Der Musculus rectus abdominis ist ein gerader Bauchmuskel, der am Brustkorb beginnt und sich zum Becken nach unten zieht. Zwischen den beiden geraden Bauchmuskeln verläuft die Linea alba. Sie besteht aus Bindegewebe. Die Rektusmuskeln sind normalerweise in der Mittellinie verschmolzen und nicht mehr als einen bis zwei Zentimeter voneinander entfernt.
Bei der Rektusdiastase jedoch besteht eine Lücke zwischen den Muskeln, ohne dass ein Fasziendefekt vorliegt. Von einer Rektusdiastase spricht man, wenn die Lücke zwischen den Muskeln mehr als zwei Zentimeter breit ist.
Die Linea alba verbreitert sich und die beiden Bahnen des Bauchmuskels weichen auseinander. Dadurch kann sich der Bauchinhalt vorwölben.
Weichen die geraden Bauchmuskeln an der Linea Alba auseinander, spricht man von einer Rektusdiastase © bilderzwerg | AdobeStock
Bemerken Frauen kurz nach der Geburt eine sichtbare Ausbuchtung oder Kante an ihrer Bauch-Mittellinie, können sie von einer Rektusdiastase betroffen sein. Beim Liegen auf dem Rücken wird dieser Bereich zwischen den Muskeln um den Bauchnabel herum zurücktreten.
Betroffene leiden nicht immer unter schmerzhaften Symptomen. Ist die Rektusdiastase jedoch ausgeprägt, treten unangenehme Begleiterscheinungen auf. Zu den Anzeichen und Symptomen, die auf eine Rektusdiastase hindeuten können, gehören:
Die Erkrankung tritt besonders häufig während der Schwangerschaft auf. Hier weichen die Bauchmuskeln oft auseinander, um dem wachsenden Baby Platz zu bieten. Bis zu 60 Prozent der Frauen während der Schwangerschaft oder nach der Geburt sind von einer Rektusdiastase betroffen.
Am häufigsten spielen bei der Entstehung einer Rektusdiastase die folgenden Faktoren eine wichtige Rolle:
- Alter der Schwangeren jenseits der 35
- zierliche Schwangere, die ein Kind mit hohem Gewicht austragen
- Schwangerschaft mit Mehrlingen
- Übertriebene Bauchmuskelübungen nach dem zweiten Schwangerschaftsdrittel
Auch Männer können von einer Rektusdiastase und deren Folgen betroffen sein, wobei hier insbesondere eine relevante Gewichtszunahme ursächlich ist. Umgekehrt kann ein starker Gewichtsverlust innerhalb kurzer Zeit eine Rektusdiastase auslösen.
Weitere Ursachen sind:
- falsches Heben schwerer Gewichte oder
- übermäßige oder unsichere Bauchmuskelübungen.
Die Hebamme oder der behandelnde Arzt kann eine Rektusdiastase durch Abtasten der Bauchdecke diagnostizieren. Dafür begibt sich der in Rückenlage und spannt die Bauchdecke an. Oberhalb des Nabels kann der Arzt den Spalt in der Bauchwand zwischen den angespannten Bauchmuskeln durch Tasten erfühlen.
Ergänzend sollte, gemäß den aktuellen Leitlinien, auch immer eine Ultraschalluntersuchung erfolgen. Damit lassen sich
- die genaue Weite der Diastase,
- ihre Einteilung in die 3 Grade und
- mögliche Brüche / Hernien innerhalb der Rektusdiastase
erfassen. Wenn die Betroffenen starkes Übergewicht aufweisen, ist eine Ultraschalluntersuchung unter Umständen nicht aussagekräftig genug. Dann sind zusätzliche Verfahren wie Computertomographie oder Magnetresonanztomographie notwendig, um die Diagnose zu sichern.
Eine unbehandelte Rektusdiastase schwächt im Laufe der Zeit den Körper. Sie führt zu chronischen Schmerzen im unteren Rücken und eingeschränkter Mobilität. Auf eine Schwäche der vorderen Bauchwand kann auch der Beckenboden geschwächt werden. Das wiederum kann eine zunehmende Harninkontinenz (Blasenschwäche) oder eine Enddarmschwäche mit einem Vorfall nach sich ziehen.
Darüber hinaus können im Bereich der geschwächten Mittellinie zwischen den Muskeln Bauchwandbrüche (Hernien) auftreten. Häufig treten etwa Nabelbrüche auf. Bei einem Bauchwandbruch ist immer eine Operation erforderlich. Von allein bildet er sich nicht zurück und es besteht die Gefahr einer Darmeinklemmung.
Je nach Schweregrad der Erkrankungen kommen konservative sowie operative Behandlungsmöglichkeiten in Betracht.
Konservativer Behandlungsansatz
Bei manchen Menschen sind die Bauchmuskeln nur teilweise auseinandergedriftet. In diesen leichten Fällen kann sich die Bauchmuskulatur stärken und nach ein paar Monaten von selbst heilen. Bei Frauen nach der Entbildung hilft dabei oft ein sanftes postnatales Training.
In manchen Fällen empfiehlt der Arzt das Tragen einer stützenden Binde oder eines Bauchbands. Damit können Sie die Bauchmuskeln während der Heilung zusätzlich unterstützen.
Ein Physiotherapieprogramm stärkt ebenfalls die umliegenden Muskeln. Geeignet sind Übungen zum Stärken der inneren Bauchmuskeln und solche, die gezielt den Beckenboden trainieren.
Patienten dürfen während der Heilung keine schweren Gegenstände heben.
Minimal-invasive Operation
In den meisten Fällen empfehlen Ärzte zunächst nicht-operative Behandlungsmöglichkeiten. Wenn
- symptomatische Bauchwandbrüche vorliegen,
- sich die Bauchmuskeln vollständig gelöst haben oder
- die Betroffenen immer noch mit Schmerzen zu kämpfen haben,
ist ein minimal-invasiver Eingriff in Betracht zu ziehen.
Das Ziel des Eingriffs ist die Wiederherstellung der getrennten Muskeln. Es gibt verschiedene Zugangsmethoden:
- durch einen kleinen Schnitt im Bereich des Nabels,
- mit kleinen Stichen im Bereich des linken Bauches
- oder im Unterbauch mit oder ohne Assistenz durch einen Roboter (Da Vinci).
Ziel ist es,
- die Muskulatur wieder in der Mittellinie anzunähern,
- die Bauchwand gegebenenfalls mit einem Netz zu verstärken und
- mögliche Bauchwandbrüche sicher und stabil zu versorgen.
Minimal-invasive Verfahren bieten mehrere Vorteile gegenüber der herkömmlichen offenen Operation, darunter
- eine kürzere Erholungszeit,
- kleinere Narben und
- ein geringeres Infektionsrisiko.
Offene Operationsverfahren gegebenenfalls inklusive Bauchdeckenstraffung, Abdominoplastik
Unter Umständen kann es sinnvoll sein, eine Rektusdiastase offen durch einen größeren Schnitt zu operieren. Das wird bei
- sehr großen Befunden,
- großen Brüchen oder
- einer zerstörten Haut- und Unterhautschicht
in Erwägung gezogen.
Der Schnitt erfolgt dann
- in der Mittellinie (vom Brustbein bis zum Becken hin) oder
- ähnlich wie bei einem Kaiserschnitt im gesamten Unterbauch (Bikini-Zone).
Auch bei diesem Eingriff werden die Muskeln angenähert. Sie kommen dann direkt nebeneinander in der Mittellinie zu liegen.
Bauchwandbrüche werden stabil versorgt. In der Regel kommt ein Kunststoffnetz zum Einsatz. Dieses kann unter Umständen auch auflösbar sein.
Bei massiver überschüssiger Haut und zu viel Unterhautgewebe und Fettgewebe kann zudem eine Bauchdeckenstraffung sinnvoll sein. Das ermöglicht ein gutes kosmetisches Ergebnis nach der OP.
Hierbei wird häufig gemeinsam von Hernienchirurgen und plastischen Chirurgen operiert.
Bei Verdacht auf eine Rektusdiastase wenden sich die Patienten an einen Allgemeinmediziner oder einen Gynäkologen. Auch spezialisierte Hernienchirurgen gehören zu den Medizinern, die eine Diagnose stellen und eine entsprechende Therapie planen können.
Lässt sich die Rektusdiastase auf starkes Übergewicht zurückführen, ist es sinnvoll, einen Diätologen hinzuzuziehen. Ziel dabei ist es, mit der Umstellung der Ernährung das Gewicht zu reduzieren. Gezielte Übungen sollen den Oberkörper sowie die Bauchmuskulatur trainieren.
Eine Rektusdiastase ist in vielen Fällen ein kosmetisches Problem, das keine Symptome verursacht. Dennoch ist es ratsam, bei Verdacht einen Arzt aufzusuchen.
Bei geringer Ausprägung helfen nach vorheriger ärztlicher Absprache regelmäßige Übungen, die die Bauchmuskulatur stärken. Auf diese Weise kann die Rektusdiastase wieder geschlossen werden.
Zunehmenden Beschwerden oder eine starke Ausprägung insbesondere im Grad III (über 5 cm) lassen sich nicht mehr konservativ behandeln. Auf Dauer kommt es in den meisten Fällen zu Komplikationen, wie Bauchwandbrüche oder zunehmende Rückenschmerzen.
Lassen Sie sich von einem Spezialisten beraten und insbesondere Hernien ausschließen. Die isolierte Operation eines Bauchwandbruches lokal innerhalb einer Diastase ist nicht zu empfehlen!