Welchen Einfluss Wohnort und Bildung auf Übergewicht haben
Ein Forschungsteam um Jessica Kerr des Murdoch Children’s Research Institute in Melbourne hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, nach der 2050 etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen auf der ganzen Welt übergewichtig oder fettleibig sei. In Deutschland könnten demnach 20 bis 23 Prozent der jungen Einwohner betroffen sein.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Entwicklung der vergangenen Jahre ungebremst voranschreitet. Mögliche Gegenmaßnahmen wie aktuelle Fett-weg-Spritzen oder neue Medikamente bleiben dabei unberücksichtigt. Trotzdem eine alarmierende Analyse!
Laut einer Datenerhebung von statista.com sind im Zeitraum 2008 bis 2023 die Adipositasdiagnosen zum Beispiel bei Kindern im Alter zwischen 6 und 10 Jahren in Deutschland um etwa 23,6 Prozent angestiegen. Generell gibt es gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Aber auch innerhalb der verschiedenen Regionen der Flächenländer gibt es unterschiedliche Tendenzen.
Ein Blick auf die Lebensumstände in Mecklenburg-Vorpommern, in dem nach einer Statistik des Robert-Koch-Instituts beinahe 50 Prozent der Bevölkerung als übergewichtig gelten und besonders auch junge Menschen betroffen sind, zeigt repräsentativ mögliche Gründe für Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen.
Ursachen für steigendes Übergewicht und Adipositas bei Kindern
Professor Ralf Schiel von der Medigreif Inselklinik in Heringsdorf sieht im stark verbreiteten Übergewicht bei Kindern in Mecklenburg-Vorpommern ein multifaktorielles Problem.
Zu den Auslösern zählen:
- Der Wohnort: Besonders ländliche Regionen sind davon betroffen, wo die Wege weit und die Infrastruktur schlecht ausgebaut ist.
- Der Bildungsgrad: Familien mit niedrigerem Bildungsniveau sind eher von Fettleibigkeit betroffen.
- Geringes Einkommen: Weniger Sport, mehr Stress, weniger soziale Teilhabe; gesunde, frische Lebensmittel und Vollkornprodukte sind überdies heutzutage oft teurer als Fertig- und Weißmehlprodukte.
- Intensive Mediennutzung: führt zu Bewegungsmangel.
- Wenige Adipositas-Zentren in der Nähe: Keine schnelle Hilfe und kaum Informationsangebote für frühes Gegensteuern.
- Veraltete Ansichten: Teller müssen randvoll sein.
Die genannten Gründe lassen sich auch auf viele weitere Teile Deutschlands übertragen und zeigen, dass vor allem der Wohnort sowie der Bildungszugang bzw. das Einkommen großen Einfluss auf die Lebensweise von Kindern und Jugendlichen haben.
Gegenteilige Fettsucht in China
Im internationalen Vergleich dazu ist beispielsweise in China das umgekehrte Phänomen zu beobachten: Dort steigt der Anteil an adipösen männlichen Jugendlichen ab 14 Jahren in Städten stark an, da dadurch der Wohlstand einer Familie ausgedrückt werden soll. In ländlichen Regionen haben die Menschen nicht die Kapazitäten, beim Lebensmittelkonsum über die Stränge zu schlagen oder teure Fast-Food-Restaurants mit kalorienreichem westlichen Essen zu besuchen. Wohlhabende Städter dagegen schon.
Therapie von Adipositas bei Kindern und Jugendlichen
In Deutschland gibt es viele spezialisierte Zentren, die zielgerichtete Therapien für Kinder mit Adipositas anbieten. Zu den Programmen zählen die drei Bereiche:
- Ernährungsumstellung in Theorie und Praxis
- die Vermittlung von Freude an Bewegung & Sport
- individuelle psychologische Gesichtspunkte
Sozialpädagogen klären die Kinder außerdem über den geeigneten Umgang mit Medien auf. Dass zu hoher Konsum Bewegungsmangel fördert und ebenso Schuld an einer ungünstigen Ernährungsweise ist. Während des exzessiven Medien-Konsums wird nicht bewusst gegessen, sondern nebenbei häufig kalorien- und fetthaltige Lebensmittel wie Chips, Cola & Co. in großen Mengen verspeist.
Ganz entscheidend für die weitere Entwicklung und den Erfolg der Adipositas-Therapie bei Kindern ist die Einbeziehung der Eltern und des Umfelds. Nur wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Behandlung dabei helfen, die Kinder vor den schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen der Fettsucht zu bewahren.
Im Leading Medicine Guide finden Sie weitere Informationen zu Übergewicht bei Kindern sowie ausgewählte Adressen und Fachärzte.
Auch betroffene Erwachsene erhalten hier Hintergrundinformationen und Kontakte, etwa zu Zentren oder Kliniken mit bariatrischem Angebot wie Magenbypass, Magenband und Schlauchmagen.
Quellen
- https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Dickes-MV-Was-Uebergewicht-und-Adipositas-mit-deinem-Wohnort-zu-tun-haben,adipositasmv100.html
- https://www.hessenschau.de/gesellschaft/daten-zeigen-extremes-uebergewicht-in-nordhessen-besonders-haeufig-v1,gesundheit-uebergewicht-100.html#:~:text=Die%20meisten%20Adipositas%2DPatienten%20leben,Anhalt%20(33%2C42).&text=In%20S%C3%BCdhessen%20und%20im%20Rhein,deutlich%20weniger%20schwere%20Adipositas%2DErkrankungen.
- https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1607075/umfrage/anstieg-von-adipositasdiagnosen-unter-kindern-und-jugendlichen-in-deutschland/
- https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/studie-adipositas-jugendliche-100.html
- https://www.telepolis.de/features/Adipositas-Weltweite-Fettleibigkeit-erreicht-bis-2050-dramatische-Ausmasse-10304057.html
- https://www.aerzteblatt.de/archiv/kinder-und-jugendadipositas-das-dicke-kind-prinz-oder-bettelknabe-d1c7ba0f-9667-4c50-9e8d-942cbb513140