Der Übergang von "gutartig" zu "bösartig" ist in der Medizin bei pathologisch histologischen Befunden oft fließend.
Mediziner unterscheiden hyperplastische Polypen von neoplastischen Polypen. Hyperplastische Polypen bestehen aus Gewebe, das alle Eigenschaften seines Ursprungsgewebes behalten hat. Sie sind in aller Regel harmlos.
Neoplastische Polypen bestehen dagegen aus Gewebe, das die Eigenschaften seines Ursprungsgewebes teilweise oder ganz verloren hat. Es bietet also bei einer mikroskopischen Untersuchung nicht mehr das normale Bild des ursprünglichen
Darstellung des Darminneren mit großen Darmpolypen © Alex #92534221 | AdobeStock
Neoplastische Polypen sind problematischer.
Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen entstehen nach langjährigen Krankheitsverläufen oft sogenannte Pseudopolypen. Das ist Narbengewebe, das sich infolge der wiederholten schweren Entzündungen der Darmschleimhaut gebildet hat. Pseudopolypen sind harmlos. Ihr verstärktes Auftreten kann allerdings die Diagnose echter Darmpolypen behindern.
Die meisten Darmpolypen sind neoplastische Adenome. Nach ihrem Erscheinungsbild unterscheidet man zwischen:
- tubulären Adenomen (häufig gestielte Pilzform),
- villösen Adenomen (eher breitbasige Blumenkohlform),
- tubulo-villösen Adenomen (Mischform) und
- sessilen Adenomen (wachsen flach und breit auf der Darmschleimhaut).
Darmpolypen zeigen in der Regel ein langsames Wachstum. Beim Wachstum ändern sie aber ihren ihren Charakter und können zu bösartigen Tumoren mit der Fähigkeit zur Metastasenbildung entarten.
Insbesondere Adenome können Vorstufen von malignen (bösartigen) Adenokarzinomen sein. Daher werden die meisten aufgefundenen Darmpolypen sicherheitshalber entfernt. So beugt man der Entstehung von Darmkrebs effizient vor.
Die Neigung zur Ausbildung von Darmpolypen kann teilweise angeboren sein. Diese erblichen Polyposen machen allerdings nur wenige Prozent der Gesamtheit der diagnostizierten Fälle von Darmpolypen aus.
Die meisten Darmpolypen treten eher in der zweiten Lebenshälfte auf. Sie sind wohl das Resultat von Zufallsmutationen in den Geweben der Darmwand (sporadisches Auftreten).
Die Fachwelt vermutet, dass Ernährung und Lebensgewohnheiten bei der Entstehung von Darmpolypen eine Rolle spielen. Es zeigt sich auch eine familiäre Häufung.
Als Risikofaktoren für die Entstehung bzw. Entartung von Darmpolypen gelten
- eine ballaststoffarme, fettreiche Ernährung,
- Bewegungsarmut,
- Übergewicht sowie
- Rauchen und Alkohol.
Der Nachweis eines deutlichen kausalen Zusammenhangs ist im Gegensatz zu einer reinen Assoziation dieser Faktoren mit dem Auftreten von Darmpolypen allerdings kompliziert. Zusammenhänge zwischen
- Übergewicht, Bewegungsarmut sowie langjährigem Rauchen einerseits und
- dem Risiko von Adenomen andererseits
sind jedoch überzeugend belegt. Weiterhin existiert ein Zusammenhang des Darmpolypen-Risikos mit anderen Erkrankungen. Dazu gehören insbesondere Diabetes und chronisch entzündliche Darmerkrankungen.
Kleine Darmpolypen bleiben fast immer völlig symptomfrei. Größere Polypen können zu meistens unauffällig bleibenden Blutbeimengungen und/oder zu auffälligen Schleimbeimengungen im Stuhl führen.
Mit zunehmender Größe der Polypen können Unregelmäßigkeiten im Stuhlgang (Durchfall oder Verstopfung) sowie Unterleibsschmerzen auftreten.
Darmpolypen lassen sich zuverlässig durch eine Koloskopie (Darmspiegelung) diagnostizieren. Eine präventive Koloskopie zur Darmkrebsfrüherkennung wird in Deutschland von den Krankenkassen für
- Männer ab dem 50. Lebensjahr und
- Frauen ab dem 55. Lebensjahr
alle zehn Jahre empfohlen und auch ohne besondere Indikation finanziert. Eine Stuhluntersuchung auf nicht sichtbares Blut wird ab dem 50. Lebensjahr in jährlichen Abständen empfohlen und kassenfinanziert. Ein positiver Befund sollte eine Koloskopie zur weiteren Befundabklärung nach sich ziehen.
Treten Beschwerden auf oder liegt ein familiär erhöhtes Risiko vor, ist die Darmspiegelung in jedem Lebensalter eine Kassenleistung. Zu den möglichen Beschwerden gehören etwa
- sichtbares Blut im Stuhl,
- unklare Bauchschmerzen,
- auffällige Stuhlgangsveränderungen.
Bei der Koloskopie wird ein flexibler Koloskop-Schlauch vom After aus in den Darm eingeführt. Der Schlauch enthält eine Lichtquelle und eine Kamera, die kontinuierlich Aufnahmen der Darmwand auf einen Monitor überträgt.
Für die Darmspiegelung muss der Darm möglichst vollständig entleert sein. Dazu bereitet sich der Patient durch ein hochwirksames Abführmittel vor, mit der er wirkungsvoll eine innere Darmspülung durchführt.
Die Inspektion der gesamten Darmschleimhaut vom Rektum bis zum Übergang zwischen Dickdarm und Dünndarm nimmt etwa 25 Minuten in Anspruch. Meistens erfolgt die Untersuchung in kurzer Sedierung oder Narkose. Diese Maßnahme ist sehr risikoarm.
Wird während der Koloskopie ein Darmpolyp entdeckt, wird er, soweit möglich, sofort entfernt. Dafür stehen, abhängig von Größe und Form des Polyps, unterschiedliche Techniken zur Verfügung. Grundsätzlich werden die benötigten Instrumente durch den Schlauch des Koloskops zur Darmwand vorgeschoben. Das Prinzip erläutert das folgende Video:
Gestielte Polypen werden gewöhnlich entfernt, indem eine Drahtschlinge um den Stiel gelegt und zusammengezogen wird. Diese Methode heißt auch Schlingen-Polypektomie. Ein elektrischer Strom durch den Draht schneidet den Polypen von der Darmwand los und kauterisiert (verschließt) gleichzeitig die Wunde.
Sessile (ungestielte, flach und breit wachsende Polypen) können ebenfalls mit der Drahtschlinge entfernt werden. Oft muss dies jedoch in mehreren Stücken geschehen. Das Risiko, einerseits den Polypen nicht vollständig zu entfernen oder andererseits die Darmwand erheblich zu verletzen, ist dabei relativ hoch.
Seit einigen Jahren gibt es verbesserte Methoden zur Entfernung sessiler Darmpolypen: Die endoskopische Mukosaresektion (EMR) und die endoskopische Submukosadissektion (ESD). Bei beiden Verfahren wird der sessile Darmpolyp durch Unterspritzen mit Kochsalzlösung oder einer speziell formulierten anderen Injektionslösung von der Darmwand abgehoben.
Bei der EMR wird das veränderte Gewebe nun wieder mit einer Schlinge erfasst und abgetragen. Bei der ESD wird der Polyp mit einer durch den Endoskopschlauch eingeführten Spezialklinge umschnitten und herausgelöst.
Die Alternative zur ESD ist bei großen Polypen die operative Entfernung. Der Eingriff kann minimal-invasiv (Schlüssellochchirurgie/MIC) oder klassisch chirurgisch Eingriff von außen erfolgen.
Entfernung von Darmpolypen mittels elektrischer Schlinge während einer Darmspiegelung © phonlamaiphoto | AdobeStock
Nach Entfernung des oder der Darmpolypen erfolgt eine gründliche mikroskopische Untersuchung des Gewebes. Erweist sich ein Polyp als neoplastisch (also mit dem Potential zur malignen Entartung) mit bereits mehr oder weniger ausgeprägten Veränderungen gegenüber den Eigenschaften normalen Gewebes, werden in regelmäßigen Abständen Kontroll-Koloskopien angesetzt.
Damit sind die Voraussetzungen, auch weitere Polypen rechtzeitig zu diagnostizieren und zu entfernen, hervorragend.
Das Risiko des Wiederauftretens von Darmpolypen vom Adenom-Typ wird, abhängig von
- Art, Größe und Zahl der im ersten Eingriff entfernten Polypen,
- vom Grad der in der Biopsie festgestellten Entartungsneigung und
- der Entfernungstechnik (stückweise oder im Ganzen)
mit 10 bis 20 Prozent beziffert. Erneut auftretende Adenome können in über 90 Prozent der Fälle ebenfalls komplikationslos entfernt werden.