Divertikulitis: Informationen & Divertikulitis-Spezialisten

05.01.2022
Dr. med. Philippe Glauser
Medizinischer Fachautor
Die Divertikulitis ist eine Entzündung der Divertikel im Darm und zeichnet sich durch Schmerzen im Bauch und Verdauungsstörungen aus. In vielen Fällen treten häufig wiederkehrende Schübe auf. Als Komplikation kann es zu einer Darmperforation (Darmdurchbruch), Abszessen, Fisteln und Stenosen kommen. Die Diagnose wird auf Basis einer körperlichen Untersuchung und bildgebender Untersuchungen gestellt. Die Therapie ist stadienabhängig und besteht aus konservativen (zum Beispiel Antibiotikagabe) und gegebenenfalls einer operativen Maßnahmen. Hier finden Sie weiterführende Informationen sowie ausgewählte Divertikulitis-Spezialisten und Zentren.
ICD-Codes für diese Krankheit: K57

Empfohlene Spezialisten

Kurzübersicht:

  • Was ist Divertikulitis? Entzündungen von Ausstülpungen der Dickdarmwand (Divertikel), insbesondere zwischen dem absteigenden Dickdarm und Enddarm.
  • Symptome: Starke Bauchschmerzen, Verdauungsstörungen, druckschmerzhafte Verhärtungen und Fieber. Eine gefährliche Komplikation sind die Darmperforation und der Darmverschluss.
  • Ursachen & Risikofaktoren: Entzündungen entstehen, wenn sich in den Divertikeln Kotsteine und Bakterien ansammeln. Die Ernährung, Rauchen, Übergewicht und bestimmte Grunderkrankungen begünstigen eine Entzündung.
  • Diagnose: Nach der Anamnese und der körperlichen Untersuchung bieten ein Blutbild und bildgebende Verfahren (Ultraschall, CT) Aufschluss. Eine Darmspiegelung kann bei Verdacht auf Entzündung nicht durchgeführt werden.
  • Behandlung: Die Therapie hängt vom Stadium der Erkrankung ab. Konservative Maßnahmen, wie eine Ernährungsumstellung können bei leichten Formen ausreichen, bei fortgeschritten Stadien kann ein operativer Eingriff nötig sein, bei dem der entsprechende Darmabschnitt entfernt wird.
  • Prognose: Die Erkrankung kann bei verschiedenen völlig unterschiedlich verlaufen. Auch nach einer OP können erneut Divertikel und damit ggf. eine Divertikulitis auftreten. Ein gesunder Lebensstil wird zur Vorbeugung empfohlen.

Artikelübersicht

Was sind Divertikel?

Unter Darm-Divertikeln versteht man Ausstülpungen in der Darmwand im Bereich des Dickdarms (Kolon) nach außen. Sie stellen ein eigenes Krankheitsbild dar. Bei einer Divertikulitis sind die Divertikel entzündet.

Meist treten die Divertikel im linksseitigen Kolonabschnitt, insbesondere im Sigma, auf. Das Sigma befindet sich zwischen dem absteigenden Dickdarm und dem Enddarm (Rektum). Aber auch in den anderen Bereichen des Dickdarms sowie im gesamten übrigen Magen-Darm-Trakt können Divertikel vorkommen.

Das Vorhandensein solcher Divertikel im Dickdarm wird Divertikulose genannt, die aber, sofern sie keine Beschwerden verursachen. Machen sich die Divertikel dann allerdings durch Beschwerden bemerkbar, wird von der Divertikelkrankheit gesprochen.

Divertikel können sich nicht zurückbilden.

Bei einem falschen Divertikel (Pseudoventrikel) ist nur die den Darm auskleidende Schleimhaut (Mukosa) nach außen gestülpt. Gegebenenfalls kann auch die darüber liegende Wandschicht, die Submukosa, betroffen sein.

Dagegen liegt bei einem echten Divertikel eine Ausstülpung der ganzen Darmwand vor. Wie das Krankheitsbild in der Darmspiegelung aussieht, zeigt das Video: 

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Symptome

Divertikel kommen bei vielen Menschen vor, ihre Häufigkeit nimmt mit dem Lebensalter zu. In den meisten Fällen sind die Divertikel symptomlos.

Erst bei einer Entzündung der Divertikel, also bei einer Divertikulitis, kommt es zu Beschwerden wie

  • starken Bauchschmerzen, insbesondere auf der linken Seite,
  • Verdauungsstörungen (Verstopfung, Durchfall, Blähungen),
  • druckschmerzhafte Verhärtungen und
  • Fieber.

Folgende gefährliche Komplikationen können auftreten:

  • Darmperforation: Einriss der Darmwand und Austritt von Luft und Kot in den Bauchraum. Dadurch kann die Entzündung auf benachbarte Strukturen übergreifen.
  • Darmverschluss durch die entzündungsbedingte Verdickung der Darmwand.

Die Symptome treten häufig schubweise auf.

Das Vorhandensein von Divertikeln im Darm und deren krankhafte Veränderung können in verschiedene Stadien eingeteilt werden:

  • Stadium/Typ 0 (asymptomatische Divertikulose): Es sind Divertikel vorhanden, die keine Beschwerden verursachen
  • Stadium/Typ 1 (akute unkomplizierte Divertikelkrankheit/Divertikulitis): Entzündung der Divertikel ohne Komplikationen, das heißt, die Darmwand ist nicht perforiert (eingerissen)
  • Stadium/Typ 2 (akute komplizierte Divertikelkrankheit/Divertikulitis): Entzündung von Divertikeln mit Komplikationen. Entweder ist die Darmwand frei perforiert oder gedeckt perforiert (das heißt, es hat sich ein Abszess ausgebildet)
  • Stadium/Typ 3 (chronische Divertikelkrankheit/Divertikulitis): Eie Erkrankung ist chronisch und es kommt zu anhaltenden oder immer wieder auftretenden Beschwerden. Es können sich auch Komplikationen wie Fisteln (Verbindungsgänge) oder Stenosen (Verengungen) entwickeln
  • Stadium/Typ 4: Blutung der Divertikel
Divertikel im Dickdarm
Darstellung von Divertikeln im Dickdarm © Henrie | AdobeStock

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für die Entwicklung von Divertikeln sind nicht bekannt. Möglicherweise spielen neben dem Alter bestimmte Stuhleigenschaften bei der Entstehung von Divertikeln eine Rolle. Insbesondere harter Stuhl bei ballaststoffarmer Ernährung und der dadurch erhöhte Druck im Darm wird als Risikofaktor betrachtet.

Durch Kotsteine und Bakterien, die sich in den Ausstülpungen sammeln, kann die Schleimhaut gereizt werden und sich entzünden. Die Entzündung kann sie auf benachbarte Strukturen wie das Bauchfell übergreifen und so eine Bauchfellentzündung (Peritonitis) hervorrufen. Auch Fisteln und Abszesse können sich ausbilden.

Beeinflussbare Risikofaktoren für die Entstehung einer Divertikulitis sind laut der fachgesellschaftlichen Leitlinie zur Divertikelkrankheit

Untersuchung und Diagnose

Neben

  • der Anamnese (Patientenbefragung zu Symptomen, durchgemachten Krankheiten und eingenommenen Medikamenten),
  • der Blutuntersuchung auf erhöhte Entzündungswerte (C-reaktives Protein = CRP, Leukozyten) und
  • der körperlichen Untersuchung (zum Beispiel dem Abtasten des Bauchraums und der digital-rektalen Untersuchung)

sind bildgebende Untersuchungen für eine Divertikulitis-Diagnose von Bedeutung. So können mittels Ultraschalluntersuchung und Computertomograhie (CT) die Divertikel dargestellt werden.

Eine Darmspiegelung sollte nur im entzündungsfreien Intervall durchgeführt werden. Bei der Divertikulitis bestünde ansonsten ein erhöhtes Risiko für eine Darmverletzung (Perforation). Die Darmspiegelung wird vor allem eingesetzt, um

  • Divertikelblutungen abzuklären und diese wenn möglich gleich zu stillen und
  • bösartige Erkrankungen auszuschließen.

Allgemeines zur Divertikulitis-Behandlung

Spezialisten für die Behandlung von Divertikulits sind Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie (Magen-Darm-Erkrankungen) und viszeralchirurgische Experten für Darmoperationen.

Hausärzte können die meisten leichten Formen ambulant behandeln. Schwere Fälle müssen dagegen stationär an speziellen Kliniken für Divertikulitis, meist Kliniken für Gastroenterologie oder Viszeralchirurgie, therapiert werden.

Je nach Schwere beziehungsweise Stadium der Erkrankung bestehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Konservative Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Antibiotikatherapie und Mesalazingabe kommen bei leichteren Verläufen zum Einsatz.

Ein operativer Eingriff ist erforderlich bei Krankheitsstadien,

  • die nicht auf konservative Maßnahmen ansprechen oder
  • bei denen es zu Komplikationen wie einem Abszess oder einer Darmperforation gekommen ist oder
  • ein erhöhtes Risiko für Rezidive oder Komplikationen besteht.

Therapie bei akuter unkomplizierter Divertikulitis (Stadium/Typ 1)

Leichte Beschwerden, wie Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang, können oft durch Regulierung des Stuhlgangs erfolgreich therapiert werden.

Eine Antibiotikatherapie ist bei einer akuten, aber unkomplizierten Divertikulitis zunächst nicht notwendig. Voraussetzung ist aber, dass kein erhöhtes Komplikationsrisiko besteht. Eine engmaschige Kontrolle des Patienten ist aber erforderlich.

Das Komplikationsrisiko (Perforation oder Abszess) ist bei Patienten mit verschiedenen Vorerkrankungen erhöht, darunter

  • arterieller Hypertonie (Bluthochdruck),
  • chronischen Nierenerkrankungen,
  • unter Immunsuppression oder
  • bei allergischer Veranlagung.

In diesem Fall wird der Arzt eine Antibiotikatherapie verordnen. Während der Antibiotikumeinnahme sollte der Darm „geschont“ werden. Daher wird während der Behandlung eine ballaststoffarme Kost empfohlen. Nach Abheilung der Entzündung soll sie wieder in eine ballaststoffreiche Kost umgestellt werden.

Therapie bei akuter komplizierter Divertikulitis (Stadium/Typ 2)

Patienten mit einer akuten komplizierten Divertikelkrankheit/Divertikulitis sollten stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Kommt es unter Antibiotikagabe nicht zur Besserung, sollte operiert werden. Abszesse können in der Regel mittels Punktion oder Drainage entleert werden.

Schwere Verläufe müssen umgehend durch einen erfahrenen Bauchchirurgen operiert werden (Notfall-Operation). Ein schwerer Verlauf lieft bei Darmperforation oder Peritonitis (Bauchfellentzündung) vor.

Auch Patienten in diesem Stadium, die erfolgreich mit Antibiotika behandelt wurden, wird zur Operation in der entzündungsfreien Phase geraten.

Therapie bei chronischer Divertikulitis (Stadium/Typ 3)

Unter Umständen kann es empfehlenswert sein, die divertikeltragenden Darmabschnitte im entzündungsfreien Intervall operativ zu entfernen. Insbesondere bei immer wieder auftretender (rezidivierender) Divertikulitis, aber auch bei häufigen leichten Entzündungen ist die Entfernung ratsam.

Stenosen werden dann operiert, wenn die Verengung zu einer Behinderung der Stuhlpassage führt. Fisteln sollten ebenfalls operativ behandelt werden. 

Neue Studien zeigen, dass sich die Lebensqualität bei Patienten mit wiederkehrenden Entzündungen nach einer Operation deutlich mehr verbessert als der regelmäßigen Einnahme von Antibiotikum.

Therapie bei Darmblutungen (Stadium/Typ 4)

Die meisten Darmblutungen kommen von selbst zum Stillstand. Ist dies nicht der Fall, müssen sie gestillt werden. Dies kann entweder

erfolgen.

Darmspiegelung
Während einer Darmspiegelung können Eingriffe durchgeführt werden © sakurra | AdobeStock

OP bei Divertikulitis

Bei einer operativen Divertikulitis-Behandlung wird eine Sigmaresektion durchgeführt. Das bedeutet, dass

  • der divertikeltragende Darmabschnitt (meist das Sigma) und/oder
  • der rektosigmoidale Übergang des Dickdarms

entfernt wird. Diese Operation wird wenn möglich als minimal-invasiver Eingriff durchgeführt.

Kam es bereits zur einer Perforation und zu einer Bauchfellentzündung, wird häufiger ein offen-chirurgisches Verfahren für die Behandlung gewählt.

Die Anlage eines künstlichen Darmausganges (Anus praeter) ist heute in den meisten Fällen nicht notwendig.

Verlauf und Prognose bei Divertikulitis

Eine Divertikulitis kann sehr unterschiedlich verlaufen. Die Entzündung der Divertikel tritt häufig schubweise auf. Das heißt, nach Abklingen der Beschwerden kommt es zu einer erneuten Entzündung. Davon sind je nach Schweregrad zwischen zwei und 35 Prozent der Patienten mit einer einmal durchgemachten Divertikel-Entzündung betroffen.

Die meisten Patienten mit Divertikeln bleiben symptomlos bleiben. Bei manchen kann es aber schon im Rahmen des ersten Krankheitsschubs zu einer Darmperforation kommen. Andere Patienten entwickeln dagegen auch bei wiederkehrenden Schüben keine Komplikationen.

Das Risiko für eine Darmperforation ist während des ersten Schubes am größten, mit jedem weiteren Schub reduziert sich dann das Risiko. Allerdings erhöht sich auch mit jedem Schub das Risiko für ein weiteres Rezidiv.

Nach einer Sigmaresektion können sich in anderen Darmabschnitten erneut Divertikel beziehungsweise eine Divertikulitis entwickeln.

  • Regelmäßige körperliche Aktivität,
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr,
  • der Erhalt von Normalgewicht und
  • ballaststoffreiche, vegetarische Ernährung

werden zur Vorbeugung der Divertikulitis empfohlen.

Quellen

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs-und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), Deutsche Gesellschaft für Allgemein-und Viszeralchirurgie (DGAV) (2013) Divertikelkrankheit / Divertikulitis. S2k-Leitlinie. AWMF Register-Nr. 021/20. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-020l_S3_Divertikelkrankheit_Divertikulus_2014-05-abgelaufen.pdf
  • Fischbach W. (2015) Divertikelkrankheit des Kolons. In: Lehnert H. et al. (eds) SpringerReference Innere Medizin. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg
  • Germer C-T, Lock JF (2017) Erste deutsche Leitlinie zur Divertikelkrankheit. Bayerisches Ärzteblatt vom 15.12.2017. https://www.bayerisches-aerzteblatt.de/inhalte/details/news/detail/News/erste-deutsche-leitlinie-zur-divertikelkrankheit.html
  • Bolkenstein H. E. et al. (2019) Long-term Outcome of Surgery Versus Conservative Management for Recurrent and Ongoing Complaints After an Episode of Diverticulitis 5-year Follow-up Results of a Multicenter Randomized Controlled Trial (DIRECT-Trial). In: Annals of Surgery, Vol. 269, No. 4, April 2019. Wolters Kluwer Health, Inc.
  • Kriening B., Anthuber M. (2019): Chirurgische vs. konservative Therapie bei Patienten mit rezidivierender Divertikulitis (DIRECT-TRIAL). In: Der Chirurg, 10 2019. Springer Medizin Verlag GmbH.
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