kniegelenk, weshalb sie das Gelenk automatisch schonen.

Diagnose der medialen Gonarthrose

Die Diagnose einer medialen Gonarthrose erfolgt in der Regel durch eine Kombination aus klinischer Untersuchung, Bildgebung und Labortests. 

Ein erfahrener Arzt unternimmt folgenden Schritte:

  1. Anamnese: Der Arzt erhebt eine ausführliche Krankengeschichte, um Informationen über bisherige Verletzungen, familiäre Vorgeschichte und andere relevante Faktoren zu sammeln.

  2. Körperliche Untersuchung: Anschließend führt er eine gründliche körperliche Untersuchung des Knies durch. Dabei achtet er insbesondere auf Fehlstellungen, Instabilitäten und Anzeichen für Knorpelschäden.

  3. Bildgebung: Um den Zustand des Kniegelenks genauer zu beurteilen, kommen verschiedene bildgebende Verfahren zum Einsatz.
Zu den bildgebenden Verfahren gehören:

  • Röntgenaufnahmen: Röntgenbilder sind oft die erste Wahl bei der Diagnose von medialer Gonarthrose. Sie zeigen Veränderungen im Knorpel, Knochensporen und Gelenkspaltverengungen. Dabei ist es von großer Bedeutung, dass diese Röntgenbilder im Stehen, also unter Belastung, erfolgen. In einigen Fällen erkennt der Arzt erst hier das wahre Ausmaß der Knorpelschädigung. Um die einzelnen Teilbereiche des Kniegelenkes zu beurteilen, fertigen Ärzte gehaltene Aufnahmen (Varus- und Valgus-Stressaufnahmen) an.
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Die MRT macht detaillierte Bilder des Kniegelenks und stellt den Zustand von Knorpeln, Bändern und anderen Strukturen dar. So kann die Beurteilung des vorderen Kreuzbandes bei der medialen Gonarthrose entscheidend sein.

  • Labortests: Obwohl es keine spezifischen Bluttests gibt, um Gonarthrose zu diagnostizieren, können Labortests andere Ursachen wie Entzündungen ausschließen.

  • Arthroskopie: In einigen Fällen führen Ärzte eine Arthroskopie durch. Dabei handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren, bei dem Ärzte eine winzige Kamera in das Kniegelenk einführen. So erkennt der Arzt das Ausmaß des Schaden und kann gezielte Behandlungen vornehmen. Bei bereits diagnostizierter Arthrose verliert dieses Verfahren jedoch zunehmend an Bedeutung.

Die Behandlung

Ziele der Behandlung sind:

  • Schmerzen zu lindern
  • Funktion des Kniegelenks zu verbessern und
  • Lebensqualität des Patienten zu erhalten oder zu steigern

Die Wahl der Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab: 

  • Schweregrad der Erkrankung
  • Alter des Patienten und
  • Individuellen Bedürfnisse

Konservative Behandlung

  • Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskulatur um das Knie zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern. Dies kann die Belastung des betroffenen Gelenks reduzieren.

  • Schmerzmedikation: Schmerzmittel wie nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAIDs) eignen sich zur Schmerzlinderung. In einigen Fällen erfolgt auch eine Injektion von Kortikosteroiden in das Kniegelenk, um Entzündungen zu reduzieren.

  • Gewichtsreduktion: Wenn Übergewicht ein Faktor ist, der zur Gonarthrose beiträgt, ist eine Gewichtsreduktion empfehlenswert, um die Belastung zu verringern.

  • Hilfsmittel: Die Verwendung von Gehhilfen bzw. Krücken kann die Belastung des betroffenen Beins verringern und die Mobilität verbessern. Orthesen beispielsweise stabilisieren und entlasten den betroffenen inneren Gelenkanteil.

Medikamente

  • Hyaluronsäure-Injektionen: Helfen, die Gelenkflüssigkeit zu ersetzen, die Knorpelstruktur zu erhalten und die Gleitfähigkeit des Gelenks zu verbessern.

  • Schmerzmittel: In einigen Fällen kann der Arzt stärkere Schmerzmittel verschreiben, um Schmerzen zu kontrollieren.

Chirurgische Eingriffe

  • Arthroskopische Debridement: Bei diesem Verfahren entfernen Ärzte lose Knorpel- und Knochenteile, um Schmerzen zu lindern. Bei fortgeschrittener Arthrose ist dieses Verfahren nicht empfehlenswert.

  • Osteotomie: Eine Osteotomie beinhaltet das Umformen des Oberschenkel- oder Schienbeinknochens, um die Belastung auf das Kniegelenk neu zu verteilen. Eine Osteotomie erfolgt bei O-Bein-Fehlstellungen, wodurch eine Entlastung der Innenseite des Kniegelenks möglich ist. Dieses Verfahren eignet sich für junge Patienten mit milden degenerativen Schäden.

  • Teilprothese (Schlittenprothese): Bei fortgeschrittener Gonarthrose ist eine Teil- oder Vollprothese (Knieendoprothese) erforderlich, um das geschädigte Gelenk zu ersetzen. Ist nur der innere Gelenkanteil betroffen, reicht ein Teilimplantat am Kniegelenk. Es handelt sich dabei um die Überkronung des inneren Gelenkanteils. Der Rest des Kniegelenkes bleibt erhalten. Umgangssprachlich heißen diese Implantate „Schlittenprothesen“.

Schlittenprothese

Lebensstiländerungen

  • Übungen: Regelmäßige Bewegung und gezielte Übungen zur Stärkung der Muskulatur helfen, die Symptome zu verbessern und die Gelenkfunktion zu erhalten.

  • Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann zur Gewichtskontrolle und zur Förderung der Knorpelgesundheit beitragen.

Prognose und Prävention

Die Prognose der Gonarthrose hängt von verschiedenen Faktoren ab wie Schweregrad der Erkrankung und Effektivität der Behandlung.

Das frühzeitige Erkennen der Symptome und eine angemessene Behandlung können das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.

Die Prävention von medialer Gonarthrose umfasst Maßnahmen wie:

  • Gewichtskontrolle
  • Regelmäßige Bewegung
  • Vermeidung von Verletzungen und
  • Frühzeitige Behandlung von Knieschmerzen, Verletzungen und Fehlstellungen

Die genetische Veranlagung lässt sich nicht beeinflussen, ein gesunder Lebensstil und eine frühzeitige medizinische Betreuung minimieren jedoch das Risiko.

Fazit zur medialen Gonarthrose

Die mediale Gonarthrose ist eine häufige Erkrankung des Kniegelenks, die Schmerzen und Beeinträchtigungen der Gelenkfunktion auslöst.

Eine frühzeitige Diagnose und angemessene Behandlung sind entscheidend, um Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Die Wahl der Behandlung hängt von vielen Faktoren ab und sollte in enger Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Arzt erfolgen. Präventive Maßnahmen wie Gewichtskontrolle und gesunde Lebensführung sind ebenfalls wichtig, um das Risiko einer Gonarthrose zu reduzieren.

Für die chirurgische Versorgung sollten Sie sich an einen Spezialisten für Teilgelenkersatz am Kniegelenk wenden. Schlittenprothesen kommen seltener zum Einsatz und haben einen höheren Schwierigkeitsgrad.

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