Im Jahr 2019 erhielten in Deutschland etwa 240.000 Patienten ein künstliches Hüftgelenk (auch Hüftendoprothesen oder Hüft-TEP). Mit den heutigen Techniken und Materialien halten diese künstlichen Hüftgelenke meist 25 Jahre und länger. Das bedeutet aber auch, dass die Haltbarkeit von Prothesen der Hüfte begrenzt ist.
So kommt es aufgrund zunehmenden Abriebs zwischen den am künstlichen Hüftgelenk beteiligten Komponenten zu einer Lockerung des Implantats.
Das heißt, die Hüftendprothese ist nicht mehr fest im Knochen verankert. Der Mediziner spricht dann von einer Hüftprothesenlockerung.
Lockert sich das Hüftimplantat innerhalb der ersten fünf bis zehn Jahre, handelt es sich um eine Frühlockerung der Hüftgelenkendoprothese.
Ein künstliches Hüftgelenk hält nicht ewig.
Die Gründe, warum sich ein implantiertes Hüftgelenk lockert, können verschieden sein.
Ärzte unterscheiden zwei grundsätzliche Formen der Prothesenlockerung:
- Septische Hüftprothesenlockerung: Hier liegt eine bakterielle Infektion (septisch) am Ort der Prothese vor.
- Aseptischen Hüftprothesenlockerungen: Hier fassen Mediziner alle Formen von Lockerungen zusammen, bei denen keine bakterielle Infektion (aseptisch) besteht.
Die Ursachen liegen dann beim Patienten selbst, wie zum Beispiel:
- starke körperliche Belastung oder
- starkes Übergewicht
Aber auch Material und Design der Prothese, Verankerungs- und Operationstechnik können verantwortlich sein.
Typisch für eine Hüftendoprothesenlockerung sind Schmerzen.
Abhängig vom Ausmaß der Lockerung und der gelockerten Prothesenkomponente treten die Beschwerden an verschiedenen Stellen auf:
Für eine beginnende Hüftprothesenlockerung sprechen Schmerzen beim Anlaufen und bei Belastung.
Bei einer Schaftlockerung kommt es häufig zu Oberschenkelbeschwerden im Stehen oder im Gehen. Die Schmerzen können auch in das Kniegelenk und das Gesäß ausstrahlen.
Schmerzen in der Leiste können auf eine Pfannenlockerung (Lockerungen der Hüftpfanne) hindeuten. Sie verursachen häufig keine und nur geringe Schmerzen.
Weitere Symptome oder Hinweise auf eine Lockerung des künstlichen Hüftgelenks sind:
- Zunehmende Verkürzung der maximalen Gehzeit oder Gehstrecke
- Unsicherheitsgefühl beim Gehen
- Sturzneigung
- Gefühl, das Bein nicht mehr richtig kontrollieren zu können
Verkürzte sich das Bein, liegt vermutlich bereits eine fortgeschrittene Lockerung vor.
Dann hat sich die Hüftpfanne aus ihrer ursprünglichen Lage weg bewegt oder es kam im Bereich des Hüftschaftes zu Knocheneinbrüchen. Dies führte zu einer „Stauchung“ des Beins.
Ist die Ursache der Hüftprothesenlockerung eine bakterielle Infektion, können typische Entzündungs- oder Infektionszeichen auftreten:
- Die Haut oberhalb des Implantats ist gerötet, geschwollen und erwärmt. Dadurch kann die Bewegung im Gelenk gestört und schmerzhaft sein.
- Fieber mit gegebenenfalls Schüttelfrost.
- Bei kürzlich implantierten Hüftprothesen kann die Narbe auseinanderweichen und Eiter austreten.
Eine bakterielle Infektion kommt als Ursache für die Hüftprothesenlockerung nur in den ersten Monaten bis Jahren nach der Hüft-OP infrage. Später ist die septische Hüftprothesenlockerung selten.
Zu späteren Zeitpunkten dominieren folgende Faktoren als Ursache für eine Protheselockerung:
- Körpergewicht
- Belastungen
- verwendete Materialien und
- Operationstechnik
Was sind die Ursachen einer septischen Hüftprothesenlockerung?
Bakterien schleppen sich bei etwa einem bis zwei Prozent der Patienten im Rahmen der Hüftoperation ein. Diese siedeln sich um die Prothese an, vermehren sich und bilden so einen Biofilm.
Dies wiederum verhindert ein korrektes Einwachsen des Implantats in den Knochen. Eine Lockerung der Hüftprothese ist die Folge.
Alle Vorerkrankungen, Therapien oder Umstände, die mit einer schlechteren Immunabwehr einhergehen, gelten als Risikofaktoren für eine septische Prothesenlockerung.
Dies sind zum Beispiel:
Werden bei der Hüft-OP Bakterien eingeschleppt, kann es einer septischen Hüftprothesenlockerung kommen.
Schleppen sich bei der Hüft-OP Bakterien ein, kann es zu einer septischen Hüftprothesenlockerung kommen.
Was sind die Ursachen einer aseptischen Hüftprothesenlockerung?
In einem künstlichen Hüftgelenk sind die Komponenten des Gelenks nicht durch eine Knorpelschicht vor Verschleiß geschützt. Dies ist bei einem gesunden Gelenk jedoch schon der Fall.
Durch das permanente Gleiten der künstlichen Oberflächen gegeneinander kommt es zu einem Abrieb von Oberflächenmaterial.
Die nun im Hüftgelenk befindlichen Partikel führen wiederum direkt oder indirekt über eine Entzündungsreaktion zu einem Knochenabbau. Durch diesen kommt es dann zu einer gelockerten Hüftendoprothese.
Weitere Faktoren, die einen negativen Einfluss auf die Haltbarkeit eine Hüftprothese haben, sind:
- Materialfehler, wie Risse im Zement oder Ausbrüche an der Prothese
- Geringe Erfahrung des Operateurs beim Einsetzen des künstlichen Hüftgelenks
- Operationstechnik
- Durch Osteoporose oder Knochennekrose vorgeschädigter Knochen
- Vorerkrankungen (Achsfehlstellungen, Diabetes etc.)
- Höheres Alter
- Starkes Übergewicht
- Traumatische Ereignisse, wie zum Beispiel Unfall oder Sturz
Im Rahmen der Anamnese, also der Patientenbefragung, stehen die vom Patienten geschilderten Beschwerden sowie die Krankengeschichte im Vordergrund.
Dazu gehören zum Beispiel:
- Zeitpunkt der Hüftgelenkersatzoperation
- Vorerkrankungen oder
- traumatische Ereignisse
Die Art und die Lokalisation des Schmerzes geben einen ersten Hinweis auf eine mögliche Prothesenlockerung.
Der Arzt versucht im Rahmen der klinischen Untersuchung Schmerzen am Bein oder in der Hüfte auszulösen.
Dies geschieht durch:
- Rütteln
- Stauchen oder
- Rotieren
Er testet auch die Beweglichkeit im Hüftgelenk und achtet darauf, wie Sie gehen und ob Ihr Gangbild normal ist.
Wenn der Verdacht besteht, dass sich die Hüftendoprothese gelockert hat, macht der Arzt ein Röntgenbild der Hüfte.
Auf diesem ist auch die komplette Endoprothese sichtbar. Nicht immer kann der Arzt die Lockerungszeichen einwandfrei im Röntgenbild erkennen.
Deshalb ist ein Vergleich mit einer Röntgenaufnahme sinnvoll, die er unmittelbar nach der Implantation der Hüftprothese anfertigt.
In unklaren Fällen oder bei besonderen Fragestellungen kommen häufig folgende Untersuchungsmethoden zum Einsatz:
- szintigrafische Verfahren (Untersuchung mittels radioaktiv markierter Stoffe),
- gegebenenfalls Sonographie (Ultraschalluntersuchung),
- MRT (Kernspinuntersuchung) oder
- CT (Computertomographie)
Bei Verdacht auf eine septische Ursache lässt der Arzt die Entzündungsparameter in einer Blutprobe bestimmen.
Diese sind:
- Blutsenkungsgeschwindigkeit
- Leukozyten
- C-reaktives Protein
Zusätzlich punktiert der Arzt das Gelenk mit einer langen Hohlnadel und untersucht anschließend das Gelenkpunktat auf Bakterien.
Gelockerte Hüftendoprothesen entnehmen Ärzte zunächst operativ im Rahmen einer Wechseloperation. Sie ersetzten das alte durch ein neues künstliches Hüftgelenk.
Insbesondere Orthopäden und Unfallchirurgien mit umfassender Erfahrung in der Hüftendoprothetik gelten als Experten für Hüftrevisionen (Revisionsoperationen).
Die genaue Vorgehensweise bei einer Wechsel-OP hängt davon ab, ob die Ursache bakteriell oder nicht bakteriell ist.
Bei der aseptischen Prothesenlockerung entnehmen Ärzte in einer einzeitigen Wechseloperation die Hüftendoprothese (Explantation). Anschließend setzen sie die neue Endoprothese (Revisionsendoprothese) ein.
Die meisten septischen Prothesenlockerungen dagegen müssen Ärzte in einer zweizeitigen Wechseloperation behandeln.
Dabei setzen sie die Revisionsendoprothese nach Entfernung des infizierten Gewebes und einer antibiotischen Therapie in einer zweiten Operation ein.
Die Sanierung der Knochen und die Antibiotikatherapie können sich über mehrere Wochen hinziehen. Unter Umständen wiederholt sich die Therapie, um die Infektion vollständig zum Stillstand zu bringen.
Das Einsetzen der Revisionsendoprothese nach aseptischen Prothesenlockerungen ist im Grunde wie eine normale Hüftendoprothesen-OP.
Deshalb hängt die Prognose von den bestehenden Risikofaktoren ab. Die Materialeigenschaften heutiger künstlicher Hüftgelenke sind deutlich besser.
Grundsätzlich hat die Hüftendoprothese eine längere Haltbarkeit als noch vor 20 oder 30 Jahren.
Dagegen ist die Prognose nach operativer Versorgung von septischen Prothesenlockerungen entscheidend vom Verlauf der Infektion abhängig. Dies ist ein langwieriger Prozess, der erneute Operationen und Sanierungen mit sich bringen kann.
Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Hüftprothesenlockerung kommt, hängt auch von der Expertise des Operateurs ab. Dies ergab eine Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK.
Daher sollten Sie bereits Ihr künstliches Hüftgelenk nur von absoluten Spezialisten für hüftendoprothetische Operationen einsetzen lassen. So können Sie schon von Anfang an das Risiko für eine spätere Prothesenlockerung reduzieren.
Wie bereits erwähnt: Starkes Übergewicht ist ein möglicher Risikofaktor dafür, dass sich die Endoprothese lockert. Versuchen Sie daher, eine übermäßige Gewichtszunahme zu vermeiden oder, falls Sie stark übergewichtig sind, Ihr Körpergewicht zu reduzieren.
Daneben sollten Sie alle Tätigkeiten und Sportarten, die das Hüftgelenk übermäßig belasten, möglichst vermeiden.