Der Ausdruck „Burnout“ erschien erstmals in den 1970er Jahren. Der deutsch-amerikanische Psychologe Herbert Freudenberger prägte den Begriff „staff burn-out“. Damit beschrieb er einen Zustand, den er bei Menschen in sozialen Berufen beobachtete.
Die Symptome beschrieb C. Maslach im Jahr 1996 wie folgt:
- große Erschöpfung („overwhelming exhaustion“),
- zynische, distanzierte Haltung gegenüber dem Beruf („detachment“) und
- das Gefühl, nichts oder zu wenig bewirken zu können („inefficacy“).
Seit dieser Zeit weitete sich die Beschreibung des Phänomens Burnout auf andere Berufsgruppen aus. Berichte über das Burnout-Syndrom tauchen regelmäßig in den Medien auf. Sportler wie Sven Hannawald oder der Fernseh-Koch Tim Mälzer outen sich als ausgebrannt.
In der Medizin wird das Burnout-Syndrom kontrovers diskutiert. Ein Teil der Ärzte und Psychologen betrachten das Syndrom als eigenständige Erkrankung. Andere sehen bei Burnout-Fällen die Kriterien
erfüllt.
Aktuell ist Burnout keine eigenständige psychische Erkrankung. Im Diagnosekatalog ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird es dem Code Z.73 „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ zugeordnet. Im ICD-10, Kapitel V „Psychische und Verhaltensstörungen“, das psychische Erkrankungen enthält, erscheint es nicht. Auch im neuen, vollständig überarbeiteten ICD-11, das 2018 in die Testphase startete, hat sich daran nichts geändert.
Moderne Therapieansätze sind auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Patienten zugeschnitten. Daher erhalten Betroffene trotzdem eine geeignete Therapie.
Das Burnout-Syndrom entwickelt sich meist langsam und stufenweise. Am Anfang steht in der Regel ein Überengagement für eine Sache, am Ende die völlige Erschöpfung. Die Beschwerden beziehen sich zunächst auf das Arbeitsumfeld. Das Risiko, dass sie sich auf das gesamte Leben ausweiten, ist hoch.
Menschen, die zu Burnout neigen, zeigen meist folgende Eigenschaften:
- sehr hohe Ansprüche an sich selbst,
- großes Engagement für ihre Arbeit und
- eine Neigung zu Idealismus.
- Zuweilen wird auch versucht, ein schwaches Selbstwertgefühl durch Arbeit zu stärken.
Faktoren, die das Burnout-Risiko steigern, sind
- ungünstige Arbeitsbedingungen,
- hohe Anstrengung bei niedriger Entlohnung,
- große Verantwortung bei geringen Kontrollmöglichkeiten und
- unsichere Arbeitsplatzsituationen.
Es existieren zwei Modelle, die die Entwicklung eines Burnouts beschreiben.
12-Phasen-Modell nach Freudenberger
- Ehrgeiz und Arbeitseinsatz: Es besteht der übermäßige Wunsch, sich und anderen etwas zu beweisen und sich zu behaupten.
- Verstärkter Arbeitseinsatz: Weil Anerkennung und Erfolg nicht in ersehntem Maß erreicht werden, wird der Arbeitseinsatz noch verstärkt.
- Verleugnung eigener Bedürfnisse: Um das Arbeitspensum zu schaffen, werden die eigenen Bedürfnisse verdrängt. Die Dysbalance wird gespürt, aber ebenfalls verleugnet.
- Verdrängung von Konflikten: Die Kraft reicht gerade dafür, die Arbeit zu bewältigen, Konflikte werden nicht ausgetragen und gelöst, sondern weggeschoben.
- Veränderung von Prioritäten: Einzig die Arbeit zählt noch. Familie, Freunde und ehemalige Hobbys scheinen keinen Wert mehr darzustellen.
- Leugnung von Problemen: Jegliche Probleme werden auf Arbeits- und Zeitdruck geschoben, die eigentlichen Probleme nicht wahrgenommen.
- Sozialer Rückzug: Beziehungen und Gespräche werden vermieden, der Kontakt zu anderen auf ein Minimum begrenzt.
- Verhaltensänderungen: Es kommt zur Antriebs- und Motivationslosigkeit.
- Funktionsstatus: Es geht nur noch darum zu funktionieren.
- Innere Leere: Menschen mit Burnout fühlen sich leer und empfinden ihr Tun und möglicherweise das ganze Leben als sinnlos.
- Hoffnungslosigkeit und Depression: In dieser Phase weitet sich die Symptomatik auf das ganze Leben aus. Es ist schwer zu unterscheiden, ob es sich um Burnout handelt oder bereits um eine Depression.
- Vollendetes Burnout-Syndrom: Die Menschen sind am Ende ihrer Kräfte und brechen buchstäblich sowohl körperlich als auch psychisch zusammen.
Kopfschmerzen und Erschöpfung sind eines von vielen Symptomen bei Burnout © zinkevych | AdobeStock
7-Phasen-Modell nach Burisch
- Chronischer Stress durch übermäßigen Einsatz für eine Aufgabe. Die Zahl der Arbeitsstunden nimmt zu, die Stunden für den Schlaf und zur Erholung nehmen ab. Das Nervensystem reagiert mit ersten Anzeichen der Überreizung wie Durchfall, Schwindel, Schwitzen und Zittern.
- Erschöpfung (Burnout), reduziertes Engagement und zunehmend negative Einstellung. Die vormals positive Einstellung zur Aufgabe schlägt in eine negative um. Es wird nur noch versucht, das Arbeitspensum irgendwie aufrecht zu erhalten. Wirkliches Interesse oder gar Freude dabei sind nicht mehr zu spüren.
- Entwicklung depressiver Symptome wie Antriebs- und Freudlosigkeit und gedrückter Stimmung. Daneben kommt es zu dem Gefühl der ständigen Überforderung. Es stellen sich Hoffnungslosigkeit und Resignation ein.
- Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Denkstörungen. Durch diese Schwierigkeiten wird es beinahe unmöglich, die Aufgaben weiterhin zu bewältigen, es kommt zu Fehlern.
- Vernachlässigung des sozialen Lebens, allgemeines Desinteresse. Das Interesse für die Familie und Freunde nimmt ab. Die Aktivitäten werden auf ein Minimum begrenzt.
- Spannungskopfschmerz, Schlaf- und Essstörungen. Die körperlichen Beschwerden nehmen zu. Oftmals zahlreiche Arztbesuche, bei denen in der Regel keine körperlichen Krankheiten gefunden werden.
- Verzweiflung und Depression. Die Stimmung ist andauernd gedrückt, es kommt zu Grübeleien, das Leben an sich wird in Frage gestellt. Zuweilen tauchen Selbstmordgedanken auf.
Das Burnout-Syndrom entwickelt sich in der Regel während eines längeren Zeitraums. Ein jahrelanger Verlauf ist durchaus möglich.
Eine Diagnose hilft dem Patienten, weil seine Beschwerden einen Namen haben. Er weiß dann, dass er krank ist und aktiv dagegen vorgehen kann. Der Arzt braucht eine Diagnose, um die passende Therapie einzuleiten. Gleichzeitig spielen Diagnosen für Gutachter zum Beispiel bei Frühberentungen eine zentrale Rolle.
Für Betroffene gilt in erster Linie: Eine Diagnose ist ein medizinischer Begriff. Aus diesem Grund sollten Sie die Diagnose als Orientierungshilfe im Umgang mit den Beschwerden verstehen. Damit identifizieren müssen Sie sich nicht.
Besonders bei psychischen Krankheiten befürchteten Patienten lange Zeit, mit einem lebenslangen Stempel versehen zu sein. Diese Sorge ist unbegründet. Psychische Störungen sind – genau wie körperliche Krankheiten – ein unangenehmer und normaler Aspekt des Lebens. Und genau wie die meisten körperlichen Beschwerden sind auch psychische Erkrankungen gut behandelbar.
Burnout zählt bislang nicht als eigenständige Erkrankung. Er geht fließend in eine Depression, das chronische Erschöpfungssyndrom und eine Anpassungsstörung über. Ein Burnout ist dahingehend nicht klar abgegrenzt.
Patienten mit Erschöpfungszuständen sprechen in der Regel zuerst mit ihrem Hausarzt. Sie klagen über
- Schlafstörungen,
- Müdigkeit oder
- Unwohlsein.
Der Allgemeinmediziner wird den Patienten zu Fachärzten überweisen, um körperliche Gründe für die Beschwerden auszuschließen. So kann eine Unterfunktion der Schilddrüse ebenfalls zu Abgeschlagenheit führen.
Ein Burnout-Syndrom wird meist von einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie oder Psychosomatik festgestellt. Auch Psychotherapeuten können die Diagnose stellen.
Auf der Website der Technischen Universität Dresden finden Sie einen Test. Damit können Sie Ihr persönliches Burnout-Risiko überprüfen: Hier geht es zum Selbsttest. Hinweis: Der Test hilft Ihnen zwar, Ihre Situation besser einzuschätzen. Eine ärztliche Untersuchung ersetzt er nicht.
Verschiedene Faktoren können die Entwicklung eines Burnout-Syndroms begünstigen:
- unrealistische Erwartungen an sich selbst und an den Beruf sowie
- schwierige äußere Umstände.
Menschen mit zu hohen Ansprüchen stecken sich sehr hohe Ziele. Das Risiko zu scheitern – und damit eine Enttäuschung zu erleben – steigt entsprechend an. Gleichzeitig neigen Betroffene dazu, mit ihren Fehlern oder gar einem Scheitern nur schwer zurechtzukommen. Sie wollen erfolgreich und beliebt sein.
Doch auch Monotonie und fehlende geistige Anstrengung können zur Erschöpfung führen. In den Medien finden sich derartige Beispiele unter dem Schlagwort „bore-out“.
Das Burnout-Syndrom kann heute gut behandelt werden. Es hängt vom Einzelfall ab, ob eine ambulante Therapie ausreicht. In manchen Fällen ist die Aufnahme in eine Tagesklinik oder stationäre Einrichtung hilfreicher.
In manchen Fällen kann es auch hilfreich sein, den Arbeitgeber in die Überlegungen einzubeziehen. Dann kann man mit ihm gemeinsam nach Lösungen suchen. Alternativ können Arbeitgeber und Mitarbeiter im Rahmen einer Supervision oder Mediation die berufliche Situation reflektieren. So lässt sie sich bewusster steuern und positiv beeinflussen.
Wichtig ist in jedem Fall eine Entlastung. In manchen Fällen sollte der Betroffene für eine gewisse Zeit sein stresshaftes Umfeld verlassen. Strategien für besseres Stressmanagement helfen, den akuten Krankheitszustand zu bessern. Gleichzeitig dienen diese Methoden als Rückfall-Prophylaxe. Hier einige Beispiele:
- Achtsamkeitstraining: zum Beispiel MBSR (mindfulness based stress reduction),
- Entspannungsverfahren: etwa progressive Muskelentspannung nach Jacobsen oder autogenes Training,
- Verhaltenstrainings: gewaltfreie Kommunikation.
Bei massiven Schlafstörungen kann es notwendig sein, schlaffördernde Maßnahmen zu ergreifen. Dazu können kurzzeitig auch Medikamente zum Einsatz kommen.
Die beschriebenen Maßnahmen zielen in erster Linie darauf ab, die Beschwerden zu lindern. Mittels Psychotherapie lernen die Betroffenen unter anderem,
- ihre Gefühle deutlicher wahrzunehmen und auszudrücken,
- sich gegen Druck von außen zu behaupten und
- Konflikt- und Stressbewältigungsstrategien zu erwerben.
Die Therapie hat das Ziel, Verhaltensweisen zu verändern, die zur Überlastung und Überforderung beigetragen haben.
Hobbys und das Pflegen von Kontakten ist ein wichtiger Therapiebestandteil bei Burnout © elnariz | AdobeStock
Genauso wichtig ist, die Prioritäten für das eigene Leben zu reflektieren und den Alltag daran auszurichten. Hilfreich ist, vernachlässigte Kontakte und Hobbys wieder aufzunehmen. Auch neue Interessensgebiete zu erschließen kann das Leben wieder lebenswert machen.
Selbsthilfe: Verhaltenstipps bei Burnout
- Achten Sie auf ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und genug Schlaf.
- Planen Sie regelmäßige Erholungspausen ein.
- Nehmen Sie sich Zeit für schöne Dinge.
- Versuchen Sie Stress durch Entspannungsverfahren abzubauen.
- Überprüfen Sie Ihre Erwartungen an sich selbst.
- Definieren Sie erreichbare Ziele und verabschieden Sie sich von unerreichbaren Zielen.
- Überprüfen Sie Ihre Motivation und Ihre Werte.
- Nehmen Sie sich Zeit für die Familie und Freunde.
Wer seine Bedürfnisse kennt und achtet, ist besser vor einem Burnout geschützt. Das Ignorieren von persönlichen Grenzen erhöht das Burnout-Risiko. Arbeitgeber sollten für
- ausreichende Honorierung der Arbeit,
- genügend Feedback,
- Transparenz,
- Zeit und Raum
sorgen. Klare, eindeutige Strukturen schaffen Ruhe. Die Mitarbeiter wissen, was von ihnen erwartet wird und an wen sie sich mit welchen Fragen wenden können.
Digitale Technik und globale Märkte sorgen seit Jahren für Beschleunigung und teils rasanten Wandel. Vor diesem Hintergrund kommt der Burnout-Prophylaxe einerseits eine zentrale Bedeutung zu. Gleichzeitig bedeutet sie für Unternehmen und den einzelnen Mitarbeiter eine besondere Herausforderung.
Vorbeugung für jeden Einzelnen
- Üben Sie den Beruf aus, der Ihren Fähigkeiten entspricht, oder wollen Sie sich und anderen etwas beweisen?
- Wie selbstbewusst fühlen Sie sich? Können Sie sich akzeptieren, wie Sie sind oder versuchen Sie, durch den Beruf, mangelndes Selbstbewusstsein aufzuwerten?
- Setzen Sie Ihre Ziele zu hoch und wollen Sie „die Welt verbessern“, anstatt nur Ihren eigenen Wirkungskreis anzusehen und hier das Beste zu geben?
- Geben Sie Ihren Hobbys ausreichend Raum und Zeit?
- Besteht eine Balance zwischen Beruf und Freizeit? Und planen Sie Ihre Freizeit so, dass sie nicht auch noch zu Belastungen führt?
- Kennen Sie Ihre Bedürfnisse und achten darauf, dass sie in ausreichendem Maß erfüllt werden?
- Pflegen Sie Ihre Kontakte und nehmen sich genügend Zeit für Familie und Freunde?
- Kennen Sie Ihre Stressoren und verfügen über Bewältigungsstrategien?
Vorbeugung in Betrieben
- Werden die Mitarbeiter ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt?
- Sind die Hierarchien und Strukturen im Arbeitsumfeld klar? Weiß jeder Mitarbeiter, wer weisungsbefugt ist und von wem er Unterstützung erhalten kann?
- Finden regelmäßig Teambesprechungen statt, in denen die Mitarbeiter zu Wort kommen?
- Bleibt den Mitarbeitern für die zu erledigenden Aufgaben ausreichend Zeit?
- Besteht im Unternehmen eine positive Feedback- und Fehlerkultur?
- Gibt es eine angemessene Honorierung für die jeweiligen Arbeiten?
- Existiert eine Anlaufstelle, sollte es zu Mobbing-Situationen kommen?
- Sind die Arbeitsplätze so eingerichtet, dass sich die Arbeitnehmer wohlfühlen?
- Wie verhält es sich mit Wertschätzung und Anerkennung?
Folgende Fachärzte und Therapeuten sind im Falle eines Burnout-Syndroms zu kontaktieren:
- Fachärzte für Psychotherapie und Psychiatrie
- Psychologische Psychotherapeuten
- Fachärzte für psychosomatische Heilkunde
Bei allen Ärzten oder Therapeuten findet eine ambulante Behandlung statt. In Burnout-Kliniken finden sich gleich drei Fachbereiche zusammen: psychologische Psychotherapeuten, Psychiater und Fachärzte für psychosomatische Heilkunde.
Gerne unterstützen wir Sie dabei, einen Burnout-Spezialisten in Ihrer Umgebung zu finden. Die von uns gelisteten Fachärzte, Therapeuten und Kliniken haben wir für Sie eingehend überprüft.
Finden Sie jetzt Ihren Spezialisten für Burnout und nehmen Sie direkt Kontakt auf!
Der Schriftsteller Edmund von Hórvath stellte zu Beginn des 20. Jahrhunderts fest, dass jede Epoche „ihre Pest“ hat. Neben Übergewicht zählt Erschöpfung in ihren unterschiedlichen Formen zu den typischen Krankheiten der modernen Welt.
Die gute Nachricht: Noch nie verfügten die Menschen über so viel Wissen und Mittel, um gegen Krankheiten vorzugehen. Eine optimistisch-realistische Grundhaltung ist dem Burnout-Syndrom gegenüber angemessen und stärkt gleichzeitig die Widerstandskraft.