Unter einer Prothesenlockerung verstehen Mediziner, dass eine Endoprothese (Implantat) nicht mehr fest im Knochen verankert ist. Als Folge einer gelockerten Prothese kann der Patient Schmerzen im Bereich des Implantats haben.
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Artikelübersicht
Grundsätzlich können sich alle in den Körper eingebrachten Implantate lockern. So lockern sich knapp zehn Prozent aller Endoprothesen innerhalb der ersten zehn Jahre nach Implantation.
Je länger sich ein Implantat im Körper befindet, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich lockert.
Besonders häufig betroffen sind Endoprothesen, die einer stärkeren Belastung ausgesetzt sind.
Dies ist beispielsweise bei Hüftgelenksendoprothesen (Pfannenlockerung) und Kniegelenksendoprothesen der Fall.
Eine Lockerung dieser beiden Endoprothesen ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Behandlung sehr aufwändig ist.
Stark belastete Endoprothesen wie die Hüftgelenkendoprothesen sind besonders häufig betroffen @ bht2000 /AdobeStock
Formen
Je nach Ursache der Prothesenlockerung unterscheiden Mediziner prinzipiell zwei Formen:
- Die septische Prothesenlockerung ist auf ein Infektionsgeschehen im Bereich des Implantats zurückzuführen. Daher auch die Bezeichnung „septisch“ = unter Beteiligung von Krankheitserregern.
- Die bakterielle Besiedelung des Implantats gehört zu den schweren Komplikationen einer Gelenkersatzoperation.
Alle Endoprothesenlockerungen, bei denen keine Erreger beteiligt sind ( aseptisch) zählen dementsprechend zu den aseptischen Prothesenlockerungen.
Symptome
Erste Symptome einer gelockerten Endoprothese sind häufig Schmerzen im Bereich der Endoprothese bei Belastung. Mit fortschreitender Lockerung können die Schmerzen bereits in Ruhe auftreten.
Knochenbrüche an oder in der Nähe der Implantationsstelle sowie Fehlstellungen und Verrenkungen des künstlichen Gelenks können Folge einer Endoprothesenlockerung sein.
Im Falle einer akuten bakteriellen Infektion des Implantats kann es zu folgenden Beschwerden kommen:
- Rötung
- Schwellung und
- Erwärmung
Diese treten im Bereich des Implantats mit Schmerzen und gestörter Gelenkfunktion auf. Die Patienten entwickeln häufig Schüttelfrost und Fieber. Gelegentlich öffnet sich auch die Narbe und es tritt Eiter aus.
Ursachen und Risikofaktoren
Ursachen für eine septische Prothesenlockerung
Es kann trotz sorgfältiger Gelenkersatzoperation in seltenen Fällen (ein bis zwei Prozent) zu einem Einschleppen von Bakterien kommen.
Normalerweise kann das Abwehrsystem des Körpers geringe Mengen von Bakterien zerstören. Befindet sich allerdings ein Fremdkörper wie das Implantat im Körper, ist die Abwehrfähigkeit des Immunsystems geschwächt.
Die Bakterien können sich dann leichter vermehren und eine Art Biofilm bilden. Dieser füllt den Raum zwischen Knochen und Implantat aus. Dadurch kann das Implantat nicht richtig in den Knochen einwachsen und es lockert sich.
Es gibt mehrere Faktoren, die das Risiko für eine bakterielle Besiedelung und damit für eine septische Prothesenlockerung erhöhen, wie:
- Vorerkrankungen: Immundefekte, Diabetes mellitus, rheumatoide Arthritis, chronisch entzündliche Hauterkrankungen wie zum Beispiel Psoriasis (Schuppenflechte), bösartige Tumorerkrankungen, Gerinnungsstörungen
- Medikamentöse Therapie mit Kortikoiden (Kortison) oder Gerinnungshemmern
- Persönliche Faktoren wie hohes Lebensalter, schweres Übergewicht, Nikotin-, Alkohol- und Drogenmissbrauch

Ursachen für eine aseptische Prothesenlockerung
Der abrieb bedingte Knochenabbau ist die häufigste Ursache. Dabei kommt es durch das Gleiten der Gelenkpartner (Gleitpaarung) unter hohen mechanischen Belastungen zu einem vermehrten Abrieb von Partikeln.
Das führt zum Verschleiß und zu einer Lockerung. Die Abriebpartikel rufen eine Entzündungsreaktion hervor. An deren Ende baut sich der Knochen ab, wodurch sich die Prothese lockert.
Auch Knochenzementfrakturen, Rissbildungen und Materialausbrüche sind für Prothesenlockerungen verantwortlich.
Des Weiteren sind auch folgende Faktoren von Bedeutung, ob und wann es zu einer Lockerung der Prothese kommt, wie:
- primäre Stabilität bei Implantation der Prothese
- chirurgische Erfahrung und Qualität
- Operationstechnik sowie
- Design und das verwendete Material des Implantats
Zu den patientenbezogenen Risikofaktoren für eine aseptische Prothesenlockerung zählen zum Beispiel:
- Höheres Alter
- Gewicht
- Unfall, Sturz
- Vorgeschädigter Knochen (Osteoporose, Knochennekrose)
- Vorerkrankungen (Achsfehlstellungen, Diabetes, etc.)
Untersuchung und Diagnose
Erste Hinweise auf einer Prothesenlockerung geben unter anderem:
- Art der Beschwerden
- weitere Symptome
- Zeitpunkt der Gelenkersatzoperation
- Vorerkrankungen und
- etwaige traumatische Ereignisse
Besteht der Verdacht auf eine nicht festsitzende Prothese, erfolgt eine Röntgenaufnahme der betroffenen Gelenkregion. Wenn möglich, vergleichen Ärzte sie mit den Röntgenaufnahmen zum Zeitpunkt der Implantation.
Gegebenenfalls sind weiterführende bildgebende Untersuchungen erforderlich, wie:
- Sonografie (Ultraschalluntersuchung),
- MRT (Kernspinuntersuchung)
- CT (Computertomografie) oder
- Szintigraphie (Untersuchung mittels radioaktiv markierter Stoffe)
Diese bestätigen die Diagnose und klären spezifische Fragestellungen ab.
Liegt der Verdacht einer septischen Ursache vor, ist eine Laboruntersuchung des Blutes notwendig. Dabei lassen Ärzte die Entzündungsparameter bestimmen.
Es kann auch eine Untersuchung des Gelenkpunktats unter anderem mit Nachweis von Bakterien erforderlich sein.
Allgemeines zur Behandlung
Spezialisten für Prothesenlockerung sind Orthopäden und Unfallchirurgen mit umfangreicher Erfahrung in der Endoprothetik.
Hat sich eine Endoprothese gelockert, müssen Ärzte das Implantat zunächst entfernen (Explantation). Danach setzen sie ein neues Implantat (Revisionsendoprothese) ein.
Eine Explantation und eine erneute Implantation erfolgen bei aseptischer Prothesenlockerung in der Regel im Rahmen einer Operation. Dieses Vorgehen heißt auch einzeitige Wechseloperation.
Deutlich aufwendiger ist die Behandlung der septischen Prothesenlockerung. In unkomplizierten Fällen, was eher die Ausnahme darstellt, kann ebenfalls eine einzeitige Wechseloperation erfolgen.
Dabei entfernen Ärzte in einer Sitzung das Implantat und das infizierte Gewebe. Sie dehnen den Bereich des Implantats aus, reinigen es und setzen eine neue Prothese ein.
In den meisten Fällen ist allerdings eine zweizeitige Wechseloperation erforderlich. Zuerst entfernen Ärzte die gelockerte Prothese sowie alle Materialien und das infizierte Gewebe.
Danach bringen sie bei bestimmten Gelenken (Knie- und oberes Sprunggelenk) Antibiotika-haltiges Material über mehrere Wochen ein.
Damit behandeln sie zum einen die Infektion und stabilisieren zum anderen den Knochen. Zusätzlich erfolgt eine intravenöse und orale Antibiotikatherapie über mehrere Wochen.
Erst wenn die Ärzte die Infektion erfolgreich behandelt haben, können sie das neue Implantat einsetzen.
Verlauf und Prognose
Bei aseptischen Prothesenlockerungen ist die Endoprothesen-Wechseloperation zwar aufwändig, durch moderne Implantate und Materialien in der Regel aber problemlos möglich.
Verlauf und Prognose von septischen Prothesenlockerungen sind aufgrund des Infektionsgeschehens weitaus schwieriger vorherzusagen.
Entscheidend ist, ob Ärzte die Infektion vollständig unter Kontrolle gebracht haben und ob sich die Revisionsendoprothese nicht erneut infiziert.
Eventuell ist eine erneute Wechseloperation mit den oben beschriebenen Schritten zur Infektionsbehandlung notwendig. Unter bestimmten Umständen kann es aber auch sinnvoll sein, das Gelenk zu versteifen.
Ist die Infektion nicht unter Kontrolle zu bringen und breitet sich die Infektion weiter aus, ist eine Amputation erforderlich.
Vorbeugung
Einer Prothesenlockerung können Patienten nur bedingt vorbeugen, da die meisten Ursachen nicht vom Patienten beeinflussbar sind.
Wichtig ist, dass stark übergewichtige Patienten nach der Implantation Gewicht reduzieren, um die Belastung auf das Gelenk zu verringern.
Patienten sollten mit ihrem Arzt absprechen, ob sie Sportarten und Tätigkeiten, die die Gelenke belasten, ausüben dürfen.
Übermäßigen Alkohol- und Nikotinkonsum sollten sie meiden, ebenso sollten sie auf Drogen vollständig verzichten.
Quellen
- Rolf O., Rader C. (2021) Aseptische Knieprothesenlockerung. In: Perka C., Heller KD. (eds) AE-Manual der Endoprothetik. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55485-2_40-1
- Walter G., Gramlich Y. (2019) Periprothetische Infektionen. In: Engelhardt M., Raschke M. (eds) Orthopädie und Unfallchirurgie. Springer Reference Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54673-0_18-1