Bei einem Leistenbruch handelt es sich um einen Eingeweidebruch im Bereich des Leistenkanals. Er wird auch Leistenhernie oder Inguinalhernie genannt.
Dabei bildet sich im Leistenbereich eine Lücke in der Bauchdecke. Durch diese Lücke treten Eingeweideteile, die noch vom Bauchfell umschlossen sind, aus der Bauchhöhle nach außen hervor. Diese Lücke in der Bauchdecke wird auch als Bruchpforte bezeichnet.
Das Bauchfell, das sich mit den darin enthaltenen Eingeweideteilen sackartig durch die Bruchpforte in der Bauchdecke nach außen vorwölbt, bildet den sogenannten Bruchsack. Die im Bauchfell eingeschlossenen, hervorgetretenen Eingeweideteile, darunter beispielsweise Teile des Darms, stellen den sogenannten Bruchinhalt dar.
Auftreten und Darstellung einer Leistenhernie © designua | AdobeStock
Jedes Jahr erleiden etwa 0,5 Prozent der Bevölkerung einen Eingeweidebruch im Bereich des Leistenkanals. Der Leistenbruch gehört damit zu den am häufigsten vorkommenden chirurgischen Erkrankungen des Menschen.
Zudem stellt er die häufigste Hernienform dar, da es sich bei etwa 75 bis 80 Prozent aller Eingeweidebrüche um einen Leistenbruch handelt. Männer sind dabei wesentlich häufiger betroffen als Frauen: Etwa 80 Prozent aller Leistenhernien treten bei Männern auf.
Grundsätzlich kann zwischen einem angeborenen und einem erworbenen Leistenbruch unterschieden werden. Erworben bedeutet, dass die Krankheit erst im Verlauf des Lebens auftritt.
Zu differenzieren sind auch der direkte und der indirekte Leistenbruch. Eingeteilt wird dabei je nach Lokalisierung der Bruchpforte und in welche Richtung der Bruchsack die Bruchpforte im Leistenbereich durchtritt.
Ein direkter Leistenbruch, auch mediale Leistenhernie genannt, ist in der Regel erworben und tritt vor allem bei älteren Männern auf. Der Bruchsack dringt dabei an der Hinterwand des Leistenkanals direkt senkrecht durch die Bruchpforte aus dem Bauchraum nach außen aus.
Ein indirekter Leistenbruch, auch laterale bzw. seitliche Leistenhernie genannt, ist meist angeboren. Bei dieser Form des Leistenbruchs tritt der Bruchsack entlang des Samenstrangs (beim Mann) bzw. des Mutterbandes (bei der Frau) durch die innere Öffnung des Leistenkanals in den Leistenkanal vor. Etwa zwei Drittel aller Leistenhernien sind indirekte Leistenbrüche.
Leistenbruch bei einem männlichen Patienten © Prof. Dr. med. Thomas W. Kraus
Ein Leistenbruch entsteht aufgrund einer Schwachstelle in der Bauchdecke im Bereich des Leistenkanals. Die Ursachen unterscheiden sich, je nachdem, ob es sich um einen angeborenen oder einen erworbenen Leistenbruch handelt.
Bei einem angeborenen Leistenbruch ist die ursächliche Schwachstelle auf einen unvollständigen inneren Verschluss der Bauchwand während der frühen Kindheit zurückzuführen.
Für die zugrundeliegende Schwachstelle bei einem erworbenen Leistenbruch können unter anderem Bauchoperationen und eine angeborene Bindegewebsschwäche verantwortlich sein.
Zu den auslösenden Ereignissen und Risikofaktoren, die einen erworbenen Leistenbruch verursachen können, gehören unter anderem ein chronisch erhöhter Druck im Bauchraum, etwa beim
- Heben schwerer Lasten,
- beim Husten oder
- beim Erbrechen,
sowie durch Schwangerschaften und Übergewicht.
Durch das Hochheben schwerer Lasten erhöht sich der Druck im Bauch © BalanceFormCreative | AdobeStock
Ein Leistenbruch äußert sich typischerweise durch eine sicht- und tastbare Vorwölbung im Leistenbereich. Sie lässt sich normalerweise gut nach innen zurückdrücken. Vor allem abends oder nach körperlichen Belastungen tritt sie deutlich hervor.
Daneben treten bei einem Leistenbruch oftmals Symptome wie ein Druckgefühl und leichte ziehende Schmerzen in der Leistenregion auf. Sie verstärken sich bei einer Druckerhöhung im Bauchraum, etwa beim
- Husten,
- Niesen,
- Pressen (z.B. beim Stuhlgang) und
- körperlicher Anstrengung.
Zu schweren Komplikationen kann es bei einem Leistenbruch kommen, wenn die im Bruchsack befindlichen Eingeweide in der Bruchpforte eingeklemmt werden. In diesem Fall treten starke Schmerzen sowie mitunter Übelkeit und Erbrechen auf. Im schlimmsten Fall droht ein Darmverschluss, der zu einem Darmdurchbruch und zu einer Bauchfellentzündung führen kann.
Zunächst führt der Arzt ein Anamnesegespräch mit dem Patienten. Dabei stellt er gezielte Fragen zu seinen Symptomen und Beschwerden. Danach folgt eine körperliche Untersuchung, bei der der Arzt die Leistenregion des Patienten begutachtet und sorgfältig abtastet.
Zusätzlich können zur Diagnose eines Leistenbruchs weitere Untersuchungen, wie etwa eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden. Mit diesen bildgebenden Verfahren kann der Arzt den Leistenbruch besser beurteilen und andere Krankheiten ausschließen.
Ein Leistenbruch wird in der Regel operativ im Rahmen der Hernienchirurgie behandelt. Eine selbstständige Rückbildung ohne Behandlung ist nicht möglich. Der Eingriff ist notwendig, da der Leistenbruch sich mit der Zeit vergrößert und das Risiko einer Einklemmung von Eingeweideteilen besteht.
Nur bei Risikopatienten, z.B. bei sehr hohem Alter oder gravierenden Begleiterkrankungen, wird man versuchen, konservativ zu beobachten. Von Bruchbändern halten die Ärzte in der Regel wenig.
Leistenbruch operiert mit Netz nach dem Lichtenstein-Verfahren © Prof. Dr. med. Thomas W. Kraus
Die Leistenbruch-Operation erfolgt entweder
- minimal-invasiv mit endoskopischen bzw. laparoskopischen Verfahren oder
- konventionell im Rahmen eines offenen Eingriffs.
Der Operateur verlagert dabei den Bruchinhalt zunächst in den Bauchraum zurück. Danach verschließt er die Bruchpforte in der Bauchdecke.
Die Bruchpforte wird entweder per Naht oder mit einem Netz verschlossen.
Beim Nahtverfahren wird der Leistenbruch mit Nähten versorgt und verstärkt. Viel häufiger wird jedoch ein leichtes Kunststoffnetz eingesetzt.
Schauen Sie sich hier eine von Prof. Dr. med. Thomas W. Kraus minimal-invasiv durchgeführte Leistenbruch-OP mit Netz (Lichtenstein-Verfahren) an.