Helfen konservative Maßnahmen bei Adipositas nicht oder nicht ausreichend, kommen operative Verfahren zum Einsatz. Die beiden häufigsten Verfahren der Adipositaschirurgie sind in Deutschland der Magenbypass und der Schlauchmagen.
Beim Magenbypass wird der Magen verkleinert und der Dünndarm verkürzt. So kann der Betroffene weniger Nahrung aufnehmen und diese wird nicht vollständig verwertet. Auch der Hormonhaushalt wird dadurch positiv beeinflusst.
Ein Magenbypass kann daher sehr effizient zur Gewichtsreduzierung beitragen. Darüber hinaus mildert er Begleiterkrankungen wie Diabetes Mellitus ab oder verhindert sie ganz.
Nahezu 99 Prozent der Magenbypass-Operationen werden laparoskopisch (minimal-invasiv) durchgeführt. Dazu sind nur kleine Schnitte notwendig, durch die der Operateur winzige Instrumente einführt. Die Wunden verheilen schneller als bei einer großen, offenen OP und hinterlassen nur sehr kleine Narben.
Von krankhaftem Übergewicht (Adipositas) sprechen Ärzte bei einem Body-Mass-Index von über 35. Das entspricht in etwa dem verdoppelten Normalgewicht. In solchen Fällen bringen konservative Behandlungsansätze sehr häufig nicht mehr den gewünschten Erfolg. Dazu gehören die Umstellung von Ernährung und Lebensstil. Ärzte empfehlen dann häufig ein chirurgisches Behandlungsverfahren.
Insbesondere bei Diabetikern kommt ein Magenbypass häufig zur Anwendung. Diabetes kann von den Ergebnissen des Magenbypasses positiv beeinflusst werden.
Der Eingriff ist im Vergleich zum Magenband und zum Schlauchmagen deutlich umfangreicher. Daher ist ein zufriedenstellender körperlicher Allgemeinzustand Voraussetzung. Entsprechend empfehlen Ärzte den Magenbypass seltener bei extremem Übergewicht, also ab einem BMI von etwa 50.
Bypass bedeutet soviel wie "Umgehung". Bei einem Magenbypass schließt der Chirurg
- fast den gesamten Magen,
- den gesamten Zwölffingerdarm und
- einen Teil des anschließenden Leerdarms
von der Verdauung der Nahrung aus.
Dazu durchtrennt der Chirurg den Magen kurz unterhalb des Mageneingangs. Der untere, größere Teil des Magens wird stillgelegt. In ihn kann keine Nahrung mehr gelangen. Danach durchtrennt er den Dünndarm unterhalb des Zwölffingerdarms im Bereich des Leerdarms.
An den oberen Teil des Magens, in den die Speiseröhre mündet, wird der durchtrennte untere Teil des Dünndarms angeschlossen. Die Nahrung gelangt also von der Speiseröhre in einen sehr kleinen Magen und von dort aus direkt in den Dünndarm. Sie umgeht damit den größten Teil des Magens.
Am stillgelegten Restmagen hängt der Zwölffingerdarm und ein Stück Dünndarm. Dieser Teil des Magens und auch der Zwölffingerdam produzieren weiterhin Verdauungssekrete, die zur Verdauung benötigt werden. Deswegen vereinigt der Operateur dieses lose Darmende mit dem Dünndarm, der vom oberen Magenstück abgeht. Die Verbindungsstelle befindet sich etwa einen Meter Dünndarmlänge vom oberen Magenteil entfernt.
Hier entsteht eine Y-förmige Verzweigung des Dünndarms. Das Verfahren wurde von dem Schweizer Arzt César Roux entwickelt und wird medizinisch als Roux-en-Y-Bypass bezeichnet.
Die Konsequenz dieses Eingriffs ist einerseits ein stark herabgesetztes Fassungsvermögen des kleinen Restmagens. Außerdem kann die Verdauung erst dort beginnen, wo die Verdauungssekrete in den Darm geleitet werden. Entsprechend weniger Nährstoffe nimmt der Körper durch die verkürzte Nahrungspassage durch den Darm auf.
Links: Das Verdauungssystem vor dem Eingriff. Rechts: Der durchgeführte Roux-en-Y-Magenbypass © bilderzwerg | AdobeStock
In der Regel führt ein adipositaschirurgisches Zentrum den Magenbypass durch. Der laparoskopische Eingriff findet unter Vollnarkose statt und dauert etwa 60 bis 90 Minuten.
Die OP läuft so ab:
- Der Chirurg setzt mehrere etwa zwei Zentimeter lange Schnitte in die Bauchdecke. Durch sie werden eine Kamera mit Lichtquelle sowie die benötigten Instrumente eingeführt. Durch Einleiten eines Gases (meist CO2) in die Bauchhöhle hebt sich die Bauchwand etwas ab. So hat der Chirurg gute Sicht und einen besseren Zugang zu den Organen.
- Mit Hilfe eines Klammernahtgeräts trennt der Chirurg den Magen in einen kleinen und einen großen, stillzulegenden Teil.
- Der folgende Schnitt durch den Dünndarm schafft zwei freie Dünndarm-Enden.
- Die untere freie Dünndarmschlinge wird nach oben gezogen und mit dem Ausgang des kleinen Restmagens vernäht.
- Das mit dem stillgelegten Magenanteil verbundene obere Dünndarm-Ende leitet der Chirurg durch eine künstlich angelegte Öffnung typischerweise etwa 100 Zentimeter weiter unten in den Dünndarm ein.
Chirurgen unterscheiden zwei Arten von Magenbypässen:
- den proximalen Magenbypass und
- den distalen Magenbypass.
Unterscheidungskriterium ist dabei die Länge des zur Verdauung zur Verfügung stehenden restlichen Dünndarms. Gemeint ist also der Dünndarmabschnitt zwischen Einleitung aus dem unteren Restmagen bis zum Übergang in den Dickdarm.
Standardverfahren ist der proximale Magenbypass mit einem etwa 2,5 Meter langen Dünndarmabschnitt. Der extremere distale Magenbypass mit nur noch etwa einem Meter Dünndarm wird seltener angewandt.
Ein Sonderfall ist der auch Mini-Bypass genannte Omega-Loop-Magenbypass. Hier wird der in diesem Fall etwas längere Restmagen an den unteren Bereich des Dünndarms angeschlossen, ohne den Dünndarm zu durchtrennen. Anstelle von zwei künstlich angelegten Verbindungen (Anastomosen) schafft der Chirurg hier also nur eine.
Nach der Operation bleiben Sie für fünf bis sieben Tage im Krankenhaus. In den ersten drei Tagen dürfen Sie nur kleine Schlücke Tee und Wasser zu sich nehmen. Danach erhalten Sie täglich drei flüssige Mahlzeiten.
Auch nach der Entlassung müssen Sie noch für einige Zeit pürierte Kost zu sich nehmen. Im Rahmen der nun notwendigen Ernährungsumstellung essen Sie nun öfter kleine Mahlzeiten. Der Magen kann keine großen Mengen mehr aufnehmen.
Manche Patienten vertragen nach dem Eingriff bestimmte Lebensmittel, etwa Süßspeisen oder Milch, nicht mehr gut. Probieren Sie aus, was Ihnen schmeckt und bekommt!
Drei Wochen nach der OP sind Sie in der Regel wieder arbeitsfähig.
Die ersten Nachsorgetermine in der Ernährungsambulanz finden meist nach einem, drei und sechs Monaten statt. Danach folgt ein jährlicher Termin. Diese Nachsorgetermine dienen
- der Beratung zu Ernährung und Bewegung,
- der Kontrolle von Gewicht, Bauchumfang, Blutdruck und Körperfettanteil,
- regelmäßigen Laboranalysen, um Vitamin- und Mineralstoffmangel rechtzeitig zu entdecken, sowie
- gegebenenfalls der Injektion von Vitamin B12.
Der Magenbypass ist ein erheblicher Eingriff in das Verdauungssystem. Durch die verkürzte Dünndarmpassage können nicht mehr alle Nahrungsbestandteile verwertet werden. Das führt zwangsläufig zu einer Mangelversorgung mit
- Vitamin B12,
- Eisen und
- anderen essentiellen Mikronährstoffen.
Diese Vitamine und Spurenelemente müssen Sie lebenslang in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einnehmen. Trotzdem leiden Magenbypass-Patienten relativ häufig an Eisenmangel-Anämie (Blutarmut).
Relativ viele Magenbypass-Patienten neigen zum sogenannten Dumping-Syndrom. Wenn Sie zu große Mahlzeiten zu sich nehmen, entleert sich der Restmagen sturzartig in den Dünndarm. Dieser wird dadurch und durch die im folgenden stimulierte Wasseraufnahme aus dem Blut stark gedehnt. Der Dehnungsreiz löst bald nach der Mahlzeit
aus. Der durch die Flüssigkeitsabgabe ausgelöste Blutdruckabfall kann außerdem zu
führen.
Kritisch für dieses Dumping-Syndrom sind insbesondere
- süße Speisen,
- Weißmehlprodukte und
- Milch.
Zu den üblichen Risiken größerer chirurgischer Eingriffe gehören
Die Mortalität (Sterblichkeit) durch den Eingriff ist gering. Sie beträgt weniger als 0,05 Prozent, d.h. ein Sterbefall auf 2000 Operationen.
Mittelfristig kann die Klammernaht zwischen den beiden voneinander abgetrennten Teilen des Magens durchlässig werden. Das bewirkt, dass wieder Nahrung in den gesamten Magen gelangt.
Weiterhin können die Nahtstellen der miteinander vernähten Darmabschnitte undicht werden. Es kann auch zu einer Verengung der Verbindungsstelle zwischen Restmagen und Dünndarm kommen. Solche Komplikationen lassen sich durch eine zweite Operation korrigieren.
Zu den Spätfolgen eines Magenbypasses gehört auch eine erhöhte Neigung zur Ausbildung von Nierensteinen.
Der proximale Magenbypass führt sehr zuverlässig zu
- einer langfristig stabilen Gewichtsreduktion und
- in der Mehrzahl der Fälle zur Remission (d.h. zur langfristigen erheblichen Besserung) eines bestehenden Diabetes mellitus.
Patienten verlieren innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Eingriff im Schnitt etwa 60 bis 90 Prozent ihres Übergewichts. Auch nach fünf Jahren bleibt das Gewicht im Mittel um etwa 60 Prozent des ursprünglichen Übergewichts reduziert.
Zahlen zur Diabetes-Remission zeigen ähnlich positive langfristige Ergebnisse: Auch nach fünf und mehr Jahren bleibt in etwa 75 Prozent der Fälle die Remission des Diabetes Mellitus stabil.