Ein Lipödem ist eine chronische Erkrankung des Fettgewebes. Sie hat eine gestörte Fettverteilung mit krankhaft vergrößerten und deformierten Fettzellen zur Folge. Meistens sind Frauen betroffen. Bei männlichen Personen kommt das Lipödem nur selten vor. Die meisten Betroffenen sind zwischen 30 und 40 Jahre alt.
Bevorzugte Stellen der übermäßigen Fetteinlagerung im Gewebe sind
- Gesäß,
- Oberschenkel (Reithosen-Syndrom) und
- Hüfte.
In schweren Fällen kommt es sogar zu verdickten Oberarmen und Unterschenkeln.
Das Lipödem ist nicht heilbar, lässt sich aber mit konservativen Methoden oder einem chirurgischen Eingriff gut behandeln. Breitet sich die Ansammlung von Fettzellen vom Gesäß bis zu den Fußknöcheln aus, spricht der Mediziner vom sogenannten Säulenbein.
Im Anfangsstadium lässt sich das Lipödem diagnostisch nur schwer von Adipositas (Fettleibigkeit) abgrenzen. Mehr als 50 Prozent der Patientinnen sind auch gleichzeitig adipös. Viele Patientinnen haben wegen der Disproportion zwischen Ober- und Unterkörper darüber hinaus behandlungsbedürftige Depressionen.
Menschen mit Lipödem wird oft unterstellt, ihr Essverhalten nicht im Griff zu haben. Eine ungesunde Ernährungsweise und das daraus resultierende ist jedoch nicht die Ursache für ein Lipödem. Zu hohes Körpergewicht kann allerdings den Verlauf der Fettgewebe-Erkrankung negativ beeinflussen.
Die Fettverteilungsstörung ist genetisch bedingt und tritt infolge einer Hormonumstellung des Körpers auf, z.B. durch
In welchem Umfang Hormone die Krankheit beeinflussen, ist wissenschaftlich bislang nur unzureichend geklärt.
Fachärzte, die kompetente Hilfe bei Lipödemen bieten, sind Gefäß-Spezialisten (Angiologen, Phlebologen) und Schönheitschirurgen.
Das Lipödem entwickelt sich immer symmetrisch. Zuerst sind nur die Außenseiten der Hüften, der Po und die Oberschenkel davon betroffen.
Mediziner nehmen an, dass die Erkrankung mit einer Schädigung der kleinen Blutgefäße in den betreffenden Körperregionen einhergeht: Die Gefäßwände werden durchlässig, was wiederum das Lymphsystem beeinträchtigt. Es muss zu viel Flüssigkeit aus dem Gewebe abtransportieren.
Im weiteren Verlauf werden sogar die Beine immer dicker – und das, obwohl viele Patientinnen sogar regelmäßig Sport treiben. Bei höheren Außentemperaturen und nach längerem Sitzen und Stehen lagern die Fettzellen noch mehr Wasser als normalerweise üblich ein.
Weitere Lipödem Symptome sind:
- Cellulite (Orangenhaut)
- lokal begrenzte, mitunter starke Schmerzen
- Druckempfindlichkeit an den betroffenen Stellen
- erhöhte Neigung zu blauen Flecken ohne stärkere Druck-Einwirkung
- geschwollene „schwere“ Beine
- Auftreten von Besenreisern
- kalte Hautoberfläche
- X-Beine wegen der voluminösen Oberschenkel
- vorzeitige Arthrose wegen der Bein-Fehlstellung
- verringerte Mobilität aufgrund der Gelenk-Beschwerden
- Gewebe-Verletzungen (Wundekzeme) auf den Oberschenkel-Innenseiten
Die Diagnose des Lipödems erfolgt aufgrund eines Sicht- und Tast-Befundes (Palpation) und einer Ultraschall-Untersuchung. Im Gegensatz zum Lymphödem bleiben beim Lipödem beim Druck auf die Hautoberfläche keine Dellen zurück. Der Facharzt muss außerdem die Fettverteilungsstörung von Krankheitsbildern mit ähnlichen Symptomen (Lymphödem, Adipositas) diagnostisch abgrenzen.
Wegen des typischen Verteilungsmusters ist die Erkrankung spätestens im fortgeschrittenen Stadium deutlich zu erkennen. Sie geht von Hüften und Gesäß aus und breitet sich in großen Fettlappen bis zu den Fußknöcheln und Handgelenken aus. Das Ultraschallbild zeigt die an Schneegestöber erinnernden Veränderungen des Fettgewebes.
Normalerweise lässt sich das Lipödem anhand eindeutiger Symptome gut diagnostizieren:
- Zeitpunkt des Auftretens: Das Lipödem tritt nahezu immer im Rahmen einer hormonellen Veränderung wie dem Eintritt in die Pubertät, einer Schwangerschaft oder der Menopause auf.
- Starke Fettanlagerung: Die im Unterhautfettgewebe angereicherten Fettpolster verteilen sich symmetrisch, zum Beispiel an beiden Beinen oder beiden Oberarmen.
- Disproportion: Auffallend ist ein großer Unterschied zum Rest des Körpers. Der Oberkörper und die Taille sind oft schlank, während Hüften und Oberschenkel ihr Volumen unkontrollierbar vermehren.
- Sport und Diäten: Selbst mit gesunder Ernährung, strengen Diäten und viel Sport kann das überschüssige Fettgewebe nicht verringert werden.
- Ödeme und Hämatomneigung: Schon bei leichtem Druck verspüren die betroffenen Frauen Schmerzen, neigen zu Ödemen und bekommen beim geringsten Anstoßen Blutergüsse.
- Hautstruktur: Im Verlauf der Krankheit verliert die Hautoberfläche zusehend an Glätte und wird “löchrig” mit immer größeren Knoten im Unterhautfettgewebe. Das ist das so genannte Matratzenphänomen.
Schon ein oder zwei dieser Symptome können auf ein Lipödem hinweisen. Wenn Sie betroffen sind, sollten Sie einen spezialisierten Facharzt, etwa einen Phlebologen, aufsuchen. Er wird die Symptome abklären und eine Therapie vorschlagen.
Der Mediziner unterscheidet bei der fortschreitenden Erkrankung 3 Stadien:
- 1. Stadium: Bildung von Orangenhaut (kleinere Dellen) - Im Anfangsstadium ist die Hautoberfläche noch relativ glatt mit weicher und feinknotiger Unterhaut. Die Gesamtharmonie des Körpers ist kaum gestört.
- 2. Stadium: Entstehung größerer Dellen (Matratzenhaut) - Im Verlauf der Erkrankung bilden sich zunehmend Knoten im Fettgewebe. Die Hautoberfläche wird unebener, die Fettablagerungen größer und unsymmetrischer. Der Unterschied zum Rest des Körpers ist deutlich sichtbar.
- 3. Stadium: Große härtere Hautlappen und Hautwülste, die sogar Hand und Fußrücken bedecken - Das Unterhautfettgewebe ist stark verdickt und verhärtet mit großen Knoten und einer löchrigen Hautoberfläche. Die betroffenen Partienten sind stark angeschwollen. Die Disproportion zur anderen Körperhälfte ist sehr ausgeprägt, v.a. an den Oberschenkeln und Hüften mit z.T. großen Fettlappen.
Außerdem werden – je nach Schweregrad – 5 Typen unterschieden:
- I. Typ: auf die Gesäß-Hüft-Region beschränkt
- II. Typ: bis zu den Knien und Fett-Lappen auf der Knie-Innenseite
- III. Typ: bis zu den Knöcheln
- IV. Typ: nur Hände und Füße sind nicht betroffen
- V. Typ: Wasser-Einlagerungen (Ödeme) sogar in Hand und Fußrücken, Fingern und Zehen (Lipolymphödem). Schädigung der größeren Lymphgefäße
Unterschiedliche Lipödem-Typen © vanillya / Fotolia
Man spricht beim Lipödem auch von:
- Oberschenkeltyp,
- Unterschenkeltyp,
- Wadentyp oder Ganzbeintyp,
- sowie Oberarmtyp, Ganzarmtyp oder Unterarmtyp.
Zur Behandlung der vererbbaren Fettgewebe-Erkrankung gibt es mehrere therapeutische Optionen:
- manuelle (per Hand) Lymphdrainage durch einen Physiotherapeuten (meist lebenslange konservative Therapie)
- Kompressionsbehandlung (Kompressionsverbände, Stützstrümpfe)
- Sport
- Liposuktion (Fettabsaugung) durch einen Ästhetischen und Plastischen Chirurgen (meist mehrmals durchgeführte Operation)
Regelmäßige Lymphdrainage
Die Lymphdrainage kommt oft in späteren Stadien des Lipödems zur Anwendung. Sie soll die durch die zusätzlichen Wasseransammlungen im Gewebe entstandenen Schwellungen (Ödeme) reduzieren.
Die Entstauung der zwischen den Fettzellen eingelagerten Lymphe erfolgt mithilfe bestimmter manueller Techniken: Druck und Zug aktivieren die Lymphgefäße und lassen so die Lymphflüssigkeit aus dem betroffenen Gebiet abfließen. Der mechanische Reiz wirkt außerdem noch schmerzhemmend.
Während der Entstauungstherapie am Anfang der Behandlung ist 5- bis 7-mal pro Woche eine Lymphdrainage angedacht. In der sich daran anschließenden Erhaltungsphase dann nur noch 1- bis 2-mal wöchentlich.
Die betroffenen Körperregionen werden noch zusätzlich mit Kompressionsverbänden gewickelt.
Stützstrümpfe
Stützstrümpfe üben dank ihrer besonderen Herstellungsweise und ihres festen Materials einen erhöhten Druck auf die Beinvenen aus. Sie kommen in der Erhaltungstherapie zum Einsatz.
Kompressionsstrümpfe sind in drei Stärken erhältlich – je nachdem, wie intensiv der ausgeübte Druck sein soll. Da Personen mit Lipödem oft einen größeren Beinumfang haben, verordnet der Arzt Flachstrick-Stützstrümpfe. Sie müssen täglich – sogar möglichst bei sportlicher Betätigung – getragen werden und verhindern den Rückstau venösen Bluts in die Beine. Die Wasseransammlungen im Fettgewebe gehen zurück. Die Beine werden schlanker.
Sport
Patienten mit Lipödem, die außerdem noch an Adipositas leiden, sollten nach Möglichkeit Übergewicht abbauen. Das lindert ihre Schmerzen und hilft ihnen dabei, wieder mobiler zu werden. Dazu trägt nicht nur eine maßvolle und gesunde Ernährung (keine Reduktionsdiät!) bei, sondern auch Sport.
Gut geeignet sind sämtliche Wassersportarten, darunter
- Aqua-Gymnastik,
- Schwimmen und
- Aqua-Jogging.
Diese Sportarten sind besonders gelenkschonend und unterstützen die Wirkung der manuellen Lymphdrainage. Außerdem empfehlen Gefäß-Spezialisten
- Ski-Langlauf,
- Walking und
- Spaziergänge.
Fettabsaugung
Die Absaugung der Fettzellen und Lymphflüssigkeit (Liposuktion) ist die einzige Methode, die den Betroffenen auch langfristig hilft. Sie entfernt nicht nur überflüssiges Gewebewasser, sondern verringert auch das Fettgewebe. Außerdem ist die Behandlung dauerhaft: An den behandelten Stellen kann sich kein Fett mehr einlagern.
Der chirurgische Eingriff kann den Oberschenkelumfang um maximal 3 Hosengrößen reduzieren. Die Behandlung baut die Ödeme in den Beinen ebenfalls ab, sodass der Patient in Zukunft kaum noch Schmerzen hat.
Der Schönheitschirurg markiert zuerst das Operationsgebiet und setzt dort mehrere etwa 4 Millimeter lange Schnitte. In diese injiziert er dann eine Kochsalzlösung. Sie enthält außerdem Adrenalin und ein lokales Betäubungsmittel.
Die Lösung
- stillt die bei der Absaugung auftretende Blutung,
- lindert die Schmerzen des Patienten und
- lässt die dort gespeicherten Fettzellen aufquellen, sodass sie sich leichter entfernen lassen.
Mithilfe einer schmalen Kanüle saugt der Arzt dann bis zu 9 Liter Fettzellen, Lymphe und Blut aus dem Unterhautfettgewebe ab.
Nach der Liposuktion muss die Patientin etwa 4 Wochen lang ein spezielles Kompressionsmieder tragen. Es modelliert die bearbeiteten Körperregionen und trägt dazu bei, dass die Haut gut anwächst.
Ist die Operation gut verlaufen, kann die Betroffene möglicherweise in Zukunft auf Lymphdrainagen verzichten.
Vorbereitung und Narkoseform bei der Fettabsaugung
Beim Lipödem werden in den meisten Fällen größere Mengen an Fett abgesaugt. Auch Stunden nach der Operation läuft noch weiter Tumeszenslösung aus. Daher findet praktisch jede Fettabsaugung in Vollnarkose statt.
Zur Vorbereitug des Eingriffst führt das Team übliche anästhesistische Voruntersuchungen durch. Im Falle des Lipödems ist zusätzlich kurz vor dem Eingriff eine Lymphdrainage hilfreich und verbessert das Resultat.
Bei einer Liposuktion in Vollnarkose kann auf das örtliche Betäubungsmittel in der Tumeszenzlösung verzichtet werden. Dadurch sind die Patientinnen nach der Operation schneller wieder fit und kreislaufstabil.
Komplikationen und Risiken der Fettabsaugung
Jeder chirurgische Eingriff birgt unabhängig vom Krankheitsbild potentielle Risiken. Durch gründliche Vorbereitung lassen sie sich aber stark reduzieren.
Die Patientin sollte deswegen ihren Arzt umfassend über mögliche
- Allergien,
- Unverträglichkeiten und
- andere gesundheitliche Probleme
informieren. Dann können die nötigen Vorsichtsmaßnahmen für einen reibungsvollen Ablauf getroffen werden.
Im Falle des Lipödems sind Venenerkrankungen eine durchaus mögliche Begleiterscheinung. In diesem Fall muss ein Venenspezialist in die Behandlung miteinbezogen werden.
Noch unter Narkose wird die Kompressionshose angelegt und sollte dann 6 Wochen getragen werden. Zum Waschen kann das Mieder für wenige Stunden ausgezogen werden.
Ein stationärer Aufenthalt von ein bis zwei Tagen wird empfohlen.
Bereits für den Tag nach der Operation wird die erste Lymphdrainage programmiert. In der ersten Zeit sollten zwei bis drei Lymphdrainagen pro Woche folgen. Nach zwei Wochen kann auf ein bis zwei Lymphdrainagen pro Woche reduziert werden.
Schon kurz nach dem Eingriff bemerken Sie eine deutliche Linderung der Schmerzen. Nach Abklingen der Schwellungen nach einigen Wochen können Sie wieder ein normales Leben führen, Sport treiben und neue Kleider genießen.
Seit dem 1. Januar 2020 und zunächst bis zum 31. Dezember 2024 befristet übernimmt unter Umständen die gesetzliche Krankenversicherung eine Liposuktion.
Voraussetzungen sind
- das Vorliegen eines Lipödems ab Stadium 3,
- eine vorherige, mindestens sechsmonatige konservative Behandlung, die nicht zum Erfolg führte, sowie
- ein maximal-BMI von 35
Bitte beraten Sie sich vor der Entscheidung zur Liposuktion unbedingt ausführlich mit Ihrer Krankenversicherung, um die Kostenübernahme zu sichern.
Die Abrechnung mit privaten Krankenkassen ist manchmal einfacher, aber oft werden auch hier die Kosten nicht übernommen. Klären Sie dies direkt mit Ihrer PKV.
In jedem Fall können die Behandlungskosten als spezielle Ausgabe zur Steuerreduzierung angegeben werden.
Oftmals sind Allgemeinmediziner und Hausärzte erster Ansprechpartner bei Beschwerden, die sich durch ein Lipödem erklären lassen. In der Regel sind die anfänglichen Merkmale und Symptome dieser Erkrankung jedoch sehr unspezifisch, sodass der Hausarzt oder Allgemeinmediziner Betroffene dann an einen speziellen Facharzt überweist. Hierzu zählen Phlebologen, Lymphologen und plastisch-ästhetische Chirurgen.
Die besten Ergebnisse bei der Lipödem-Behandlung lassen sich mit einer interdisziplinären Therapie erzielen. Dies bedeutet, dass verschiedene Behandlungsmethoden unterschiedlicher medizinischer Fachgebiete bei der Behandlung zusammenarbeiten.
Mit der entsprechenden Vorbereitung und Nachbehandlung kann man mit der Liposuktion sehr schöne Ergebnisse erzielen. Sie verändern und verbessern das Leben der Patientin grundlegend.
Bei richtiger Lipödem-Behandlung treten selten erneut Lipödeme auf (Rezidive). In den folgenden Bereichen sind gute Resultate zu erwarten:
- Schmerzen und Krankheitssymptome: Die mit dem Lipödem verbundenen Beschwerden wie Druckempfindlichkeit, Hämatom- und Ödemneigung verschwinden oftmals vollständig.
- Körperharmonie: Durch die sofortige Volumenreduktion werden die Körperproportionen wiederhergestellt.
- Beweglichkeit: Die Gewichtsreduktion bringt eine höhere Bewegungsfreiheit mit sich, selbst Sport wird nach vielen Jahren wieder möglich.
- Ästhetik: Die Haut glättet sich selbst bei schweren Fällen sichtbar und wird wieder elastisch.