Konservative Orthopädie: Informationen & Spezialisten

Unter konservativer orthopädischer Therapie versteht man nicht-operative Behandlungsmethoden in der Orthopädie. Zu den typischen konservativen Therapieverfahren gehören die Krankengymnastik, die physikalische Therapie, die Elektrotherapie und weitere. Im Folgenden werden die wichtigsten konservativen Therapien zur Behandlung orthopädischer Erkrankungen kurz vorgestellt. Desweiteren finden Sie hier Spezialisten für konservative Orthopädie.

Spezialisten für konservative Orthopädie

Artikelübersicht

Konservative orthopädische Therapie - Weitere Informationen

Krankengymnastik

Die Krankengymnastik arbeitet mit aktiven und passiven Übungen zur

  • Wiederherstellung oder Erhaltung von Bewegungsfunktionen,
  • Entspannung oder Kräftigung der Muskulatur und
  • Koordinationsschulung.

Aktive Übungen führt der Patient selbstständig mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad aus. Bei den dabei durchgeführten Bewegungen kann er auch von der Hand des Therapeuten unterstützt werden (geführte Bewegungen). Die Schwierigkeit wird durch das Eigengewicht der Gliedmaßen und später durch weiteren (dosierten) Widerstand gesteigert.

Aktive Übungen dienen vor allem der Verbesserung der Beweglichkeit bei vorwiegend muskulär bedingter Funktionseinschränkung.


Geführte Bewegungsübungen © gewitterkind / Fotolia

Passive Übungen kommen bei Einsteifungen zum Einsatz, die in erster Linie durch passive Strukturen verursacht wurden. Dazu gehören

  • Kapseln,
  • Ligamente,
  • intraartikuläre Verklebungen und
  • Narbenkontrakturen.

Diese Übungen sind vor allem Dehnungen und Traktionen. Der Patient kann dabei auf mechanische Hilfsmittel zurückgreifen, etwa

  • Gewichtszüge,
  • Pendel und
  • motorische Bewegungsschienen.

Isometrische, isotonische und isokinetische Übungen fördern die Muskelaktion:

  • Isometrische Übungen: Zunahme der Spannung ohne Verkürzung (Übungen gegen Widerstand).
  • Isotonische Übungen: Der Muskel verkürzt sich bei gleichbleibender Spannung.
  • Isokinetische Übungen: Eine gleichbleibende Kontraktion über den ganzen Bereich von voller Beugung bis zu voller Streckung bleibt erhalten.

Isokinetische Übungen erbringen den größten Leistungszuwachs (Kraft- und Ausdauertraining beim Sport, „Bodybuilding“), wenn dabei Gewichte oder aufwändige Übungsgeräte eingesetzt werden, an denen sich auch das Tempo der Aktionswechsel einstellen lässt (Cybex-Trainingsgeräte).

Statische Muskelleistung (Haltearbeit) dagegen führt rasch zu Mangeldurchblutung mit Sauerstoffdefizit und damit zur Ermüdung. Sie ist daher unphysiologisch.

Krankengymnastische Methoden auf neurophysiologischer Basis beanspruchen besondere Aufmerksamkeit. Sie befassen sich mit speziellen Techniken der propriozeptiven und entwicklungskinesiologischen Steuerung der Bewegungsabläufe. Sie kommen z.B. bei motorisch gestörten Kleinkindern zum Einsatz. Auch bei dynamischen Kontrakturen als Ausdruck einer gestörten Koordination (Methode nach Voita oder Bobath) werden sie eingesetzt.

Übungsprogramme werden in Form von Einzel- und Gruppengymnastik im Übungssaal oder im Bewegungsbad ausgeführt. Der Therapeut erteilt Anweisungen zum Umgang mit Trainingsgeräten und erstellt Heimprogramme zur individuellen Betätigung des Patienten zu Hause.

Die allgemeine körperliche Entwicklung soll durch Schulturnen, Gymnastik, Sport etc. gefördert werden, Sie bedarf in der Regel keiner gezielten Krankengymnastik.

Fachärztliche Behandlung im Rahmen einer krankengymnastischen Behandlung ist dagegen u.a. bei

erforderlich.

Spezielle Formen der Betreuung sind Schulsonderturnen für haltungsschwache Kinder und Versehrtensport.

Massage

Bestimmten Handgriffe, wie

  • Streichen,
  • Reiben,
  • Kneten,
  • Klopfen oder
  • Vibrieren

fördern eine lokale Mehrdurchblutung durch Gefäßerweiterung und Strombeschleunigung in Kapillaren und Lymphbahnen. Dadurch kommt es zu

  • einer besseren Gewebsdurchsaftung mit Anregung des lokalen Stoffwechsels,
  • verbesserter Sauerstoff-Versorgung und
  • Abtransport von Schlacken.

Damit verbunden sind Entspannung, Entkrampfung und mittelbare Schmerzbeeinflussung.

Triggerpunkte sind Verspannungen der Muskeln mit verhärteten druckempfindlichen Schmerzpunkten. Hier kann die Triggerpunktmassage gute Dienste leisten. Triggerpunkte bewirken typischerweise nicht nur einen lokalisierbaren Druckschmerz, sondern strahlen in entferntere Körperregionen aus. Das Prinzip der Triggerpunktbehandllung wird im Video deutlich:

Bitte akzeptiere zusätzliche externe Inhalte, um dieses Video anzusehen.

Massagen können eine positive Wirkung von der Haut auf die inneren Organe hervorrufen. Diese Aktivierung kutiviszeraler Reflexmechanismen hat auch Auswirkungen auf

  • die Schmerzweiterleitung (Afferenz) und
  • die Funktion der Gefäßnerven der Arterien (Vasomotoren).

Spezielle Techniken hierzu sind die Bindegewebsmassage und Reflexzonenmassage, zum Beispiel der Füße.

Eine Lymphdrainage eignet sich bei

  • Stauungsneigung,
  • Ödemen und
  • gestörter Gewebsdurchsaftung, zum Beispiel nach langer Ruhigstellung. 

Allgemein bewirkt die Massage eine Hebung des Wohlbefindens, eine generelle Entspannung und Beruhigung (parasympathische Stimulierung). Mit Massage kann kein Kraftzuwachs der Muskulatur erzielt werden!

Besondere Verfahren bedienen sich apparativer Hilfen wie die Unterwasserstrahl-, Saug- und Vibrationsmassage.


Massagen regen u.a. die Durchblutung an © wildworx / Fotolia

Chirotherapie

Die Chirotherapie wird auch manuelle Therapie, Manualtherapie oder Chiropraktik genannt. Dazu gehören ärztliche Maßnahmen zur Mobilisierung fibrös versteifter Gelenke durch

  • manuelle Dehnung (unter bestimmten Bedingungen in Narkose) und
  • manuelles Redressement (orthopädische Korrektur) von Deformitäten, z.B. beim angeborenen Klumpfuß.

Die Chirotherapie bedient sich bestimmter Handgriffe zur Behandlung funktioneller Gefügestörungen von Gliedmaßen und Wirbelgelenken. Die Manipulationen beschränken sich dabei

  • entweder auf den natürlichen Bewegungsspielraum des betreffenden Gelenkes, oder
  • sie überschreiten kontrolliert die physiologische Mobilitätsgrenze, meist mit einem hörbaren Knackgeräusch.

Dabei lösen sie mechanische Sperrmechanismen (Blockierungen). Außerdem mobilisieren sie über eine Dehnung des Kapsel- und Bandapparates den lokalen Reflexmechanismus.


Die Chirotherapie kann Blockaden lösen © pololia / Fotolia

Diese Therapie setzt spezielle Kenntnisse und die subtile Beherrschung ihrer Indikationen und Techniken voraus. Strenge Gegenanzeigen sind

Zur manuellen Therapie zählen auch krankengymnastische passive Bewegungsübungen. Sie verbessern die Beweglichkeit von Gelenken und lindern chronische Schmerzen bei Spannungszuständen.

Ergotherapie

Eine funktionelle Erweiterung und Ergänzung der Krankengymnastik ist die Ergotherapie (Beschäftigungstherapie).

Sie bedient sich einer Vielzahl wirkungsvoller Methoden, mit denen insbesondere gestörte Arm- und Fingerfunktionen in quasi spielerischer Weise wiederhergestellt werden können. Die Methoden orientieren sich an den Verrichtungen in Haushalt, Beruf oder Freizeit.


Mittels Ergotherapie lassen sich motorische Funktionen wiederherstellen © shootingankauf / Fotolia

Gegebenenfalls werden irreversible Bewegungsausfälle durch

  • das Einüben von Ersatzbewegungen oder
  • durch Bereitstellung individueller Hilfsmittel

kompensiert. Die Hilfsmittel erstrecken sich von einfacher Anpassung des Essbestecks bis zu aufwändigen Schienen und Arbeitsgeräten.

Thermotherapie und Hydrotherapie

Die Thermotherapie (Hyperthermiebehandlung) und die Hydrotherapie (Wasseranwendung) nutzen die Wirkung von u.a.

  • Wasser,
  • Heizkissen und
  • Eisbeuteln

auf den Körper.

Bei der Thermotherapie Wärme oder Kälte zum Einsatz. Wärme führt unmittelbar zur Gefäßerweiterung, zu Hyperämie und zur Beschleunigung von Stoffwechselvorgängen. Kälte bewirkt zunächst eine Vasokonstriktion (Gefäßverengung). Nach der Kälteeinwirkung weiten sich die Kapillaren ebenfalls mit „reaktiver“ Hyperämie.

Wärme und Kälte entfalten so prinzipiell die gleichen biologischen Wirkungen, abhängig allerdings von der Intensität und Dauer ihrer Einwirkung.

Thermotherapeutische ganzheitliche Reizkombinationen sind etwa

  • Packungen,
  • Bäder,
  • heißer Dampf,
  • Kälte (Güsse).

Die Therapie macht sich sich deren zirkulationsfördernde, stoffwechselanregende und entspannende Wirkung zunutze.

Diese positiven Wirkungen sind schon in der von Sebastian Kneipp begründeten Wassertherapie beschrieben und haben sich vielfach bewährt. Sie dienen auch der Vorbereitung und Unterstützung anderer Behandlungsarten, wie der Massage und Krankengymnastik.


Bäder haben eine entspannende Wirkung auf Körper und Geist © Stavros / Fotolia

Lokale Wärmeapplikation etwa mit

  • Heizkissen,
  • Wärmflaschen,
  • Fangopackungen,
  • Heißluftkasten,
  • Infrarotbestrahlung oder
  • Hochfrequenztherapie

kommen vor allem bei chronischen, nichtentzündlichen Schmerzzuständen (z.B. Arthrosen) in Betracht.

Örtliche Kälteexposition (Kryotherapie) in Form von

  • Eisbeuteln,
  • Kältegel,
  • Kaltluft etc.

ist dagegen eher bei akuten entzündlichen Prozessen oder frischen stumpfen Verletzungen angezeigt.

Wasser ist durch seine physikalischen und chemischen Eigenschaften von großer therapeutischer Bedeutung. Thermische Effekte werden im Bad potenziert. Gleichzeitig dient Wasser als Vehikel für transkutan wirksame Pharmaka (Moor-, Schwefelbäder etc.).

Durch den Auftrieb des Wassers werden das Körpergewicht und alle Bewegungen erleichtert. Die Übungstherapie im Bewegungsbad ist daher eine wesentliche Bereicherung der Krankengymnastik.

Ruhe und Entlastung

Die Ruhigstellung und Entlastung kommt in der Behandlung von Krankheiten des Bewegungsapparates zum Einsatz.

Ein schmerzhafter, überlasteter, entzündeter oder infizierter Körperteil benötigt meist Ruhe. Häufig genügt schon eine Reduktion der gewohnten Beanspruchung oder Bettruhe. Ruhigstellung (Immobilisation) erfolgt lokal mit Hilfe von Schienen oder Verbänden, an der Wirbelsäule durch Mieder oder Korsette.

Immobilität geht stets mit Stagnation der lokalen Zirkulation und des Stoffwechsels ein. Daher führt sie nach einiger Zeit zu Gewebsschäden mit

  • Atrophie,
  • Schrumpfung,
  • Verwachsungen (sog. Ruheschäden).

Sie sollte deswegen immer nur als Mittel zum Zweck, also nicht länger als nötig durchgeführt werden.

Entlastung ist nicht gleichzusetzen mit Ruhigstellung. Zum Beispiel kann ein erkrankter Gliedmaßenabschnitt durch Verband oder Orthese entlastet, die Beweglichkeit aber beibehalten werden.

Die Lagerungsbehandlung dient der Einhaltung einer bestimmten Stellung zur

  • Schmerzlinderung,
  • Entspannung und
  • Verhütung von Kontrakturen.

Hilfsmittel dazu sind u.a.

  • Kissen,
  • Matratzenteile (z.B. Stufenlagerung bei Ischias und Bandscheibenvorfall oder Lumbago),
  • Schienen und
  • Gipsschalen.

Verbände

Verbände sind notwendig, um Gliedmaßen oder den Rumpf

  • zu stützen,
  • zu fixieren,
  • zu entlasten,
  • zu komprimieren,
  • zu extendieren oder um
  • erreichte Stellungskorrekturen zu erhalten.

Die Verbandtechnik spielt daher gerade in der Orthopädie eine große Rolle.


Die Lagerungsbehandlung kann Schmerzen lindern © C. Schüßler / Fotolia

Komprimierende Verbände kommen vor allem

  • an den Extremitäten bei Schwellungen und Varikose (Krampfadern),
  • an den Gelenken bei Gelenkergüssen,
  • nach Distorsionen und Prellungen

in Betracht.

Tape-Verbände stützen ein Gelenk durch dachziegelartig überlappende und entsprechend gerichtete Bindenführung und schalten schmerzhafte Bewegungen aus. Sie leisten besonders in der sportlichen Praxis gute Dienste.

Als Material dienen in der Regel elastische Binden, Elastoplast oder Zinkleim. Auch Fertigbandagen und Stützstrümpfe aus elastischen Textilien sind gut geeignet.

Für feste Verbände ist der Gipsverband seit 150 Jahren wegen seiner Eigenschaften unübertroffen. Er ist luftdurchlässig und lässt sich leicht bearbeiten. Heute wird er jedoch bei vielen Gelegenheiten durch leichtere und wasserfeste Kunststoffverbände ersetzt.

Zur Fixation von Frakturen oder als Lagerungsschale wird der Verband gewöhnlich ungepolstert angelegt. Watte- oder Zellstoffpolster schützen vorspringende Knochenteile und oberflächlich verlaufende Nerven (z.B. am Fibulaköpfchen!).

Nach manchen Operationen und nach Stellungskorrekturen ist mit gewissen Schwellungen zu rechnen. Für die Gliedmaßenruhigstellung muss dann stärker gepolstert bzw. der Verband aufgeschnitten (gespalten) werden. Alternativ lässt sich während der Schwellperiode ganz auf zirkuläre Verbände verzichten (Schalenverband).

Unerlässlich sind in jedem Falle

  • ein gutes Anmodellieren,
  • die Vermeidung von Druckstellen und
  • die sorgfältige Kontrolle der Gefäß- und Nervenfunktionen nach dem Hartwerden des Verbandes.

Darüber hinaus gibt es spezielle Gipsverbände oder den Gehgips mit Einbau eines Gummi-, Kunststoff- oder Holzpuffers an der Sohle.

Der entlastende Gipsverband soll bestimmte Gliedabschnitte vom Körpergewicht befreien. So kann die Belastung, z.B.

  • am Knochenvorsprung des Sitzbeins (Tuber ischiadicum) oder
  • an den Tibiakondylen (Knochenfortsätze des oberen Schienbeins)

abgefangen werden.

Weitere mögliche Verbände sind:

  • Quengelverbänden: Sie können Gelenkkontrakturen mit unterschwelligen Drehungsreizen umstellen. Wegen damit verbundener Risiken kommen sie heute nur noch selten zur Anwendung.
  • Umstellgipsverbände: Kommen nur noch selten zum Einsatz. Sie dienen zur Korrektur von Achsenknickungen an langen Diaphysen oder auch zur Gelenkumstellung.
  • Spezielle Umkrümmungsgipsverbände: Behandeln Verbiegungen der Wirbelsäule.
  • Streckverbände: Eine Extension kann mit einfachen Zugmanschetten an Fußknöcheln oder am Handgelenk (Manschettenextension) oder einem U-förmig um die Extremität gelegten Drellstreifen ausgeführt werden. Letzterer trägt als Gleitschutz an seiner Unterseite einen Belag von Schaumgummi und wird mit elastischen Binden festgewickelt („Gummigurt-Extension“).
  • Zinkleim-Gipsverband: Über einen das ganze Bein umfassenden frischen Zinkleimverband wird ein Gips angelegt, in den ein Zuggurt eingearbeitet wird. Bewährt sich besonders bei kleinen Kindern als hautschonender, zugsicherer Verband.
  • Draht- oder Nagelextension: Gestattet den stärksten und sichersten Zug: Ein Kirschner-Draht oder Steinmann-Nagel wird durch die Femurkondylen (Knochenfortsätze am unteren Oberschenkelknochen), den Tibiakopf, das Fersenbein oder das Olekranon (Ellenbogenknochen) gebohrt und über einen bestimmten Bügel mit dem Zugseil verbunden.

Eine Extension kann auch an der Wirbelsäule angelegt werden:

  • Durch einen Beckengurt mit Zugrichtung in Richtung der Füße oder
  • für die Hals- und obere Brustwirbelsäule mit Hilfe einer Crutchfield-Zange oder eines Kalottenrings („Halo“) am Schädel.

Orthesen

Orthesen sind äußerlich zu tragende und anzulegende Hilfsmittel. Sie beginnen bei Bandagen,

und reichen bis hin zu Schienen, die eine stützende Funktion haben und eine kontrollierte Beweglichkeit erlauben.


Kniebandagen helfen den Muskeln bei der Stabilisierung des Gelenks © Picture-Factory / Fotolia

Hier ist vorzugsweise die große Anzahl vorhandener Knieschienen zu nennen. Sie kommen besonders nach operativen Eingriffen wie Bandplastiken zum Einsatz.

Manche dieser Orthesen müssen über einen sehr langen Zeitraum getragen werden. Insbesondere bei intensiver sportlicher Betätigung werden sie gerne auch im präventiven Sinne genutzt. Dabei schützt aber nicht die mechanische Stabilisierung.

Stattdessen löst die Propriozeption den muskulären Schutz aus. Das bedeutet, dass durch den Bandagendruck die Muskulatur stimuliert wird, sich entsprechend anzuspannen. Dadurch stabilisiert sie direkt auch das betroffene Gelenk.

Orthetische Versorgungsmöglichkeiten bestehen auch

  • nach Schulterverletzungen,
  • bei Wirbelsäulenbeschwerden sowie
  • bei Verletzungen der Finger und Hände.

Medikamentöse Therapie

Die Anwendung von Medikamenten erfolgt in der Orthopädie vor allem

  • zur Bekämpfung von Schmerzen, Entzündungen und Infektionen,
  • zur Beeinflussung des Knochen- und Knorpelstoffwechsels,
  • zur Thromboseprophylaxe und
  • als Chemotherapeutikum bei Tumoren.

Medikamente zur Schmerzbekämpfung

In erster Linie geht es dabei um eine symptomatische Ausschaltung oder Reduktion peripherer Schmerzzustände. Zentral wirkende Schmerzmittel kommen

  • nur ausnahmsweise postoperativ,
  • in der Endphase von Tumoren oder
  • bei schweren neurogenen Schmerzen (z.B. Kausalgie)

in Betracht.

Meistens kommen nichtsteroidale Antiprheumatika (NSAR) zum Einsatz die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken. Ihre systemische Verordnung richtet sich in Dosierung und Dauer nach dem Krankheitsfall. Dabei gilt die Regel: So wirksam wie nötig, so kurzfristig wie möglich.

Zur Schmerzbekämpfung eignen sich prinzipiell folgende Medikamentengruppen:

  • einfache Schmerzmittel (Analgetika), etwa Paracetamol,
  • schmerzlindernde Entzündungshemmer (nichtsteroidale Antirheumatika - NSAR), etwa Diclofenac oder Ibuprofen,
  • krampflösende und entspannende Muskelrelaxantien (Myotonolytika), etwa Methocarbamol oder Baclofen, sowie
  • Beruhigungsmittel (Sedativa).

Nichtsteroidale Antirheumatika – NSAR

Nichtsteroidale Antirheumatika sind Medikamente, die sowohl Schmerzen lindern, als auch Entzündungen unterdrücken können. Manchmal werden diese Medikamente auch Nichtsteroidale Antiphlogistika genannt, das bedeutet, dass es sich um kortisonfreie entzündungshemmende Medikamente handelt. Die meisten Mediziner sprechen ganz einfach abgekürzt von „NSAR“.

Antirheumatika werden nicht nur bei rheumatischen Erkrankungen verordnet. Sie kommen auch bei vielen anderen schmerzhaften Krankheiten zum Einsatz.


Medikamente kommen in der Orthopädie zur Schmerzbehandlung und Entzündungshemmung zum Einsatz © Lyudmyla V / Fotolia

Wie wirken Antirheumatika?

Antirheumatika hemmen die Bildung von Prostaglandinen. Prostaglandine sind Botenstoffe, die im Körper verschiedene Aufgaben erfüllen. Bestimmte Prostaglandine spielen z. B. bei der Entstehung von

  • Schmerzen,
  • Entzündungen und
  • Schwellungen

eine wichtige Rolle. Andere Prostaglandine haben wichtige Schutzfunktionen. Sie bewahren etwa die Schleimhäute des Magens und des Zwölffingerdarms vor der aggressiven Magensäure.

Zwei Enzyme sind für die Bildung der Prostaglandine verantwortlich: die Cyclooxygenasen 1 und 2, kurz COX-1 und COX-2. Zwischen den beiden Enzymen gibt es einen entscheidenden Unterschied:

  • COX-1 hilft bei der Bildung der magenschützenden Prostaglandine,
  • COX-2 ist für die Bildung von Prostaglandinen verantwortlich, die Schmerzen und Entzündungen auslösen.

Entwicklung von magenschonenden Schmerzmitteln

Dieses Wissen nutzten die Forscher, um eine neue Generation von Antirheumatika zu entwickeln. Bis dahin gab es nur herkömmliche Antirheumatika, die sowohl COX-1 als auch COX-2 hemmen. Die herkömmlichen Antirheumatika beseitigen zwar die Gelenkbeschwerden, können aber auch zu schweren Magenproblemen führen.

Nun konnten Medikamente entwickelt werden, die nur die Bildung von COX-2 unterdrücken. Durch Medikamente werden gezielt nur die Prostaglandine gehemmt, die für Schmerzen und Entzündungen verantwortlich sind.

Injektionen, Punktionen und Infiltrationen

Eine lokale Applikation von Medikamenten erfolgt entweder durch gezielte Injektion eines Anästhetikums (Scandicain® 0,5-1%). Meist wird es mit einem Kortikoidpräparat (Prednisolon-Kristallsuspension) kombiniert.

Anwendungsgebiete sind

  • Band-, Sehnen- und Kapselansätze,
  • die Gelenke selbst (intraartikuläre Injektion) sowie
  • die Infiltration schmerzhafter Muskelhärten.

Die Gelenkpunktion erfolgt unter strenger Asepsis, um die Einschleppung von Keimen in die Gelenkkapsel zu behindern.

Bei Erkrankungen an der Wirbelsäule, zum Beispiel bei Spondylose, ist die Umspritzung von Spinalwurzeln möglich. Auch eine Behandlung mit der Ausschaltung vegetativer Funktionen im Bereich des Ganglion stellatum kann durchgeführt werden. Dadurch wird die Schmerzweiterleitung ausgehend von einem Nervenknoten der Brustwirbelsäule unterbrochen.

Eine systemische Anwendung steroidhaltiger Präparate (Kortison) ist in der Orthopädie in der Regel nicht notwendig. Darüber hinaus wäre sie bei längerer Applikation mit Risiken verbunden, etwa

Ausnahmen bilden u.a. die chronische Polyarthritis und das 1. Stadium der Sudeck-Erkrankung (Morbus Sudeck oder CRPS) unter strikter Kontrolle.

Zentral wirkende Schmerzmittel: Opioide

Manche Menschen meinen, Schmerzen müssten ertragen werden. Doch das ist falsch! Selbst gegen stärkste Schmerzen bietet die moderne Schmerztherapie wirkungsvolle Waffen. Zu den wichtigsten Waffen gegen starke Schmerzen zählen die Opioide.

Sie gleichen den körpereigenen Endorphinen und hemmen den Schmerz im Gehirn und an den Nervenbahnen. Sie wirken über spezielle Andockstellen, die Opioidrezeptoren. Diese befinden sich vor allem im Rückenmark und an Schaltstellen der Schmerzleitung im Gehirn, aber auch in fast allen Organen sowie an Tumor- und Entzündungszellen.

Opioide können verhindern, dass sich die Schmerzempfindung im Gehirn festsetzt und so ein Schmerzgedächtnis entsteht. Dazu normalisieren sie die Überempfindlichkeit auf Schmerzreize.

Opioide werden bei starken und sehr starken Schmerzen verschrieben, z. B. bei

  • allen Formen von Nerven- und Dauerschmerzen,
  • starken Rückenschmerzen,
  • starken Gelenkschmerzen,
  • akuten Schmerzen oder
  • Krebsschmerzen.

Sie werden insbesondere dann eingesetzt, wenn sich Schmerzen mit einfachen Schmerzmitteln nicht ausreichend bekämpfen lassen.

Wichtig: Opioide unterscheiden sich hinsichtlich

  • der Dauer und Stärke ihrer Wirkung,
  • der Darreichungsform und
  • den Nebenwirkungen.

Lassen sich Schmerzen durch ein Präparat nicht lindern, wird Ihr Arzt ein anderes Präparat versuchen. So lassen sich mitunter scheinbar nicht behandelbare Schmerzen doch noch erfolgreich bekämpfen.

Nebenwirkungen - nicht bei allen Präparaten gleich häufig

Bei den Nebenwirkungen bereitet vor allem die unerwünschte Verstopfung (Obstipation) oft Probleme. Weitere Nebenwirkungen besonders am Anfang der Behandlung sind Übelkeit und Benommenheit. Sie verschwinden jedoch nach drei bis vier Tagen, höchstens einer Woche, meist von selbst.

Im Unterschied zu einfachen Schmerzmitteln schädigen Opioide selbst bei Dauereinnahme weder Magen und Darm noch Niere und Leber.

Erreicht ein Opioid im Blut rasch hohe Wirkspiegel, das heißt wenn es rasch „anflutet", kann sich eine psychische Abhängigkeit entwickeln. Dies ist bei manchen Opioiden der Fall, die beispielsweise von Drogenabhängigen in die Blutbahn gespritzt werden.

Für retardierte Substanzen, die verzögert freigesetzt werden und über den Mund verabreicht werden, besteht diese Gefahr nicht mehr. Ängste vor psychischer Abhängigkeit sind daher unbegründet, wenn die Präparate nach den ärztlichen Empfehlungen eingenommen werden.

Medikamente zur Beeinflussung des Knochen- und Knorpelstoffwechsels

Mittel zur Beeinflussung des Skelettstoffwechsels sind

  • verschiedene Vitamin-D-Zubereitungen,
  • Östrogene und Androgene,
  • Kalzitonin,
  • Magnesium-, Kalzium- und Fluoridpräparate,
  • Bisphosphonate etc.

Chondroprotektiva (von chondro - Knorpel) sollen

  • Stoffwechsel und Gleitfähigkeit der Knorpelbeläge unterstützen,
  • sie vor Verschleiß (zum Beispiel die Knorpelerweichung Chondromalazie) schützen und
  • ihr Regenerationsvermögen fördern.

Zur oralen und auch intraartikulären Applikation sind

  • Knorpelextrakte,
  • Aufbereitungen von Glucosalminsulfat,
  • sulfatierten Polyglykanen und
  • Hyaluronsäure

im Handel. Die Wirksamkeit solcher „Antiarthrotika“ ist allerdings nicht immer wissenschaftlich belegt.

Medikamente zur Infektionsbekämpfung

Die Infektion von Gelenken und Knochen aufgrund einer ärztlichen Behandlung (iatrogene Verletzung) kann katastrophale Folgen haben. Deshalb ist ein steriles Umfeld bei der Behandlung mit Spritzen und Kanülen durch sorgfältige Asepsis eine Pflicht.

Eine vorbeugende Gabe von Antibiotika bei Operationen kann in Risikofällen sinnvoll sein. Sonst erfolgt ihre Anwendung grundsätzlich gezielt

  • nach bakteriologischer Differenzierung der Erreger und
  • Ihrer Empfindlichkeit gegenüber dem Mittel der Wahl.

Die Medikation kann oral, parenteral durch Injektion oder Dauerinfusion, aber auch lokal durch Spülung bzw. Spülungsdrainage durchgeführt werden.

Eine längerfristige orale Verabreichung mehrerer Präparate mit möglichst breiten, sich überlappenden Wirkungsspektren ist ggf. bei

  • chronischen Infekten ohne Möglichkeit eines konkreten Erregernachweises und
  • bei langwierigen spezifischen Infektionen (Tuberkulose)

 angezeigt.

Medikamente zur Thromboseprophylaxe

Die Kontrolle der Blutgerinnungsvorgänge spielt bei langen Liegezeiten und Operationen an den unteren Extremitäten eine Rolle. Sie ist vornehmlich bei Hüft- und Kniegelenksoperationen notwendig.

Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Frauen, die Kontrazeptiva einnehmen. Hier hat die Thromboseprophylaxe mit Heparin und Cumarinpräparaten nach Maßgabe der labormäßigen Testergebnisse einen besonderen Stellenwert.

Elektrotherapie

Unter Elektrotherapie fallen alle Anwendungen des elektrischen Stroms zu Behandlungszwecken. Bei der Elektrotherapie werden verschiedene Stromarten mit unterschiedlicher biologischer Wirkung eingesetzt.

Der elektrische Strom bewirkt einerseits im Gewebe einen Ionenaustausch und Ladungsänderungen der Zellmembran mit Anregung des interstitiellen Saftflusses. Andererseits führt er je nach Stromform zu Kontraktionsreizen der Muskelzellen. Er kann Aktionsimpulse in den Nervenzellen verstärken oder abschwächen.

Mit dem Stromfluss ist immer ein Wärmeeffekt verbunden.

Bei der Elektrotherapie kommen verschiedene Stromarten mit unterschiedlicher biologischer Wirkung zum Einsatz:

Gleichstrom: Sein kontinuierlicher Fluss wirkt sich vor allem beruhigend auf die Schmerzrezeptoren aus und fördert den Stoffwechsel. Häufigste Anwendungsformen sind galvanische Bäder (Stanger-Bad),

  • als Vollbad mit Durchflutung des ganzen Körpers oder
  • als Teilbad mit Stromfluss durch jeweils eine oder mehrere Extremitäten.

Unter Iontophorese versteht man das Einbringen von Medikamenten durch die Körperdecke mittels galvanischen Stroms. Häufig verwendet man dazu Histamin zur Erzeugung einer kräftigen Hyperämie und Schmerzbekämpfung in Muskeln und Gelenken.

Niederfrequente Wechselströme (Faradisation, bis 1 kHz) haben sich als sog. Reizstromtherapie u.a. zur Anwendung von Nerven- und Muskelaktionen bewährt. Sie können in mannigfaltig variierter Form sowohl zu therapeutischen als auch zu diagnostischen Zwecken Anwendung finden.

Für die Stimulation atrophischer oder gelähmter Muskeln ist die sog. Exponentialstromtechnik sehr gut geeignet. Der gesunde Muskel hat die Fähigkeit, sich einem langsamen Stromstärkeanstieg anzugleichen. Es erfolgt keine Reizung, solange zu hohe Stromstärken erreicht werden.

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