Bösartige Vulvatumoren können grundsätzlich in allen Regionen des weiblichen Schambereichs auftreten. In den meisten Fällen sind jedoch die großen (äußeren) Schamlippen, seltener auch die kleinen (inneren) Schamlippen von Vulvakrebs betroffen.
Insgesamt treten etwa 80 Prozent aller Vulvakarzinome an den großen und kleinen Schamlippen auf. Die Klitoris ist nur in etwa 10 Prozent der Fälle betroffen.
Je nachdem, von welchen Zellen ein bösartiger Tumor der Vulva ausgeht, lassen sich verschiedene Formen von Vulvakrebs unterscheiden.
Bei etwa 90 Prozent aller bösartigen Vulvatumoren handelt es sich um sogenannte Plattenepithelkarzinome. Diese Tumoren sind epithelialen Ursprungs, d. h. sie entwickeln sich aus Zellveränderungen der obersten Hautschicht. Mediziner nennen sie Vulvakarzinom im eigentlichen Sinne.
Daneben kann Vulvakrebs auch aus anderen Zelltypen entstehen. So handelt es sich bei den restlichen 10 Prozent der Fälle von Vulvakrebs unter anderem um:
- maligne Melanome (schwarzer Hautkrebs)
- Basalzellkarzinome (weißer Hautkrebs)
- Adenokarzinome (bösartige Tumoren entstanden durch Zellveränderungen von Drüsengewebe)
- Sarkome (bösartige Tumoren, die vom Bindegewebe der Vulva ausgehen) und
- Karzinome der Bartholinischen Drüsen
Das Vulvakarzinom macht etwa 4 bis 5 Prozent aller Tumorerkrankungen des weiblichen Genitaltraktes aus. Es ist damit die vierthäufigste Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane.
Insgesamt erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa zwei von 100.000 Frauen an Vulvakrebs. Dies entspricht etwa 1.600 Neuerkrankungen pro Jahr.
Betroffen sind dabei überwiegend ältere Frauen ab 70 Jahren. In den letzten Jahren hat allerdings die Erkrankungsrate auch unter jüngeren Frauen zugenommen.
Unter dem Begriff Vulva werden die äußeren, primären Geschlechtsorgane der Frau zusammengefasst.
Hierzu zählen:
- die großen (äußeren) Schamlippen
- die kleinen (inneren) Schamlippen
- der Schamhügel (Venushügel)
- der Scheidenvorhof und
- die Klitoris
Die großen Schamlippen, auch Labia majora pudendi genannt, stellen gemeinsam mit dem Schamhügel die äußere Begrenzung der Vulva dar. Sie bestehen aus zwei großen Hautwülsten, die die Schamspalte umschließen und sich vor der Klitoris und dem After vereinigen.
Die kleinen Schamlippen, auch Labia minora pudendi genannt, sind zwei dünne, gerunzelte Hautfalten. Sie liegen zwischen den großen Schamlippen in der Schamspalte. An deren vorderer Umschlagfalte befindet sich die Klitoris.
Der Scheidenvorhof ist von den kleinen Schamlippen umgeben und mündet in die Harnröhre, die Vagina und einige Drüsengänge.
Die genauen Ursachen und Zusammenhänge für die Entstehung eines Vulvakarzinoms sind bis jetzt nicht vollständig bekannt. Einige Risikofaktoren können jedoch die Entstehung eines bösartigen Tumors der Vulva begünstigen.
Hierzu gehört insbesondere eine Infektion mit den sogenannten humanen Papillomviren (HPV), die sich beim Geschlechtsverkehr übertragen können.
Diskutiert wird auch, dass Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Krankheitserregern mit einem erhöhten Risiko für Vulvakrebs verbunden sein könnten.
Dazu gehören:
Weitere Risikofaktoren sind:
- chronische Erkrankungen oder Entzündungen von Vulva und Scheide
- ein höheres Lebensalter
- die Einnahme von immunsupprimierenden Medikamenten
- eine Schwächung der Immunabwehr (beispielsweise nach einer Organtransplantation oder bei HIV-Patienten)
- Nikotinkonsum sowie
- Erkrankungen wie Leukoplakie (Weißschwielenkrankheit) oder Lichen sclerosus im Bereich der Genitalien
Rauchen gilt als Risikofaktor für Vulvakrebs © Nopphon | AdobeStock
Im Frühstadium verursacht ein Vulvakarzinom meist gar keine oder nur geringe Beschwerden.
Zu den frühen Symptomen gehören unter anderem:
kleine weiße oder rötliche, leicht erhabene Flecken oder Verhärtungen im Genitalbereich, die an Warzen oder Narben erinnern
Im fortgeschrittenen Stadium von Vulvakrebs treten typischerweise folgende Symptome auf, wie:
- ein ständig wiederkehrender, unangenehmer Juckreiz
- ein Gefühl des Wundseins und
- rote, nicht heilende, nässende Stellen oder Risse im Genitalbereich
Zudem kommt es im fortgeschrittenen Stadium häufig:
- zu einem vermehrten, unter Umständen auch blutigen Ausfluss aus der Scheide sowie
- zur Bildung von spürbaren Geschwüren oder Knoten mit blumenkohlartiger Oberfläche
Beim Vulvakarzinom unterscheiden Mediziner verschiedene Tumorstadien nach der FIGO-Klassifikation.
Die Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique (französisch für: Internationale Vereinigung für Gynäkologie und Geburtskunde) definiert sie.
Die FIGO-Unterteilung sieht bei Vulvakrebs folgendermaßen aus:
- FIGO 0: Das Vulvakarzinom ist auf die Schleimhaut beschränkt (sog. Carcinoma in situ)
- FIGO Ia: Das Vulvakarzinom ist auf die Vulva und/oder den Damm beschränkt und hat einen Durchmesser von maximal 2 Zentimetern. Die Stromainvasion (Eindringen von Krebszellen in das umgebende Bindegewebe) liegt bei maximal 1,0 Millimeter.
- FIGO Ib: Das Vulvakarzinom ist auf die Vulva und/oder den Damm beschränkt und hat einen Durchmesser von maximal 2 Zentimetern. Die Stromainvasion (Eindringen von Krebszellen in das umgebende Bindegewebe) liegt bei mehr als 1,0 Millimeter.
- FIGO II: Das Vulvakarzinom ist auf die Vulva und/oder den Damm beschränkt und hat einen Durchmesser von mehr als 2 Zentimetern.
- FIGO III: Das Vulvakarzinom hat sich auf die untere Harnröhre und/oder die Vagina oder den After ausgedehnt. Es kann zu Lymphknotenmetastasen kommen.
- FIGO IVa: Das Vulvakarzinom hat die Schleimhaut der Harnblase und/oder des Rektums (Mastdarm) und/oder die obere Harnleiter befallen.
- FIGO IVb: Das Vulvakarzinom hat sich auf entfernte Organe ausgebreitet (Fernmetastasen).
Die Verdachtsdiagnose Vulvakrebs stellen Ärzte meist im Rahmen eines Anamnese-Gesprächs bei einer gynäkologischen Untersuchung.
Während des Anamnese-Gesprächs befragt der Arzt die Patientin zunächst zu ihrer Krankheitsgeschichte und ihren Beschwerden.
Im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung tastet der Arzt den Genitalbereich ab. Er untersucht die Vulva außerdem auf auffällige Farb- und/oder Oberflächenveränderungen an der Schleimhaut. Hierzu nimmt er oft ein sogenanntes Kolposkop zu Hilfe, mit dem er die Schleimhaut in mehrfacher Vergrößerung betrachten kann.
Die Diagnose erfolgt im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung © Mariakray | AdobeStock
Im Verdachtsfall entnimmt er eine Gewebeprobe (Biopsie), die er anschließend im Labor feingeweblich untersuchen lässt. Lassen sich dabei unter dem Mikroskop bösartige Krebszellen nachweisen, ist die Diagnose Vulvakarzinom gesichert.
Im nächsten Schritt setzt der Arzt weitere bildgebende Verfahren ein, um festzustellen, wie weit der Tumor bereits gestreut hat.
Hierzu gehören insbesondere:
Die Behandlung von Vulvakrebs erfolgt durch Frauenärzte mit dem Schwerpunkt gynäkologische Onkologie. Diesen stehen für die Behandlung des Vulvakarzinoms mit der Operation, der Bestrahlung und der Chemotherapie verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.
Welche Therapieform zum Einsatz kommt, hängt dabei vom Tumorstadium ab.
Operative Behandlung von Vulvakrebs
Bei der Operation müssen Ärzte das Vulvakarzinom komplett entfernen. Bei Vulvakarzinomen im Anfangsstadium genügt es meist, das betroffene Hautareal großzügig herauszuschneiden.
Bei fortgeschrittener Erkrankung kann es nötig sein, die Vulva, Teile der Scheide und/oder die Harnröhre zu entfernen.
Die Frage des Lymphknotenbefalls lässt sich häufig über eine Wächterlymphknotenbiopsie klären.
Manchmal müssen Ärzte bei Befall zusätzlich auch die Lymphknoten der Leiste oberflächlich und tief entfernen. Unter Umständen betrifft das auch die Lymphknoten des kleinen Beckens.
Bestrahlung und Chemotherapie bei Vulvakrebs
In fortgeschrittenen Fällen ist zusätzlich zur operativen Behandlung auch eine Strahlentherapie in Kombination mit einer Chemotherapie notwendig.
Um einem Vulvakarzinom vorzubeugen, empfiehlt es sich, mindestens einmal im Jahr eine Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt durchführen zu lassen. Dabei kann der Arzt Vorstufen des Vulvakarzinoms rechtzeitig entdecken und behandeln.
Zudem steht seit einiger Zeit auch eine HPV-Schutzimpfung zur Verfügung. Sie schützt vor einer Infektion mit humanen Papillom-Viren vom Typ 16 und 18.
Diese beiden Virentypen gelten als Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs und Vulvakrebs.
Die Impfung ist für Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren empfehlenswert