Parastomale Hernie: Informationen & Spezialisten

14.10.2021
Prof. Dr. med. Ferdinand Köckerling
Medizinischer Fachautor
Eine parastomale Hernie ist eine Hernie (Bruch), die neben einem Stoma (künstlicher Darmausgang) lokalisiert ist. Der Bruchsack quillt dann neben dem künstlichen Ausgang nach außen. Aufgrund der Größe der Bruchpforte kann die daraus resultierende parastomale Hernie sowohl Anteile des großen Bauchnetzes, als auch des Darms enthalten. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Spezialisten und Zentren für parastomale Hernien.
ICD-Codes für diese Krankheit: K43.3, K43.4, k43.5

Empfohlene Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist eine parastomale Hernie? Eine Hernie (Bruch), die sich neben einem künstlichen Darmausgang (Stoma) entwickelt. Der Bruchsack schiebt sich neben dem Stoma nach außen. Die Erkrankung tritt bei Patienten mit Stoma sehr häufig auf.
  • Symptome: Vorwölbung neben dem künstlichen Darmausgang, besonders bei Husten oder Bauchpresse. Sind Darmteile eingeklemmt, kann es zu Durchblutungsstörungen und Schmerzen kommen.
  • Ursachen: Wachsen nach der Stoma-OP das Gewebe und die Narbe der Stomaöffnung nicht ausreichend zusammen, kann sich die Hernie entwickeln. 
  • Risikofaktoren: Schlechter Allgemeinzustand des Patienten, Diabetes, Übergewicht, Bindegewebsschwäche und weitere Erkrankungen, eine Steroidtherapie und weitere.
  • Diagnose: Meistens handelt es sich um eine Blickdiagnose. Zur Sicherung erfolgen noch bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder CT.
  • Behandlung: Große parastomale Hernien erfordern eine OP. Dabei kommt in der Regel ein Kunststoffnetz zum Einsatz, das die Bruchpforte verstärkt.
  • Prognose: Die Wahrscheinlichkeit, nach einer therapierten parastomalen Hernie erneut daran zu erkranken, ist relativ hoch. Vorbeugung ist nicht möglich.

Artikelübersicht

Definition einer parastomalen Hernie

Ein Stoma ist eine künstliche Öffnung im Körper, die dauerhaft oder temprär operativ angelegt ist, um Körperfunktionen erhalten zu können. Ein Stoma stellt also eine künstlich hergestellte Öffnung eines Hohlorgans zur Körperoberfläche dar. Ein künstlicher Darmausgang wird daher als Stoma bezeichnet.

Die parastomale Hernie betrifft ganz besonders häufig das sogenannte Enterostoma, also den künstlichen Darmausgang. Dieser ist besonders anfällig für Narbenbrüche, da er von kräftigen Strukturen ausgeht, die zusätzlich großen Belastungen ausgesetzt sind. Auf das Stoma wirken die innere Bauchpresse (beispielsweise beim Stuhlgang) und die Bauchdecke ein..

Bei einer parastomalen Hernie kommt es zu einem Vorfall unterhalb der Haut der sogenannten Stomaschlinge des Darms. Gegebenenfalls kann ein zusätzlicher Vorfall von weiteren Darmanteilen oder Anteilen des sogenannten Omentum majus in das subkutane Fettgewebe auftreten. Die parastomale Hernie wird als eine Sonderform der Narbenhernie angesehen.

Man geht derzeit davon aus, dass bis zu 50 bis 80 Prozent der Patienten mit einem künstlichen Darmausgang auch eine parastomale Hernie bekommen. Dementsprechend stellt die Narbenhernie eine häufige Komplikation nach der Bauchchirurgie dar.

parastomale Hernie

Symptome einer parastomalen Hernie

Die Symptome der parastomalen Hernie zeigen sich als Defekte der Bauchwand und eine Vorwölbung neben dem künstlichen Darmausgang. Bei Erhöhung des Drucks innerhalb des Bauchraums tritt die Ausbeulung durch den Bruchsack deutlich hervor. Das ist zum Beispiel beim Husten oder der Bauchpresse der Fall.

Dennoch können die Symptome sehr unterschiedlich sein und dabei von völliger Beschwerdefreiheit bis zu Bewegungseinschränkungen und Schmerzen reichen.

Diese entstehen insbesondere bei Durchblutungsstörungen, wenn in der Bruchpforte Darmteile eingeklemmt sind. Der vollständige Verschluss des Darms kann lebensbedrohlich sein. Eine sofortige Operation ist dann erforderlich, um die Schmerzen zu beheben und die Durchblutung des Darms wiederherzustellen.

Hernie mit Darmanteilen im Bruchsack
Darstellung einer Hernie mit eingeklemmten Darmanteilen © blueringmedia | AdobeStock

Ursachen und Risikofaktoren

Die parastomale Hernie entsteht hauptsächlich nach einem chirurgischen Eingriff. Das Gewebe und die Narbe der Stomaöffnung sind dann noch nicht ausreichend zusammengewachsen und gefestigt.

Die parastomale Hernie wird durch

  • eine generelle Wundheilungsstörung,
  • Wundinfektionen und
  • Blutungen

begünstigt.

  • Bestimmte Medikamente, wie zum Beispiel Cortison,
  • Störungen im Kollagenstoffwechsel und
  • langjähriges Rauchen

begünstigen allgemein Komplikationen nach einem künstlichen Darmausgang.

Zu den allgemeinen Risikofaktoren, die zur Entstehung einer parastomalen Hernie führen, gehören zum Beispiel

  • das Lebensalter des Patienten,
  • Adipositas oder Übergewicht,
  • Bindegewebsschwäche,
  • chirurgische Eingriffe am Bauch,
  • verheilte Infektionen von Wunden oder
  • eine Steroidtherapie, die beispielsweise gegen COPD eingesetzt wird.

Alle Faktoren schwächen das Gewebe. Dadurch ist es möglich, dass eine Narbe nach einem chirurgischen Eingriff nicht richtig verheilt und das Stoma nicht richtig in der Bauchwand gesichert ist.

Bei den Ursachen für parastomale Hernien wird auch heute noch ein technischer Fehler des Chirurgen angenommen. Doch die Entstehung der parastomalen Hernie zeigt, dass die Operationstechnik als Ursache der parastomalen Hernie keine Rolle spielt. Dies konnte auch in klinischen Studien belegt werden.

Bei der Neuanlage eines Stomas tritt in den meisten Fällen auch eine erneute Hernie auf. Das belegt, dass die OP-Technik bei der Entstehung der parastomalen Hernie keine Bedeutung zu haben scheint.

Untersuchung und Diagnose einer parastomalen Hernie

Die parastomale Hernie kann in den meisten Fällen bereits durch eine klinische Untersuchung von außen festgestellt werden. Bei einem gründlichen Abtasten kann gegebenenfalls der Brucksackinhalt ertastet werden.

Doch um eine sichere und genau Diagnose stellen zu können, sollten bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder MRT folgen. Dadurch kann auch die Rate nachgewiesener kleiner Hernien erhöht werden.

Ultraschalluntersuchung des Bauches
Eine Ultraschall-Untersuchung hilft dabei, eine parastomale Hernie zu diagnostizieren © Alexander Raths | AdobeStock

Behandlung einer parastomalen Hernie

Insbesondere große parastomale Hernien erfordern eine Operation. In diesen Fällen sind die Bruchpforte und der Bruchsack entsprechend groß und können auch entsprechend viel Darmanteil enthalten. Die Operation soll

  • den vorgefallenen Bauchinhalt wieder zurückverlagern,
  • die Narbe verschließen und
  • vor einem erneuten Bruch schützen.

Ein sehr großer Bruchsack erschwert häufig die OP-Bedingungen. Dabei muss die anatomische Funktion der Bauchdecke wiederhergestellt werden. Das ist schwierig, da der künstliche Ausgang die Stützfunktion der Bauchdecke unterbricht und eine Schwachstelle darstellt.

Bei der Versorgung von parastomalen Hernien hat sich der Einsatz von einem Kunststoffnetz zur Verstärkung der Bruchpforte bewährt. Dadurch kann die Rückfallrate (Rezidiv) am zuverlässigsten gesenkt werden. Dabei gibt es verschiedene Netzmaterialien, die für die unterschiedlichen chirurgischen Verfahren eingesetzt werden.

Bei offenen OPs werden leichte Netze aus Polypropylen eingesetzt, die große Maschen haben. Diese haben direkten Kontakt mit Schlingen des Darms. Sie sind sehr fest und können dadurch zu Reizungen und Fisteln führen.

Daneben müssen sich die Netze beim Einsatz durch laparoskopische Techniken als flexibler und feinmaschiger darstellen.

Hernientherapie mit Netzeinsatz
Der Einsatz eines Netzes verstärkt die Bauchwand © gritsalak | AdobeStock

Jedes Netz weist unterschiedliche Eigenschaften aus, die sich im Körper unterschiedlich verhalten. Entsprechend muss bei jeder OP-Technik einer parastomalen Hernie das Netz passend ausgesucht werden.

Insbesondere die hohen Rezidivraten sind der Grund, warum die sogenannte Fasziennaht bei einer parastomalen Hernie nicht mehr zum Einsatz kommt. Auch eine Neuanlage des Stomas an einer anderen Stelle wird nicht mehr bevorzugt, da dann mit einer neuen parastomalen Hernie zu rechnen ist. Denn die Grundvoraussetzungen des Gewebes und des Patienten sind unverändert.

Prävention und Prognose einer parastomalen Hernie

Grundsätzlich ist die Wahrscheinlichkeit, auch nach Behebung der parastomalen Hernie eine neue zu bekommen, sehr hoch. Bei offenen Eingriffen geht man von einer Rückfallrate bis zu 50 Prozent aus. Das OP-Feld ist einer großen Infektionsgefahr ausgesetzt. Dieses Risiko ist bei minimal-invasiven Eingriffen geringer, doch diese Verfahren weisen aber auch nicht immer optimale Ergebnisse auf.

Allgemein kann der Patient selbst einer parastomalen Hernie nicht vorbeugen, insbesondere, da sie aufgrund eines notwendigen chirurgischen Eingriffs entsteht.

Wenn ein Patient ein hohes Risiko für das Auftreten einer parastomalen Hernie hat, kann ihm ein Kunststoffnetz zur Vorsorge und Sicherung der Bauchwand chirurgisch eingesetzt werden. Auf diese Weise wird die Bauchwand des Patienten verstärkt. Die neue Schwachstelle der Bauchwand, die durch Anlage des künstlichen Darmausgangs entstanden ist, wird bestmöglich umgangen. 

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