Die Neuralgie (ICD-Code:M79.2), wie Nervenschmerzen auch genannt werden, zeichnet sich durch plötzliche heftige Schmerzen aus, die auf den Versorgungsbereich des betroffenen Nervs beschädigt ist. Neuralgien können entstehen, wenn die Nerven beschädigt oder irritiert sind. Möglich ist auch, dass die Nervenschmerzen infolge einer anderen Grunderkrankung auftreten.
Neuralgiforme Schmerzen fühlen sich typischerweise ziehend, stechend oder reißend an. Die Nervenschmerzen treten unerwartet auf und dauern meist nur wenige Sekunden. Es ist jedoch auch möglich, dass sich eine einzelne Schmerzattacke über mehrere Minuten erstreckt. Dauerhafte Schmerzen ohne Unterbrechungen sind seltener.
Die Symptome folgen auf einen Reiz, der normalerweise keinen Schmerz hervorrufen würde – zum Beispiel eine leichte Berührung, ein Luftzug oder eine Bewegung. Jeder Nerv versorgt nur bestimmte Bereiche im Körper und nimmt von dort aus Reize auf. Aus diesem Grund treten die Nervenschmerzen immer wieder im selben Bereich auf. Wenn der Reiz nicht die Schmerzrezeptoren berührt, sondern an einer anderen Stelle der Nervenbahn wirkt, handelt es sich um neuropathische Schmerzen.
Fein verzweigt: peripheres Nervensystem. © arsdigital / Fotolia
Der Trigeminusnerv (Nervus trigeminus) verläuft im Gesicht und verzweigt sich ausgehend von der Schläfe in drei Bahnen: zum Auge, am Oberkiefer zu Nase und Lippen sowie entlang des Unterkiefers zum Kinn.
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Bei der Trigeminusneuralgie ist der Drillingsnerv (Nervus trigeminus) geschädigt. Die Nervenschmerzen treten in diesem Fall auf einer Seite des Gesichts auf.
Eine andere Form der Nervenschmerzen im Kopfbereich wird durch den Zungenschlundnerv (Glossopharyngeus) ausgelöst. Die Schmerzen, die durch die Glossopharyngeusneuralgie entstehen, sind im Gesicht spürbar. Dabei treten die Nervenschmerzen in folgenden Bereichen auf:
- Zungenwurzel
- Gaumen
- Rachen
- Mandeln
Die Schmerzen können außerdem zum Ohr ausstrahlen.
Die Post-Zoster-Neuralgie ist auch als postherpetische Neuralgie bekannt, da sie auf eine Infektion mit Herpes Zoster zurückgeht. Dabei handelt es sich um ein Virus, das für die Gürtelrose verantwortlich ist. Der Herpes-Virus geht auf eine frühere Windpocken-Infektion zurück. Die Viren, Varizella Zoster, verbleiben nach den akuten Windpocken dauerhaft in den Ganglien der Nervenbahnen. Dort sind sie inaktiv, bis es zu einem erneuten Aufflammen der Virusinfektion mit den typischen Bläschen kommt. Reaktiviert werden die Zoster-Viren durch ein geschwächtes Immunsystem, ausgeprägten Stress, während begleitenden Erkrankungen oder auch im Alter. Die Nervenschmerzen treten dabei in dem Bereich auf, wo die Herpes- bzw. Gürtelrose erscheint.
Die
Mortonneuralgie ruft Beschwerden im
Fuß hervor. Dementsprechend manifestieren sich die Schmerzen beim Gehen und sind vor allem im Mittelfuß zu spüren. Auslöser sind Verdickungen eines Nervenabschnitts im Fuß.
Im Gegensatz dazu betrifft die Interkostalneuralgie den Nerv, der die Muskeln zwischen den Rippen versorgt. Der Schmerz zieht wie ein Gürtel um den Körper und tritt bei Begleiterkrankungen des Brustkorbs (Thorax), der Wirbelsäule, Rippen oder bei Gürtelrose auf.
Die verschiedenen Formen von Nervenschmerzen gehen im Wesentlichen auf eine gemeinsame Ursache zurück, nämlich auf die Schädigung eines peripheren Nervs. Eine häufige Ursache für eine solche Läsion ist starker Druck, der auf den Nerv ausgeübt wird. Der Druck kann entstehen, wenn umliegendes Gewebe stark anschwillt. Denkbar ist auch, dass der Nerv gequetscht oder eingeklemmt ist. Diese Möglichkeit besteht zum Beispiel nach einem Bandscheibenvorfall.
Eine weitere Ursache für Nervenschmerzen sind Entzündungen. Sie können den betroffenen Nerv ebenfalls beschädigen oder vorübergehend zu funktionalen Problemen führen. Die Post-Zoster-Neuralgie geht auf diesen Mechanismus zurück.
Wenn die Ursache für die Nervenschmerzen nicht geklärt werden kann, sprechen Ärzte von einer idiopathischen Neuralgie.
Die neuralgiformen Schmerzattacken werden durch viele unterschiedliche Reize ausgelöst, die an sich keine Bedrohung darstellen. Mediziner bezeichnen diese Reize als Trigger. Im Gegensatz zu den Ursachen sind die Trigger nicht für die Entstehung des Krankheitsbilds verantwortlich, aber sie rufen die akute Schmerzattacke hervor. Wenn Sie unter einer Neuralgie leiden, ist bei solchen Reizen Vorsicht geboten.
Häufige Trigger umfassen:
- Überbelastung (bei der Mortonneuralgie: langes Gehen, bei der Glossopharyngeusneuralgie: essen, gähnen, sprechen)
- niedrige Temperaturen
- starkes Sonnenlicht
- Luftzug
- falsche Sitzhaltung
- psychischer Stress
- Druck auf den betroffenen Nerv
- bloße Berührungen
- ungünstige Bewegungen
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Um herauszufinden, was die Schmerzen verursacht, führt ein Arzt verschiedene Untersuchungen durch. Häufig beginnt er damit, die Reflexe zu kontrollieren und andere äußerliche Tests durchzuführen. Dabei streicht der Arzt mit einem stiftartigen Instrument über die Haut, um herauszufinden, ob die Reizwahrnehmung funktioniert beziehungsweise überreagiert.
Auch die Anamnese, die genaue Erfassung der Krankengeschichte, spielt eine wichtige Rolle. Häufig nutzt der behandelnde Arzt bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT, um andere mögliche Ursache für die Beschwerden zu überprüfen.
Wenn die Neuralgie auf einer anderen Grunderkrankung beruht, die behandelbar ist, steht die Therapie dieser Krankheit im Vordergrund. Oft ist jedoch keine eindeutige Ursache bekannt, sodass sich die Behandlung auf die Linderung der Symptome konzentriert. Der Arzt widmet sich dabei auch eventuellen Begleiterkrankungen wie Depressionen.
Wenn die Behandlung mit verschiedenen Medikamenten und Physiotherapie keinen Fortschritt bringt, kommt bei manchen Patienten eine Operation infrage. Der Operateur durchtrennt dabei möglichst nur den Teil des Nervs, der fälschlicherweise ein Schmerzsignal auslöst.
Schmerzmittel kommen in der Neuralgie-Therapie häufig zum Einsatz. Die Deutsche Schmerzgesellschaft (DGSS) setzt dabei das Ziel, die Schmerzen um ein Drittel bis die Hälfte zu verringern. Dies steigert die Lebensqualität bereits deutlich. Die Dauer der Erkrankung ist sehr unterschiedlich. Von den Menschen, bei denen ein Arzt eine Trigeminusneuralgie diagnostiziert, erleiden etwa zwei Drittel weitere Schmerzattacken.
Nicht verzweifeln, sondern selbst aktiv werden
Für manche Menschen stellen Nervenschmerzen eine sehr große Belastung dar. Lassen Sie sich vom Schmerz nicht zermürben, sondern bleiben Sie am Ball und sorgen Sie für Ablenkungen und positive Beschäftigung. Auch ausreichend Ruhe und Entspannung beruhigen den gereizten Nerv. Bevor Ihnen alles zu viel wird, denken Sie über eine Psychotherapie nach. Therapeuten beschäftigen sich nicht nur mit psychischen Krankheiten, sondern auch mit den mentalen Folgen von körperlichen Erkrankungen.
Eine effektive Selbsthilfe-Maßnahme besteht darin, die Trigger so weit wie möglich zu vermeiden. Achten Sie an kalten Tagen darauf, sich warm anzuziehen. Eine Wärmflasche, ein Kirschkernkissen oder warme Umschläge sorgen zu Hause für Linderung, wenn Kälte einen Trigger für Ihre neuralgiformen Schmerzen bildet. Andere Patienten behelfen sich mit Kühlung, wenn der Nervenschmerz bei einem akuten Herpes die als heiß empfundenen Entzündungssymptome begleitet.
Kontaktieren Sie unserere Neuralgie-Spezialisten, um die geeignete Behandlungsform zu finden.