Die Kinderkardiologie ist die Lehre von angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen bei Kindern. Sie ist ein Teilgebiet der Kinderheilkunde, die mit der allgemeinen Kardiologie und der Kinderherzchirurgie verknüpft ist. Daher arbeiten Mediziner der diagnostischen und invasiven Kinderkardiologie und der Kinderherzchirurgie vernetzt zusammen. Durch die Kooperation können sie angeborene Herzfehler bei Kindern oft schon im Mutterleib erkennen und frühzeitig behandeln. Die Kinderkardiologie behandelt angeborene Herzfehler und andere Herzerkrankungen bei Kindern konservativ.
Artikelübersicht
- Kinderkardiologie: Spezialgebiet für Erkrankungen am kindlichen Herzen
- Kardiologie und Kinderkardiologie: unterschiedliche Kompetenzen
- Was bedeutet pädiatrischer Kardiologe?
- So läuft eine Untersuchung beim Kinderkardiologen ab
- Behandlung in der Kinderkardiologie
- Große Fortschritte in der Kinderherzchirurgie
- Ein Herzfehler beim Kind belastet die ganze Familie
Kinderkardiologie - Weitere Informationen
Kinderkardiologie: Spezialgebiet für Erkrankungen am kindlichen Herzen
Die häufigste angeborene Fehlbildung bei Kindern tritt am Herzen auf. Etwa jedes 100. Kind hat einen Herzfehler.
Herzerkrankungen von Kindern unterscheiden sich erheblich von den meist erworbenen Herzerkrankungen im Erwachsenenalter. Daher brauchen Kinder eine besondere medizinische Betreuung durch ausgebildete Kinderkardiologen. Diese arbeiten eng mit Kinderherzchirurgen zusammen. Glücklicherweise sind die Behandlungsmöglichkeiten heute sehr gut.
Angeborene Herzfehler sind die häufigste angeborene Fehlbildung. @ ShunTerra /AdobeStock
Kardiologie und Kinderkardiologie: unterschiedliche Kompetenzen
Nur nach erfolgreicher Weiterbildung darf sich ein Mediziner Kardiologe nennen. Er behandelt nicht nur Herzerkrankungen, er klärt auch über Möglichkeiten der Vorbeugung auf.
Bei angeborenen Herzfehlern und kindlichen Herzerkrankungen spielt die Vorbeugung keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Kinderkardiologen sind für Herzerkrankungen von Kindern zuständig. Sie arbeiten üblicherweise in Herzzentren, die sich auf die Bedürfnisse der kleinen Patienten spezialisiert haben.
Sie tun alles, damit Kinder mit Herzfehlern eine optimale Versorgung erhalten. Niedergelassene Kinderkardiologen bieten ebenfalls eine gute ambulante Versorgung für betroffene Kinder.
Bei der Kinderkardiologie handelt es sich um ein eigenständiges Teilgebiet der Kinderheilkunde @ Peakstock /AdobeStock
Was bedeutet pädiatrischer Kardiologe?
Pädiatrische Kardiologen haben sich auf die Kinderkardiologie als Fachgebiet spezialisiert. Diese Weiterbildung dauert drei Jahre und folgt nach der fünfjährigen Weiterbildung zum Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin.
In der Weiterbildung geht es um Diagnose- und Behandlungsmethoden bei Herzrhythmusstörungen, angeborenen Herzfehlern und anderen Erkrankungen des kindlichen Herzens.
Die häufigsten Krankheiten, die ein pädiatrischer Kardiologe behandelt, sind angeborene Herzfehler wie:
- Ventrikelseptumdefekt (Kammerscheidewanddefekt): Loch zwischen den beiden Herzkammern
- Atriumseptumdefekt (Vorhofseptumdefekt, Vorhofscheidewanddefekt): Loch zwischen den beiden Vorhöfen
- Pulmonalstenose (Herzklappen Engstelle): Verengung der rechten Herzklappe
- Offener Ductus arteriosus (persistierender Ductus Botalli): nicht geschlossene Verbindung zwischen der Lungenarterie und der Aorta
- Vertauschte große Herzschlagader
- Unterentwicklung der linken oder rechten Herzkammer
- Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis)
- Herzrhythmusstörungen
Der Ventrikelseptumdefekt ist der mit Abstand häufigste Herzfehler: Bei etwa 50 Prozent der angeborenen Herz- und Gefäßveränderungen handelt es sich um diesen Herzfehler. Etwa 5 von 1.000 Neugeborenen kommen mit diesem Herzfehler zur Welt.
So läuft eine Untersuchung beim Kinderkardiologen ab
Die gesamte Untersuchung ist schmerzfrei. In einem ausführlichen Gespräch beantwortet der Arzt alle Fragen zur Diagnostik und zum weiteren therapeutischen Vorgehen.
Während der Patientenbefragung (Anamnese) stellt der Arzt dem Kind bzw. den Eltern Fragen zu:
- Beschwerden
- Krankheitszeichen
- Schwangerschaftsverlauf und
- Früheren Befunden
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung achtet der Kinderkardiologe auf allgemeine Hinweise eines Herzfehlers sowie auf andere körperliche Auffälligkeiten.
Dazu gehören:
- Blaufärbung der Haut (Zyanose)
- Gedeihstörung
- vermehrtes Schwitzen
- Trinkschwäche
- Stark beschleunigte Atmung oder sonstige Atmungs-Auffälligkeiten als Zeichen einer Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
- Vorwölbung des Bauches oder des Brustkorbs
- Veränderungen bei den Venen
Besonders wichtig ist das Abhören der Herztöne des Kindes. Auch das Tasten des Pulses, die Blutdruckmessung sowie die Bestimmung der Sauerstoffsättigung des Blutes liefern Hinweise auf eine Herzerkrankung. Das EKG ist Standard bei jeder kinderkardiologischen Untersuchung.
Bei der körperlichen Belastungsuntersuchung (Ergometrie) beurteilt der Arzt die körperliche Leistungsfähigkeit unter Belastung.
Über eine Ultraschalluntersuchung des Herzens beurteilt der Arzt Herz, Gefäße und Blutfluss. In den meisten Fällen erfolgt die Untersuchung von außen durch den Brustkorb.
Diese Untersuchung ist einfach durchzuführen und dauert zwischen 10 und 15 Minuten. Da das Kind hierbei sehr ruhig sein muss, erhalten Säuglinge ein Fläschchen zum Trinken.
Viele Ärzte bieten auch Filme zur Ablenkung an. In manchen Fällen müssen Ärzte den Ultraschallkopf unter Sedierung (Beruhigung) bzw. Narkose in die Speiseröhre einführen.
Die Ultraschalluntersuchung ist nicht schmerzhaft und die Kinder müssen nicht nüchtern sein @ megaflopp /AdobeStock
Je nach Verdachtsdiagnose können weitere Untersuchungen erforderlich sein, wie eine elektrophysiologische Untersuchung bei Verdacht auf Herzrhythmusstörungen.
Ist eine Herzkatheter-Untersuchung bei einem Säugling mit angeborenem Herzfehler erforderlich, findet diese unter OP-Bedingungen und Narkose statt. Mithilfe eines Herzkatheters können auch therapeutische Eingriffe erfolgen.
Weitere bildgebende Untersuchungsverfahren, die bei bestimmten Fragestellungen zum Einsatz kommen, sind:
- Röntgenaufnahmen
- Magnetresonanztomographie (MRT) und
- Computertomographie (CT
Behandlung in der Kinderkardiologie
Eine Klinik für Kinderkardiologie bietet modernste Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten.
Die Behandlung richtet sich nach der Diagnose. So kommt bei angeborenen Fehlbildungen eine andere Behandlung zum Einsatz, als bei erworbenen Herzerkrankungen oder Herzrhythmusstörungen.
Das Spektrum ist vielfältig. Ein Kind kann beispielsweise einen Herzschrittmacher benötigen, den Ärzte direkt unter die Haut implantieren.
Auch größere Operationen am Herzen sind heute Routineeingriffe. Der behandelnde Arzt informiert betroffene Familien im Einzelfall, welche Spezialklinik für sie infrage kommt.
Große Fortschritte in der Kinderherzchirurgie
Im Bereich der operativen Herztherapie hat die Medizin in wenigen Jahrzehnten rasante Fortschritte gemacht. Der Beginn der Herzchirurgie war im Jahr 1896, als Ärzte einen 22-jährigen Patient mit einer Stichwunde am Herz nähten.
Allerdings war es in den 1930er-Jahren noch kaum möglich, einen diagnostizierten Herzfehler adäquat zu behandeln. Nach und nach entwickelten sich die ersten Operationsmethoden in der Kinderherzchirurgie.
Die Blalock-Taussig-Anastomose (benannt nach dem amerikanischen Herzchirurgen Blalock und der Kardiologin Helen Brooke Taussig) erfolgte erstmals 1944. Dies war damals eine Sensation.
Durch eine künstliche Gefäßverbindung ließ sich die Lungendurchblutung verbessern. Die sogenannten Blue Babies hatten zum ersten Mal eine Überlebenschance. Noch heute kommt diese Methode in modernisierter Form bei bestimmten Herzfehlern zum Einsatz.
Ein Herzfehler beim Kind belastet die ganze Familie
Kinder und ihre Eltern erleben die Diagnose Herzfehler als Schock. Auch vor und nach einer Herzoperation sind die betroffenen Familien sehr angespannt und benötigen psychologische Unterstützung.
Deshalb sind in den meisten kinderkardiologischen Kliniken Psychologen angestellt, die den Familien als Ansprechpartner zur Seite stehen. Auch nach dem Eingriff.
Quellen
- Breuer J. (2019) Angeborene Herz- und Gefäßanomalien: Epidemiologie und Ätiologie. In: Hoffmann G., Lentze M., Spranger J., Zepp F., Berner R. (eds) Pädiatrie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg
- Bundesärztekammer (2013) (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 in der Fassung vom 28.06.2013. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/20130628-MWBO_V6.pdf
- Buheitel G. (2019) Herz- und Gefäßkrankheiten bei Kindern und Jugendlichen: allgemeine Symptomatik, Anamnese, klinische und ergänzende Untersuchungen. In: Hoffmann G., Lentze M., Spranger J., Zepp F., Berner R. (eds) Pädiatrie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin
- Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) et al. (2013) Ventrikelseptumdefekt im Kindes- und Jugendalter. S2k Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 023-012. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/023-012l_S2k_Ventrikelseptumdefekt_Kinder_Jugendliche_2014-06.pdf
- Leitz K.H. (2010) Geschichte der Herzchirurgie in Deutschland. In: Herzchirurgie. Springer, Berlin
- Paul T. (2019) Herzrhythmusstörungen bei Kindern und Jugendlichen. In: Hoffmann G., Lentze M., Spranger J., Zepp F., Berner R. (eds) Pädiatrie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin