Einordnung: Was ist rekonstruktive-Urologie?
Die rekonstruktive Urologie (reconstructive urology) ist ein spezialisiertes Teilgebiet der Urologie und befasst sich mit der Wiederherstellung von Form und Funktion im urogenitalen System. Dazu zählen Harnleiter, Harnröhre, Harnblase und Penis. Eingriffe können sowohl offen chirurgisch als auch minimal-invasiv erfolgen. Ziel ist es, die Funktion zu erhalten oder wiederherzustellen und damit eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität (Quality of Life) zu erreichen. Viele dieser Eingriffe gehören zur hochspezialisierten surgery und erfordern erfahrene Operateur:innen in einer urologischen Klinik.

Die rekonstruktive Urologie beschäftigt sich mit der chirurgischen Behandlung von Erkrankungen der Harnwege © yodiyim | AdobeStock
Rekonstruktive Urologie bei angeborenen Fehlbildungen
Ein wesentlicher Schwerpunkt der rekonstruktiven Urologie liegt in der Behandlung von angeborenen Fehlbildungen. Dazu gehören z. B. Hypospadie, Epispadie, Blasenekstrophie oder andere komplexe Fehlbildungen im Bereich von Blase, Harnröhre und Penis. Diese Erkrankungen können die Harnableitung und das Wasserlassen erheblich beeinträchtigen und unbehandelt zu Infektionen, Vernarbungen oder Nierenschäden führen.
Neben angeborenen Ursachen können auch Voroperationen, Unfälle oder Tumorerkrankungen die Funktion der Harnwege einschränken. In diesen Fällen sind oft aufwendige rekonstruktive Eingriffe nötig, die ein individuelles Therapiekonzept erfordern und interdisziplinär in einer urologischen Klinik geplant werden.
Rekonstruktive Eingriffe & Operationen an den Harnleitern
Die Harnleiter transportieren den Urin von den Nieren in die Blase. Eine Verengung oder Verletzung – auch Harnleiterstrikturen genannt – kann den Abfluss blockieren und den Druck im Nierenbecken erhöhen. Ursachen sind häufig angeborene Fehlbildungen, Vernarbungen nach Operationen, Infektionen oder Verletzungen durch Voroperationen im Bauchraum.
Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt stark von der Lokalisation und Ausdehnung des betroffenen Abschnitts des Harnleiters ab. In der rekonstruktiven Urologie stehen dafür verschiedene Methoden zur Verfügung:
- Endoskopische Dilatation (Aufweitung der Engstelle)
- End-zu-End-Anastomose, bei der zwei gesunde Enden des Harnleiters direkt miteinander verbunden werden
- Ersatz durch körpereigenes Gewebe oder den Einsatz eines Transplantats
- Nierenbeckenplastik bei Engstellen im Bereich des Nierenbeckens
Bei ausgeprägten Schäden kann zusätzlich eine Harnableitung oder die Implantation künstlicher Hilfsmittel notwendig sein. Ziel der Eingriffe ist immer die Wiederherstellung der Harntransportfunktion, die Vermeidung dauerhafter Nierenschäden und eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität.
Rekonstruktive-Urologie an der Harnblase
Die Harnblase spielt eine zentrale Rolle bei der Speicherung und kontrollierten Abgabe des Urins. Erkrankungen wie angeborene Fehlbildungen, Tumoren oder chronische Druckschädigungen können die Blasenfunktion erheblich beeinträchtigen. In manchen Fällen ist es notwendig, die Blase teilweise oder vollständig zu entfernen und durch rekonstruktive Verfahren zu ersetzen.
Die moderne rekonstruktive Urologie bietet hier ein breites Spektrum an chirurgischen Therapien, die in einer spezialisierten urologischen Klinik durchgeführt werden:
- Blasenerhaltende Operationen: Entfernung geschädigter Anteile und Rekonstruktion mit körpereigenem Gewebe.
- Harnblasenersatzoperationen: Bildung einer neuen Blase unter Einsatz von Dünn- oder Dickdarmsegmenten.
- Kontinente Harnableitung: Anlage eines Reservoirs, das eine kontrollierte Entleerung ermöglicht.
- In komplexen Fällen auch die Verwendung von Transplantaten zur Wiederherstellung der Blasenfunktion.
Diese Eingriffe erfordern eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Urologie, Chirurgie und Onkologie. Auch im Rahmen von geschlechtsangleichenden Operationen ist die plastisch-rekonstruktive Behandlung der Harnblase ein wichtiger Bestandteil.
Das Ziel jeder Therapy ist die Wiederherstellung der Speicher- und Entleerungsfunktion, die Vermeidung von Infektionen und die langfristige Verbesserung der Lebensqualität der Patient:innen.
Rekonstruktive Urologie: Harnröhre, Strikturen & Vernarbungen
Die Harnröhre ist ein zentraler Bestandteil des urogenitalen Systems. Verengungen der Harnröhre – sogenannte Harnröhrenstrikturen – gehören zu den häufigsten Gründen für eine Harnröhrenchirurgie. Solche Strikturen entstehen durch angeborene Fehlbildungen, Verletzungen, Infektionen, Vernarbungen nach Voroperationen oder durch Tumorerkrankungen.
Typische Symptome sind ein abgeschwächter Harnstrahl, Schmerzen beim Wasserlassen, wiederkehrende Infektionen und in schweren Fällen ein Rückstau des Urins mit Schädigung der Nieren. Die Wahl der richtigen Therapie hängt dabei stark von der Lokalisation und dem Ausmaß der Verengung ab.
Zur Behandlung bietet die rekonstruktive Urologie verschiedene Methoden, die je nach Befund individuell angepasst werden:
- Endoskopische Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie interna) oder Dilatation als schonende Eingriffe bei kurzen Engstellen
- End-zu-End-Anastomose, bei der zwei gesunde Enden der Harnröhre direkt verbunden werden
- Onlay-Technik mit Mundschleimhaut-Transplantat bei längeren oder komplexen Strikturen
- Komplexe Harnröhrenrekonstruktionen bei ausgeprägten Vernarbungen oder Rezidiven
Internationale Leitlinien sprechen hier von unterschiedlichen Ansätzen in „therapy“ und „treatment“, die sowohl funktionelle Ergebnisse als auch die langfristige Sicherung der Lebensqualität berücksichtigen. Moderne Konzepte setzen auf eine individuelle, patientenorientierte Auswahl der Therapieform, um Folgeeingriffe zu vermeiden und die Harnröhre dauerhaft wiederherzustellen.
Plastisch-rekonstruktive-Urologie am Penis
Die plastisch-rekonstruktive Urologie umfasst auch Eingriffe am Penis, die sowohl bei urologischen Erkrankungen als auch nach Verletzungen notwendig werden können. Besonders häufig ist die Induratio penis plastica (IP), eine Erkrankung, die durch Vernarbungen im Bereich der Schwellkörper entsteht und zu einer Penisverkrümmung führt. Sie kann Schmerzen bei der Erektion verursachen und den Geschlechtsverkehr erheblich beeinträchtigen.
Die Wahl der geeigneten Methode hängt von der Ausprägung, der Lokalisation und den funktionellen Einschränkungen ab. Das Spektrum reicht von konservativen Maßnahmen bis hin zu komplexen chirurgischen Therapien. Typische Verfahren sind:
- Operative Korrektur der Penisverkrümmung durch Verkürzung oder Verlängerung der Schwellkörper
- Implantation einer Penisprothese bei therapieresistenter erektiler Dysfunktion
- Plastisch-rekonstruktive Eingriffe im Rahmen von geschlechtsangleichenden Operationen
Da der Penis funktionell eng mit dem gesamten urogenitalen System verbunden ist, erfordert die operative Planung eine enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen. Moderne Verfahren im Bereich der urologischen Rekonstruktion setzen auf patientenorientierte Ansätze und berücksichtigen sowohl ästhetische als auch funktionelle Aspekte.
Internationale Studien bezeichnen die operative Korrektur der IP und anderer Penisveränderungen als wirksames Treatment, das neben der anatomischen Wiederherstellung auch eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität bewirken kann.
Ein Schwerpunkt moderner rekonstruktiver Eingriffe liegt auf minimal-invasiven und endoskopischen Methoden. Diese Verfahren schonen das Gewebe, verringern den Blutverlust und verkürzen die postoperative Erholungszeit. Beispiele sind:
- Endoskopische Urethrotomie interna
- Laparoskopische und robotisch-assistierte Rekonstruktionen
- Onlay-Techniken mit Transplantaten
- Endoskopisch geführte Implantationen
Gerade bei urethralen Strikturen und Harnleiterengstellen sind diese Methoden besonders erfolgreich und tragen zur Verbesserung der Lebensqualität bei.
Nach einer rekonstruktiven Operation ist eine gezielte postoperative Nachsorge entscheidend. Dazu gehören:
- Diagnostische Nachkontrollen mit Bildgebung und Endoskopie
- Therapieformen wie Beckenbodentraining, Kathetermanagement oder medikamentöse Unterstützung
- Überwachung möglicher Vernarbungen und Strikturen
- Psychologische Betreuung bei Eingriffen mit Einfluss auf das Sexualleben
Das Ziel ist immer die Verbesserung der Lebensqualität, die Wiederherstellung der Funktion und eine dauerhafte Sicherung des Operationsergebnisses.
Die rekonstruktive Urologie wird in spezialisierten Praxen und Kliniken für Urologie durchgeführt. Dort stehen erfahrene Ärztinnen und Ärzte bereit, die das gesamte Spektrum rekonstruktiver Eingriffe abdecken – von der Diagnostik über die operative Therapie bis zur Nachsorge.
Zum Leistungsspektrum zählen unter anderem:
- die Behandlung von angeborenen und komplexen Fehlbildungen,
- die Rekonstruktion der Harnröhre bei Strikturen und Harnröhrenverengungen,
- plastisch-rekonstruktive Eingriffe am Penis und an der Blase,
- moderne minimal-invasive und endoskopische Verfahren,
- sowie geschlechtsangleichende Operationen in Zusammenarbeit mit der plastischen Chirurgie.
Durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit können Patientinnen und Patienten ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept erwarten. Ziel aller Behandlungen ist die Wiederherstellung der Funktion und eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität (Quality of Life).
FAQ: Rekonstruktive Urologie
Was versteht man unter Harnröhrenstrikturen und wie werden sie behandelt?
Harnröhrenstrikturen sind narbige Verengungen der Harnröhre, die das Wasserlassen erschweren und wiederkehrende Infektionen verursachen können. Die rekonstruktive Urologie bietet verschiedene Therapieformen: einfache Verfahren wie die Dilatation oder die endoskopische Harnröhrenschlitzung (Urethrotomie interna), aber auch komplexere Harnröhrenrekonstruktionen. Dabei kann z. B. die Onlay Technik mit Mundschleimhaut-Transplantat eingesetzt werden, um längere Engstellen dauerhaft zu beheben.
Können nach rekonstruktiven Eingriffen Folgeeingriffe notwendig werden?
Ja, in manchen Fällen sind nach einer ersten Operation erneute Eingriffe erforderlich. Dies betrifft vor allem Patienten mit ausgeprägten Harnröhrenstrikturen oder komplexen Fehlbildungen, bei denen eine einmalige Rekonstruktion nicht ausreicht. Solche Folgeeingriffe sind Teil des langfristigen Therapiekonzepts und dienen der Stabilisierung der Ergebnisse sowie der weiteren Verbesserung der Lebensqualität.
Welche Rolle spielen Fisteln in der rekonstruktiven Urologie?
Eine Fistel ist eine unnatürliche Verbindung zwischen Organen, zum Beispiel zwischen Harnröhre und Haut. Sie kann angeboren oder nach Voroperationen, Vernarbungen oder Tumorbehandlungen entstehen. Die rekonstruktive Urologie behandelt Fisteln in der Regel operativ, um die normale Funktion wiederherzustellen und Infektionen vorzubeugen.
Welche minimal-invasiven Therapieformen gibt es?
Die moderne rekonstruktive Urologie setzt zunehmend auf minimal-invasive und endoskopische Verfahren. Dazu gehören die Dilatation, die endoskopische Urethrotomie interna oder der Einsatz von Stents. Diese Therapieformen sind besonders schonend und verkürzen die postoperative Heilungszeit. Bei komplexeren Harnröhrenrekonstruktionen wird jedoch häufig ein offen-chirurgischer Eingriff notwendig.
Wo finde ich spezialisierte Praxen und Kliniken für rekonstruktive Urologie?
Das Leistungsspektrum von Praxen und Kliniken für Urologie ist breit gefächert: Es reicht von der Behandlung angeborener Fehlbildungen über die Rekonstruktion der Harnröhre bis hin zu plastisch-rekonstruktiven Eingriffen am Penis. Spezialisierte Zentren bieten oft das gesamte Spektrum rekonstruktiver Eingriffe an und arbeiten eng mit anderen Fachrichtungen zusammen. So entsteht für Patient:innen ein individuell abgestimmtes Therapiekonzept, das Funktion und Lebensqualität nachhaltig verbessert.