Hirnschrittmacher | Ärzte & Behandlungsinfos

Neben Schlaganfällen und Demenz zählt Morbus Parkinson zu den häufigsten Erkrankungen des Nervensystems bei älteren Menschen. Krankheitsfälle werden vor allem in der zweiten Lebenshälfte registriert, Personen unter 40 Jahren sind nur selten betroffen. Parkinson-Patienten leiden unter Steifheit der Glieder, Zittern der Muskulatur (Tremor), unter verlangsamten Bewegungen oder mangelnder Stabilität beim Gehen und Stehen.

Eine Verbesserung der Symptome kann einerseits durch Medikamente erreicht werden, andererseits durch die Tiefe Hirnstimulation (THS). Dieser neurochirurgische Eingriff im Gehirn ist umgangssprachlich auch als Hirnschrittmacher bekannt und kommt außer bei Parkinson auch bei Dystonien (Verkrampfungen, Tremor), Epilepsie oder dem Tourette-Syndrom zur Anwendung.

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Artikelübersicht

Hirnschrittmacher (Tiefe Hirnstimulation) - Weitere Informationen

Was ist ein Hirnschrittmacher?

Beim Hirnschrittmacher handelt es sich um ein technisches Gerät, das in der Neurochirurgie eingesetzt wird. Im Zuge einer Operation werden dem Patienten Elektroden im Gehirn implantiert, die mit einem Impulsgeber verbunden sind. Dieser befindet sich im Brustbereich und sendet in regelmäßigen Abständen elektrische Impulse an das Gehirn. Je nach eingestellter Stromfrequenz wird die betroffene Region im Gehirn stimuliert oder deaktiviert. Der Hirnschrittmacher ist reversibel, kann also wieder entfernt werden. In der EU wurde der Hirnschrittmacher erstmals 1995 für die Behandlung von essentiellem Tremor (Erkrankung mit Muskelzittern ohne bekannte Ursache) zugelassen, 1998 folgte die Freigabe für Behandlungen bei Morbus Parkinson.

Bei welchen Erkrankungen wird der Hirnschrittmacher eingesetzt?

Behandelt werden inzwischen mehrere Krankheiten:

Des Weiteren laufen Studien zur Anwendung der Tiefen Hirnstimulation bei Patienten, die unter dem Abhängigkeitssyndrom (nach Drogenkonsum), unter Cluster-Kopfschmerz oder Depressionen leiden.

Hirntumor-OP

Wann wird ein Hirnschrittmacher implantiert?

Die Hauptzielgruppe für den Hirnschrittmacher sind Parkinsonkranke über 60 Jahre, die seit vielen Jahren an der Krankheit leiden. Wirken die verschriebenen Arzneimittel nicht mehr oder hat der Patient mit schweren Nebenwirkungen zu kämpfen, kommt eine Operation infrage. Studien von deutschen und französischen Neurologen belegen allerdings, dass der Eingriff auch bei jüngeren Menschen und solchen, die erst seit kurzer Zeit betroffen sind, sinnvoll sein kann. Studienteilnehmer berichteten von einer verbesserten Lebensqualität, mehr Mobilität und einer gesteigerten Aktivität im täglichen Leben. Zudem konnte die Einnahme von Medikamenten deutlich reduziert werden. Insbesondere bei Erkrankungen wie Zwangsstörungen, Epilepsie oder dem Tourette-Syndrom können auch junge Patienten profitieren.

Was sind die Vorteile eines Hirnschrittmachers bei Morbus Parkinson?

Die Reduzierung der Bewegungsstörung bei der unheilbaren Krankheit Parkinson ist der wichtigste Zweck des Hirnschrittmachers. Verkümmerte Nervenzellen im Gehirn können den Botenstoff Dopamin nicht mehr ausreichend produzieren. Die Folge sind die typischen Symptome wie Muskelsteifheit, Bewegungsarmut oder Zittern, die in der Regel durch Medikamente in Schach gehalten werden. Nach jahrelanger Einnahme nimmt die Wirksamkeit der Arzneimittel jedoch ab. Infolgedessen wechseln sich Phasen schlechter und guter Beweglichkeit (Fluktuationen) ab. Die Patienten wissen nicht, wann und in welchem Ausmaß die Symptome wieder auftreten. Zur Verhinderung der Isolation der Betroffenen und zur Erhöhung der Lebensqualität kann der Hirnschrittmacher die Lösung sein. Im Rahmen der Tiefen Hirnstimulation werden die Basalganglien (für Bewegungsabläufe wichtige Gehirnregionen) angeregt und so die Symptome deutlich verringert. Studien belegen, dass die Stromimpulse die Symptome in bis zu 80 Prozent der Fälle vermindern und so zu einer deutlich besseren Beweglichkeit führen:

  • Zittern (Tremor), Bewegungsarmut (Akinese) und Muskelsteifheit (Rigor) werden unterdrückt.
  • Zeitspannen guter Beweglichkeit werden verlängert.
  • Zeitspannen schlechter Beweglichkeit werden verkürzt.
  • Unkontrollierte Überbewegungen (Dyskinesien) werden vermindert.
  • Lebensqualität und Alltagsaktivitäten werden verbessert.
  • Der Bedarf an Medikamenten sinkt.

Wie funktioniert der Hirnschrittmacher?

Der Hirnschrittmacher besteht im Wesentlichen aus drei Teilen:

  • Elektroden
  • Verlängerung
  • Neurostimulator

Bei den Elektroden, von denen eine oder mehrere implantiert werden, handelt es sich um dünne Kabel, die vom Neurochirurgen millimetergenau in der Zielregion im Gehirn platziert werden. Die Verlängerungen bestehen ebenfalls aus einem dünnen Kabel und verbinden die Elektroden mit dem Neurostimulator. Sie verlaufen unter der Haut und führen vom Kopf über den Nacken in den Brustbereich. Der Neurostimulator befindet sich üblicherweise unter dem Schlüsselbein. Das Gerät enthält elektronische Schaltkreise und eine Batterie. Der Neurostimulator ist der eigentliche Hirnschrittmacher und erzeugt elektrische Impulse, die über die Verlängerung zur Elektrode gelangen. Die Einstellungen erfolgen über ein Programmiergerät, über das der Arzt von außen Anpassungen vornehmen kann. Ein kleines Gerät erhält zumeist auch der Patient. Damit kann der Betroffene den Neurostimulator ein- und ausschalten oder innerhalb der vom Arzt freigegebenen Grenzwerte die Stimulation anpassen. Die Wirkungsweise des Hirnschrittmachers in sämtlichen Details ist bislang nicht geklärt, auch wenn verschiedene Theorien diskutiert werden.

Wie läuft die Implantation eines Hirnschrittmachers ab?

Die Implantation eines Hirnschrittmachers erfolgt in zwei Schritten. Zuerst werden unter Teilnarkose die Elektroden verlegt. Der Neurochirurg bohrt kleine Löcher in die Schädeldecke und führt die Elektroden ein. Zur optimalen Positionierung wird zeitgleich mit der OP eine Magnetresonanztomografie (MRT) und/oder eine Computertomografie (CT) durchgeführt. Während dieser Phase ist der Patient in der Regel bei vollem Bewusstsein, um dem Chirurgen aufschlussreiche Rückmeldungen über körperliche Auswirkungen der Platzierung der Elektroden zu geben. Der zweite Schritt wird entweder anschließend oder erst am Folgetag unter Vollnarkose durchgeführt. Es handelt sich dabei um die Implantation der Verlängerung sowie des Neurostimulators. Die Grundeinstellungen des Schrittmachers erfolgen während der OP, die Feineinstellungen werden in den Folgewochen von Arzt und Patient gemeinsam definiert. Die Batterien im Neurostimulator können je nach Modell bis zu sieben Jahre halten, der Austausch erfolgt später unter örtlicher Betäubung.

Welche Nebenwirkungen sind bei einem Hirnschrittmacher möglich?

Die Tiefe Hirnstimulation ist nicht unumstritten, birgt sie doch einige Risiken. Infolge des Eingriffs kann es zu Verletzungen der Gefäße und zu Blutungen kommen, die wiederum zu Lähmungserscheinungen oder Sprachstörungen führen können. Es besteht außerdem die Gefahr von Epilepsien oder einer Hirn- oder Hirnhautentzündung. Auch ein Verrutschen oder eine Fehlplatzierung der Elektroden und ein dadurch nötig werdender weiterer Eingriff sind nicht auszuschließen. Nebenwirkungen werden auch von den Elektroden verursacht. Abhängig von der Lage kann es zu Sprech-, Seh- oder Empfindungsstörungen kommen. Patienten berichten darüber hinaus von Schwierigkeiten, mehrere Dinge gleichzeitig zu verrichten, erhöhter Impulsivität, Reizbarkeit oder Ungeduld. Aus diesen Gründen ist es wichtig, dass der Eingriff von einem absoluten Spezialisten durchgeführt wird.
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