Unter Syndaktylie (ICD-Code: Q70.9) verstehen Mediziner eine angeborene Fehlbildung von Körpergliedern. Es handelt sich um eine Unterform von Dysmelie.
Syndaktylie ist von einem Zusammenwachsen von Fingern oder Fußzehen gekennzeichnet. Normalerweise erfolgt zwischen der 5. und 7. Entwicklungswoche des Embryos die Trennung der Finger und Zehen. Bei Syndaktylie liegt eine Störung vor, so dass die Trennung nicht vollzogen wird und die betroffenen Glieder zusammen weiterwachsen.
Knochen der gesund entwickelten Hand © bilderzwerg / Fotolia
Die Bezeichnung Syndaktylie geht aus dem Griechischen hervor und besteht aus den Begriffen „syn“ (zusammen) und „daktylos“ (Finger).
An den Händen zählt die Syndaktylie zu den am häufigsten auftretenden Fehlbildungen. Eines von 3000 neugeborenen Kindern ist von einer einfachen Syndaktylie betroffen.
Bei stark ausgeprägter Syndaktylie können sogar sämtliche Finger einer Hand zusammenwachsen. Besonders häufig sind der Mittel- und Ringfinger zusammengewachsen. Das Zusammenwachsen der Finger hat oft Bewegungseinschränkungen zur Folge, etwa beim Greifen mit der Hand.
Am Fuß ist häufig die zweite Zwischenzehenfalte betroffen.
Die Medizin unterscheidet zwischen unterschiedlichen Ausprägungen der Syndaktylie. Eine Rolle dabei spielt die Anzahl der zusammengewachsenen Finger- oder Zehenglieder. Darüber hinaus unterscheidet man
- die kutane Syndaktylie (von lateinisch cutis - Haut): Zwischen den Gliedern besteht nur eine Hautverbindung
- die ossäre Syndaktylie (von lateinisch os - Knochen): Knochenteile sind miteinander verwachsen.
Diese Darstellung zeigt verschiedene Formen von Syndaktylie an den Finern einer Hand © rumruay | AdobeStock
Es gibt verschiedene Ursachen für das Zusammenwachsen der Finger und Zehen. Dazu gehören äußere Einflüsse auf das Baby während der Schwangerschaft, zum Beispiel Alkohol oder bestimmte Medikamente. Beim Syndrom des Amniotischen Bandes bilden sich feste Ringe aus Bindegewebe aus der Eihülle heraus, die Finger und Zehen zusammenschnüren.
Neben diesen Ursachen kann Syndaktylie auch vererbt sein. Bei 20 bis 40 % der betroffenen Kinder ist das der Fall. Dann ist ein Gendefekt für die Fehlbildungen verantwortlich. Die Erkrankung wird dominant vererbt. Syndaktylie ist bei Kindern mit genetisch bedingten Erkrankungen mit körperlichen Entwicklungsstörungen ein häufiges Symptom. Betroffene Kinder leiden zum Beispiel außerdem am Aarskog-Syndrom oder am Carpenter-Syndrom.
Dass sich die Fehlbildung erst in den späteren Lebensabschnitten entwickelt, kommt selten vor. Mediziner sprechen dann von einer exogenen Syndaktylie. Als Ursachen kommen meist schlecht versorgte Verletzungen und Unfälle infrage. In diesen Fällen konnten Haut und Knochen nicht korrekt abheilen.
Das äußerlich sichtbare Symptom der Syndaktylie sind zusammengewachsene Finger oder Zehen. Dadurch können die motorischen Funktionen der Hände und Füße eingeschränkt sein.
Im Falle einer stark ausgeprägten Syndaktylie lassen sich sogar einfache Bewegungen nicht durchführen. Das bringt erhebliche Einschränkungen im Alltag mit sich.
Im weiteren Verlauf der Erbkrankheit entstehen knöcherne Verbindungen zwischen den einzelnen Zehen und Fingern. Fällt die Länge der Finger und Zehen unterschiedlich aus, ist in der Medizin von einer Akrosyndaktylie die Rede.
Später zeigen sich in der Hautbrücke Löcher, bei denen die Gefahr von schmerzhaften Entzündungen besteht.
Auch Tastsinn und Feinmotorik werden in zunehmendem Maße in Mitleidenschaft gezogen. An den Händen ist das Komplikationsrisiko erheblich höher als an den Füßen. Durch zusammengewachsene Zehen sind Betroffene in ihren Bewegungen meistens nicht eingeschränkt.
Die Psyche der Kinder kann stark an den Fehlbildungen leiden. Daher sollten Eltern eine positive und entwicklungsfördernde Perspektive mit ihrem Kind trainieren.
Der Arzt erkennt eine Syndaktylie in der Regel schon im Rahmen einer Sichtuntersuchung nach der Geburt.
Um die jeweilige Form der Fehlbildung zu diagnostizieren, nutzt der Arzt bildgebende Untersuchungsmethoden wie Röntgen. Dabei kann er die verbindenden Knochenbrücken der ossären Syndaktylie genau ermitteln.
Mit einem frühzeitigen operativen Eingriff kann eine Syndaktylie erfolgreich behandelt werden.
Der Arzt trennt dabei die zusammengewachsenen Glieder voneinander ab. Dabei ist zu entscheiden, ob
- die Hautbrücke einfach durchtrennt wird oder
- eine zusätzliche Hauttransplantation aus der Leistenregion die getrennten Finger oder Zehen bedecken soll.
Gerade bei Kindern ist es entscheidend, keine großen Narben entstehen zu lassen. Solche Narben würden nicht mitwachsen und können durch ihren Zug zu einer Verkrümmung der Finger führen.
Dieser chirurgische Eingriff ist komplex und anspruchsvoll und erfordert einen erfahrenen Spezialisten der Handchirurgie.
Noch schwieriger ist die Behandlung der ossären, also knöchernen Form der Syndaktylie. Dabei verfügen zwei Glieder über die gleiche Knochenanlage, die nicht genau bestimmt werden können. Außerdem muss der Chirurg auch auf Veränderungen an Blutgefäßen und Nerven achtgeben.
Besteht die Syndaktylie an den Fußzehen, stellt dies meist nur ein ästhetisches Problem dar. Betroffene haben also keine Beschwerden. Deswegen verzichten viele Betroffene auf einen chirurgischen Eingriff.
Zusammengewachsene Zehen verursachen nur selten Beschwerden. Eine OP ist daher oft nicht notwendig © miramis art | AdobeStock
Ist das eigene Kind von einer Syndaktylie betroffen, besteht kein Grund zur Panik. Können andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, genügt zumeist ein operativer Eingriff, um die Fehlbildung zu beseitigen.
Es empfiehlt sich, die operative Korrektur schon vor dem 3. Lebensjahr durchzuführen. Das beugt Gelenkdeformationen vor.
Ein erfahrener Arzt der Handchirurgie kann eine präzise Diagnose stellen und ein individuelles Therapiekonzept entwickeln.