Vaskuläre Chirurgie - Informationen und Spezialisten

Durch die vaskuläre Chirurgie werden Erkrankungen der Blutgefäße operativ-chirurgisch behandelt. Übersetzt bedeutet vaskulär (lateinisch vasculum = Väschen oder „kleine Vase“) Blutgefäße bzw. alles was von ihnen ausgeht. Chirurgie (cheirurgia) kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie „Arbeit mit den Händen“. In der Medizin werden operative und nicht operative (= „konservative“ Fächer) unterschieden. Bei den operativen wird durch mehr oder weniger große Hautschnitte eine Erkrankung behandelt. Bei der konservativen Medizin werden primär Medikamente eingesetzt. Oft wird die vaskuläre Chirurgie auch als Gefäßchirurgie bezeichnet. Welche Erkrankungen durch diese behandelt werden und welche Therapieverfahren hier zur Verfügung stehen, erfahren Sie im nachfolgenden Text.

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Vaskuläre Chirurgie - Weitere Informationen

Welche Erkrankungen werden durch die vaskuläre Chirurgie behandelt?

Durch die vaskuläre Chirurgie werden letztlich alle Erkrankungen der Blutgefäße von Kopf bis Fuß behandelt. Einzige Ausnahme sind die Herzkranzgefäße sowie die direkt aus dem Herzen abgehende große Schlagader, welche in das Fachgebiet der Herzchirurgen fällt. Nachfolgend aufgelistet sind die am häufigsten behandelten Erkrankungen beziehungsweise erkrankten Blutgefäße:

  • Engstellen der Halsschlagadern, um einen Schlaganfall zu verhindern
  • Engstellen der Hauptschlagader beziehungsweise der Becken -und Beinschlagadern, um die Schaufensterkrankheit bzw. nicht heilende Wunden am Unterschenkel und Fuß zu behandeln
  • plötzliche Verschlüsse von Schlagadern an Armen und Beinen, die oft dringlich behandelt werden müssen, da die Durchblutungsstörungen meist sehr ausgeprägt sind
  • Aussackungen der Hauptschlagader (Aortenaneurysma), die zum Teil Rücken -oder Bauchschmerzen verursachen sowie beim Platzen zum Verblutungstod führen können 
  • Anlage von Gefäßzugängen zur Blutwäsche (sogenannte Hämodialyse-Shunts
  • Entfernung und Verödung von Krampfadern

Was ist das Besondere an der vaskulären Chirurgie?

Die vaskuläre Chirurgie hat sich seit Mitte bis Ende des letzten Jahrhunderts rasant weiterentwickelt. Dies liegt zum einen an den seit ca. 1960 zur Verfügung stehenden blutverdünnenden Medikamenten, die während der Operation gegeben werden müssen. Aber auch ein immer größer werdender Bedarf an vaskulären Operationen aufgrund der deutlichen Zunahme an Blutgefäßerkrankungen in der Bevölkerung. Dies ist auch ein Grund, warum immer mehr Kliniken eigenständige Abteilungen für die vaskuläre Chirurgie auf- und ausbauen. In manchen Kliniken ist die Gefäßchirurgie allerdings immer noch in andere chirurgische Abteilungen integriert, meist in die Allgemein- oder Herzchirurgie.

Die Patienten, welche vaskuläre Therapieverfahren benötigen, sind oft sehr stark vorerkrankt und haben nicht selten bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall überstanden beziehungsweise leiden an der Zuckerkrankheit oder einer Herzschwäche.

Welche Therapieverfahren stehen zur Verfügung?

Vereinfacht gesagt stehen drei Therapieverfahren zur Auswahl:

  1. Die konservative Therapie: Hier wird versucht, mit Medikamenten die Krankheit und deren Symptome in den Griff zu kriegen
  2. Die Versorgung von Blutgefäßen von innen (=endovaskuläre Chirurgie; endo = von innen): Dies ist im Volksmund auch als „Knopflochtechnik“ bekannt, weil durch nur kleine Schnitte in der Leiste beziehungsweise durch Einstechen in das Leistengefäß praktisch sämtliche Gefäße des Körpers von innen schonend behandelt werden können
  3. Die offen - operative Gefäßchirurgie: Dies ist das klassische und älteste Vorgehen mit unterschiedlichsten Möglichkeiten, verengte oder verschlossene Gefäße wieder zu erweitern.

Was passiert genau bei den offen-operativen Therapieverfahren?

Bei der offen -operativen vaskulären Chirurgie werden die betroffenen Blutgefäße durch Hautschnitte freigelegt und anschließend eröffnet. Dann können je nach Ausdehnung der Veränderung des Blutgefäßes folgende Methoden angewandt werden, um dieses zu reparieren:

  • Das Ausschälen von Ablagerungen der Gefäßwand und die Einnaht von Erweiterungsstreifen (Im Fachausdruck: Thrombendarteriektomie und Patchplastik)
  • Die Überbrückung von Engstellen und Verschlüssen durch neu angelegte Umgehungsbahnen (im Fachausdruck: Bypass). Diese Umgehungskreisläufe können entweder aus der körpereigenen oberflächlichen Beinvene oder aus Kunststoffröhren bestehen.
  • Das Entfernen von Gefäßaussackungen der Hauptschlagader oder anderer Blutgefäße (zum Beispiel der Kniegelenkschlagader) und Einnähen von Kunststoffröhren (im Probleme macht beziehungsweise eine gewisse Größe überschritten hat. 
  • Das Herstellen einer Verbindung zwischen Schlagader und Vene, um einen Zugang für die Hämodialyse herzustellen (Im Fachausdruck: Shuntchirurgie). Diese Verbindung wird beim Rechtshänder wenn möglich am linken Arm angelegt (beim Linkshänder rechts).
  • Das Entfernen von Blutgerinnseln direkt oder mit speziellen Kathetern (Fachausdruck: Thrombektomie).
  • Die Entfernung von Krampfadern (Fachausdruck: Varizenchirurgie). 

Die offen-operative Versorgung erfolgt durch Hautschnitte in der Leiste und am Unterschenkel. Über die eröffnete Vene wird in diese ein dicker Draht eingeführt, die Vene an ihren Mündungsstellen in die tiefe Vene (meist in der Leiste und am Unterschenkel bzw. auf Höhe des Innenknöchels) fest verknotet und anschließend herausgezogen.

Was passiert genau bei den endovaskulären Therapieverfahren?

Das Besondere an der endovaskulären Chirurgie ist die Anwendung von Drähten und Kathetern, um so über kleine Zugänge alle Gefäße des Körpers erreichen zu können.

Folgende Methoden und Verfahren stehen zur Verfügung:

  • Das Aufdehnen von Engstellen mit Ballon-Kathetern. Dies kann auch während der Operation zusammen mit der Ausschälung des Blutgefäßes oder der Bypassanlage erfolgen. Meistens wird es aber als alleinige Maßnahme durchgeführt. Dann ist keine Operation notwendig. Das Einstechen und Einführen des Katheters erfolgt in aller Regel über die Leistenschlagader, weil dieses Gefäß relativ oberflächlich liegt und deshalb gut angestochen werden kann. Der Eingriff erfolgt normalerweise in örtlicher Betäubung. Voraussetzung ist allerdings, dass der Patient für ca. 1-2 Stunden ruhig liegen bleiben kann. Der Eingriff wird normalerweise in örtlicher Betäubung durchgeführt.
  • Die innere Schienung von Gefäßaussackungen (Aneurysma), meistens im Bereich der großen Brust- oder Bauchschlagader. Auch hierfür wird die Leistenschlagader angestochen (Fachausdruck: punktiert) und hierüber dann eine Prothese eingeführt. Diese speziellen Prothesen befinden sich in einer ca. kugelschreiberdicken Hülle, damit sie im Gefäß vorgeschoben werden können. Wenn die Prothese die Aussackung überbrückt und die richtige Position eingenommen hat (dies wird durch Röntgenstrahlen sichtbar gemacht), dann wird die Hülle zurückgezogen. So kann sich die Prothese in der Aussackung durch ihre Spannkraft ausdehnen und verankern. 
  • auch Gefäßzugänge für die Dialyse können mit speziellen Kathetern endovaskulär angelegt werden. Hierbei werden die Schlagader und die Vene innerlich aneinander gezogen und durch Hitze miteinander verbunden.
  • Die Verödung von Krampfadern durch spezielle Katheter. Diese werden ebenfalls in die Vene eingestochen und führen durch Hitzeanwendung zu einer Verklebung der Venenwand führen.

Sind die endovaskulären „Knopfloch“-Verfahren“ besser als die offene Chirurgie mit Hautschnitten?

Diese Frage lässt sich nicht so leicht und pauschal beantworten. Offenkundige Vorteile der endovaskulären Verfahren sind:

  • kleinere Zugangswege, teilweise ist nicht mal ein Hautschnitt notwendig 
  • Eingriffe sind ohne Vollnarkose in örtlicher Betäubung möglich
  • meist kürzere Operationszeiten
  • meist ist die Krankenhausaufenthaltsdauer kürzer

Nachteile sind:

  • häufigere Nachkontrollen notwendig 
  • Nachuntersuchungen sind meistens mit einer Strahlen- und Kontrastmittelbelastung einhergehend
  • häufiger Reparatureingriffe im Verlauf von Monaten und Jahren notwendig
  • Verfahren sind nicht bei allen Gefäßerkrankungen anwendbar

Quellen

Kompaktwissen Gefäßchirurgie: Differenzierte Diagnostik und Therapie, Bernd Luther (Hrsg.), Springer, 2. Aufl. 2010.
Operative und interventionelle Gefäßmedizin, Eike Sebastian Debus & Walter Gross-Fengels (Hrsg.), Springer, 2012.
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