Gebärmuttersenkung: Informationen & Spezialisten

20.01.2023
Prof. Dr. med. Amadeus Hornemann, MPH
Medizinischer Fachlektor
Dr. med.  Annette  Maleika
Medizinische Fachautorin

Die Gebärmutter wird von Bändern und Sehnen in ihrer Position oberhalb der Scheide gehalten. Auch die Beckenbodenmuskulatur trägt dazu bei. Durch natürliche Alterungsprozesse, aber auch Geburten, kann die Spannkraft des Halteapparats nachlassen. Dann kann sich die Gebärmutter schwerkraftbedingt nach unten verlagern. Diesen Vorgang bezeichnet man als Gebärmuttersenkung bzw. medizinisch Deszensus uteri.

Nachfolgend finden Sie weitere Informationen sowie ausgewählte Spezialisten für Gebärmuttersenkungen.

ICD-Codes für diese Krankheit: N81.2, N81.3, N81.4

Empfohlene Spezialisten für Gebärmuttersenkungen

Kurzübersicht:

  • Was ist eine Gebärmuttersenkung? Wenn sich die Gebärmutter im Bauchraum nach unten verlagert, spricht man von einer Gebärmuttersenkung. 50 % der Frauen sind im Laufe ihres Lebens davon betroffen.
  • Ursachen: Es liegt meist eine Schwäche des Bindegewebes vor. Auch die Beckenbodenmuskulatur ist verantwortlich. Risikofaktoren sind unter anderem die Geburt schwerer Babys, das regelmäßige Heben schwerer Lasten und Übergewicht.
  • Symptome: Nicht immer treten Beschwerden auf. Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, im Unterbauch oder unteren Rücken, ein Fremdkörpergefühl in der Scheide, Harninkontinenz und Harnwegsinfektionen gehören zu den Symptomen.
  • Diagnose: Ein Arzt kann eine Gebärmuttersenkung bei der gynäkologischen Untersuchung feststellen. Weitere Untersuchungen können die genauen Ursachen ausfindig machen.
  • Behandlung: Es kann zunächst konservativ oder später operativ behandelt werden. Die Entscheidung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Konservative Therapien umfassen etwa Beckenbodentraining und den Einsatz von Fremdkörpern in der Scheide (sogenannten „Pessaren“). Da eine konservative Therapie meist nicht ausreichend ist, stehen mehrere operative Therapien zur Verfügung.
  • Vorbeugung: Durch Beckenbodentraining, den Abbau von Übergewicht und schonende Tragetechniken kann vorgebeugt werden.

Artikelübersicht

Lage der Gebärmutter

Die Gebärmutter (Uterus) ist an Bändern (Ligg. Rotunda, Ligg. Cardinalia) elastisch an der Beckenwand befestigt. Von unten wird sie durch die Ligg. Sacrouterinae und den Beckenboden abgestützt. Der Beckenboden besteht aus mehreren Lagen von Muskeln und Bindegewebe. Sie sind wie eine Art „Hängematte“ an den Knochen des Beckens fixiert.

Durch eine natürliche Öffnung im Beckenboden verlaufen Harnröhre, Scheide und Enddarm. Durch diese Lücke kann sich auch die Gebärmutter absenken, wenn sie nicht mehr richtig gehalten wird.

Gebärmuttersenkung
Darstellung der absinkenden Gebärmutter und der umgebenden Organe © Henrie / Fotolia

Ursachen und Risikofaktoren für eine Gebärmuttersenkung

Der Grund für eine Gebärmuttersenkung ist meistens eine Schwächung der Beckenbodenstrukturen. Dafür kann es verschiedene Ursachen geben. Insbesondere beim Zusammentreffen mehrerer Risikofaktoren kommt es zum Absenken der Gebärmutter. Risikofaktoren sind beispielsweise:

  • Alter: Nach den Wechseljahren lässt die Elastizität des Gewebes nach. Die Muskulatur wird abgebaut, die Gewebedurchblutung lässt nach.
  • Bindegewebsschwäche: Eine Bindegewebsschwäche ist meist erblich bzw. genetisch bedingt. Weitere Anzeichen dafür sind KrampfadernHämorrhoiden oder ausgeprägte Dehnungsstreifen.
  • Schwangerschaften und Geburten: Bereits in der Schwangerschaft verändert sich die Festigkeit des Beckenbodens - das Gewebe wird weicher. Die vaginale Geburt dehnt den Beckenboden sehr stark und es kann zu Muskeleinrissen oder Abrissen der sehnigen Muskelansätze an der Beckenwand kommen. Kommen weitere Faktoren hinzu, wie Geburten mit Saugglocke oder Zange, sehr schwere Kinder oder rasch aufeinander folgende Geburten, kann dies zu einer bleibenden Überdehnung des Beckenbodens führen.
  • Übergewicht: Jedes Kilo lastet bei Übergewicht auf dem Beckenboden und führt zu einer ständigen Überlastung.
  • Heben und Tragen „schwerer“ Gegenstände fördert ebenfalls die Senkung der weiblichen Genitalorgane.

Symptome einer Gebärmuttersenkung

Typisches Symptom einer Gebärmuttersenkung ist ein „Druckgefühl“ nach unten. Auch ein Fremdkörpergefühl in der Scheide tritt häufig bei einer Gebärmuttersenkung auf. Einige Frauen leiden unter ziehenden Unterbauchschmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken nach körperlicher Belastung.

Diese Symptome werden durch den Zug der Gebärmutter an den Bändern hervorgerufen, an denen sie aufgehängt ist. Die Beschwerden sind üblicherweise morgens geringer und nehmen im Laufe eines Tages zu.

Wenn eine Überdehnung des Beckenbodens vorliegt, ist oft auch die Harnröhre nicht mehr fest im Gewebe fixiert. Bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen kommt es zu unwillkürlichem Harnverlust bei körperlicher Aktivität (Belastungsinkontinenz). Aber auch Blasenentleerungsstörungen mit unvollständiger Blasenentleerung können vorkommen. Der in der Blase verbleibende Urin (Restharn) begünstigt die Entstehung von Blasenentzündungen.

In schweren Fällen stülpt sich der Enddarm in die Scheide hinein. Dann kann es zu Schwierigkeiten bei der Stuhlentleerung kommen.

Wenn die Scheidenschleimhaut bzw. der Gebärmutterhals nach unten kommt, kann dies zu Druckgeschwüren an der Haut führen. Diese verursachen manchmal Blutungen oder eine Besiedelung der Schleimhaut mit Bakterien und Pilzen. Das wiederum kann zu Ausfluss und Geruchsbildung führen.

Medizinisch unterscheidet man bei einer Gebärmuttersenkung vier Schweregrade:

  • Grad I: Gebärmuttersenkung, die unter das obere Scheidendrittel, jedoch nicht bis zum Scheideneingang (Introitus) reicht.
  • Grad II: Gebärmuttersenkung reicht bis zum Scheideneingang.
  • Grad III: Gebärmuttersenkung über den Scheideneingang hinaus (Gebärmuttervorfall).
  • Grad IV: Totalprolaps (die Gebärmutter stülpt sich durch die Scheide nach außen und zieht die Scheidenwand mit nach unten)

Diagnose einer Gebärmuttersenkung

Gehen Sie unbedingt zum Frauenarzt, wenn die beschriebenen Symptome bei Ihnen auftreten.

Zur Basisdiagnostik gehört eine gynäkologische Spekulum- und Tastuntersuchung. Dabei kann der Arzt die Lage der Genitalorgane in Ruhe und beim Pressen beurteilen. Ergänzend kontrolliert er die Funktion des Schließmuskels (Sphincter ani) beim Zusammenkneifen.

Mittels Hustentest bei voller Blase kann der Arzt eine Lockerung der Harnröhre mit Belastungsinkontinenz klinisch bestätigen.

Weitere Untersuchungsmöglichkeiten:

  • Darüber hinaus sollte auch eine Restharnbestimmung per Ultraschall sowie eine Sonografie von Blase und Nieren erfolgen.
  • Eine Röntgenuntersuchung der Blase ist nicht notwendig, da sie im Vergleich zum Ultraschall keine weiteren Hinweise in Bezug auf die Blasensenkung gibt.
  • Eine Defäkografie (Darstellung der Darmentleerung im MRT) kann Hinweise auf komplexe höher gelegene Lage- bzw. Funktionsanomalien des Enddarms geben.

Konservative Therapie einer Gebärmuttersenkung

Nicht jede Gebärmuttersenkung führt auch zu Symptomen bei den betroffenen Frauen. Treten aber Beschwerden auf, sollte die Gebärmuttersenkung behandelt werden.

Grundsätzlich sieht die Therapie zunächst konservative, nicht-operative Maßnahmen vor. Erst wenn diese keine Verbesserung bringen, kann eine Operation notwendig sein.

Zu diesen Maßnahmen gehören etwa:

  • Hormonzäpfchen oder Cremes („Lokale Östrogenisierung“): Östrogenmangel im Urogenitaltrakt führt bei Frauen nach den Wechseljahren zu einer reduzierten Ernährung des Gewebes. Das resultiert in einem rascheren Abbau der sogenannten Haltestrukturen. Deshalb ist eine Therapie mit östrogenhaltigen Salben oder Zäpfchen, die über die Scheide appliziert werden, oft hilfreich bei leichten Senkungs- und/oder Inkontinenzbeschwerden.
  • Beckenbodengymnastik
  • Biofeedback- und Elektrostimulationsbehandlung: Diese Hilfsmittel erleichtern die Übungen des Beckenbodens. Sie geben während der Muskelbetätigung ein Feedback ab bzw. stimulieren die Muskulatur über Impulse selbst.
  • Pessare: Pessare sind schalen-, ring- oder würfelförmig und bestehen aus Hartgummi oder Silikon. Sie werden in die Scheide eingeführt und haben die Aufgabe, die Scheide auszudehnen und zu spannen. Dadurch wird die Gebärmutter abgestützt. Allerdings halten Pessare nicht bei jeder Form der Gebärmuttersenkung und können Druckstellen (Ulcera) und Infektionen hervorrufen.
Beckenbodentraining
Beckenbodentraining stärkt die Beckenbodenmuskulatur und kann bei Gebärmutterabsenkung oder deren Prävention helfen © Iryna | AdobeStock

Operative Behandlung einer Gebärmuttersenkung

Wenn sich die Beschwerden durch die konservativen Maßnahmen nicht bessern, ist eine Operation notwendig. Die Wahl des Operationsverfahrens ist von mehreren Faktoren abhängig:

  • Schweregrad der Gebärmuttersenkung
  • Eventuell zusätzlich bestehende Erkrankungen (z. B. Inkontinenz)
  • Wünsche der Patientin in Hinblick auf Erhalt der Gebärmutter und Erhalt der Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr

Operiert werden kann von der Scheide aus, über einen Bauchschnitt oder mit einer Bauchspiegelung. Folgende operative Maßnahmen sind möglich:

Gebärmutterentfernung (Hysterektomie): Entfernung der gesenkten Gebärmutter durch die Scheide (vaginal), per Bauchspiegelung oder Bauchschnitt.

Fixation des Scheidenendes: Das Ende der Scheide kann an Bindegewebe (Haltebänder) im Bereich der entfernten Gebärmutter oder an ein Band vor der Wirbelsäule (Ligamentum longitudinale) befestigt werden.

Verwendet werden dafür üblicherweise Kunststoffnetze. Da es damit aber immer wieder Komplikationen gab, wird seit neuestem auch Sehnengewebe aus dem Oberschenkel verwendet.

Verengung der Scheide (Scheidenplastik): Straffung der gesenkten Scheidenwand vorne und hinten. Da die Scheide allerdings sehr dehnbar ist, ist der Erfolg meistens nur von kurzer Dauer. In fast 30 Prozent der Fälle kommt es spätestens nach 5 Jahren zu einer erneuten Senkung.

Einlage eines Kunststoffnetzes unter die Scheidenhaut (Mesh-Einlage): Diese Methode bewirkt eine stabilere Scheidenkorrektur. Zum Einsatz kommt ein Kunststoffnetz, das die Scheidenwände verstärkt. Gleichzeitig fixiert der Chirurg das Scheidenende an den Ligg. Sacrospinalia bzw. sacrotuberalia.

Allerdings können nach der Operation Schmerzen auftreten. Unter Umständen kann das Kunststoffnetz durch die Scheidenwand treten. Da die Scheide in das Netz einwächst, ist eine vollständige Entfernung des Netzes dann nicht mehr möglich. Entsprechend sollte ein solches Netz nur in Ausnahmefällen angewendet werden (beispielsweise, wenn andere Verfahren nicht erfolgreich waren). In einigen Ländern wie den USA ist die Verwendung von Kunststoffnetzen inzwischen verboten.

Korrektur einer Belastungsinkontinenz: Nach einer Senkungsoperation kann sich auch eine bestehende Inkontinenz bessern. Bleibt die Inkontinenz allerdings nach der Operation bestehen, kann sie in einer weiteren Operation behoben werden.

Prävention einer Gebärmuttersenkung

Der Beckenboden verliert im Verlauf des Lebens an Stabilität. Die beste Prävention ist, den Beckenboden nicht zu überlasten und ihn regelmäßig zu trainieren (Beckenbodentraining).

Eine Senkung des Beckenbodens kann auch nach operativer Korrektur wieder auftreten. Deshalb sollten betroffene Frauen auch nach einer Operation an Prävention denken.

Bei Frauen, die bei der Geburt ihres ersten Kindes über 35 Jahre alt sind, empfiehlt sich ggf. ein geplanter Kaiserschnitt. Das schont das Beckenbodengewebe.

Nach einer Geburt ist es wichtig, Geburtsverletzungen und besonders Verletzungen des Schließmuskels (Musculus sphincter ani) zu versorgen. Wochenbettgymnastik und Rückbildungsgymnastik führen zur Kräftigung der Körpermitte. Im Idealfall werden diese Übungen nach Geburten auch weiterhin regelmäßig durchgeführt.

Präventiv sollte auf Normalgewicht und vernünftige sportliche Betätigung geachtet werden. Sportarten, die für die Kräftigung des Beckenbodens sinnvoll sind, sind

  • Wandern
  • Walken
  • Schwimmen
  • Reiten
  • Tanzen

Weniger günstig sind Sportarten mit abrupten Bewegungen wie

  • Tennis
  • Trampolinspringen

Quellen

  • Tsikouras P, Dafopoulos A, Vrachnis N, Iliodromiti Z, Bouchlariotou S, Pinidis P, Tsagias N, Liberis V, Galazios G, Von Tempelhoff GF. Uterine prolapse in pregnancy: risk factors, complications and management. J Matern Fetal Neonatal Med. 2014 Feb;27(3):297-302. doi: 10.3109/14767058.2013.807235. Epub 2013 Jul 9. PMID: 23692627.
  • Abdool Z, Dietz HP, Lindeque BG. Prolapse symptoms are associated with abnormal functional anatomy of the pelvic floor. Int Urogynecol J. 2017 Sep;28(9):1387-1391. doi: 10.1007/s00192-017-3280-0. Epub 2017 Feb 2. PMID: 28154915.
  • https://www.dggg.de/fileadmin/documents/leitlinien/archiviert/federfuehrend/015006_Descensus_der_Frau/015006_2010.pdf
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